Mit dem Bus von Shanghai nach Hamburg
"Es gibt keine Zufälle" bzw. "Schau hin und greif zu, wenn das Glück auf der Straße liegt...". Ganz nach diesem Motto ist uns diese Reise begegnet und wer uns kennt weiß, dass wir nicht lange fackeln. Innerhalb von 5 Tagen haben wir uns entschieden.
Ja, wir wollten das, von Shanghai nach Hamburg reisen. Das Ganze mit dem Bus. In Begleitung von 24 anderen Reisenden, diversen ZEIT-Korrespondenten und guten Reiseführern aus all den Ländern, die
wir durchfahren werden. 54 Tage. Entlang der legendären Seidenstraße; ob alt oder neu - wir werden sehen.
Erst jetzt, wenige Tage vor Beginn des Abenteuers tangieren uns sehr konkrete Fragen:
Wie werden wir fast 2 ununterbrochene Monate auf engstem Raum mit unseren uns bis jetzt fremden Mitreisenden auskommen? Wie entwickelt sich welche Dynamik innerhalb der bunt zusammengewürfelten Gruppe?
Wie verarbeiten wir die Zeit, die uns permanent neue Eindrücke beschert? Werden wir danach Urlaub brauchen, um uns Ruhemomente zu verschaffen?
Wie wird uns diese Reise verändern?
Wie ist die Sicherheitslage auf unserem Weg?
Wer Lust hat zu sehen, wie wir diese Fragen im Laufe unserer Route beantworten werden, begleite uns gerne mit diesem kleinen Reisetagebuch. Wer Fragen hat, kann sie gerne stellen. Wir versuchen sie zu beantworten. Auf bald!
Tag 0
Die Koffer sind gepackt. Wir fragen uns, was noch fehlen könnte. Oje, der Adapter für China. Muss noch schnell gekauft werden. Und auch dringend der Hut für den besten aller Ehemänner - obwohl ihm Hüte ja gar nicht stehen. Aber wie bemerkt der Verkäufer lapidar: In der Wüste geht es nun mal nicht ohne.
Vorfreude mischt sich mit kleinem Abschiedsschmerz. Aber das ist ja immer so zu Beginn einer Reise. Nur - diesmal ist sie ungewöhnlich lange. Auch wenn Alexandra gestern meinte: "Kaum einmal kurz umgedreht, seid ihr ja schon wieder da..."
Ok.
Dennoch.
Muss kurz schlucken.
Tag 0, die zweite
Mehr und mehr ist nun Abschied nehmen angesagt. Momente werden plötzlich bedeutsam. Ein Blick auf den blühenden Alant will sagen, dass das definitiv der letzte ist in diesem Jahr. Alles andere aber wird weitergehen. Oskar wird Vögel jagen, die Vögel werden sauer sein, Gudrun freut sich auf den nächsten Aperol an unserer Feuerstelle.
Tag 0, die letzte
Die beste WG-Gang aller Zeiten versorgt uns mit diversen Notfallpaketen. Ohne Batterien, Erdnüssen, Schnäpsle oder Spielen würden wir wahrscheinlich nicht überleben. Aber das Wichtigste: Fächer für die Luftzufuhr bei den 30-40°C, die wir zu erwarten haben. Herzlichen Dank, ihr Süßen! Wir werden euch dolle vermissen. Bereitet schon mal den nächsten gemeinsamen Rido-Abend in 2 Monaten vor! Wir lassen derweil heute Abend noch mal die Spülmaschine laufen, gießen Blumen und laden das Handy auf. Morgen früh sollte alles erledigt sein...
Tag 1
Der Klassiker: Anna leiht uns ihr Auto, damit wir heute morgen pünktlich zum Bahnhof kommen. Als alle Koffer eingeladen sind, stelle ich panisch fest, dass der Wagen nicht anspringt. Batterie ist alle - ich habe gestern Abend vergessen, die Scheinwerfer auszuschalten...
Improvisieren können wir. Das ist auch der Grund weshalb wir es letztendlich doch noch geschafft haben. Anna sei Dank! Dennoch flattern meine Nerven. Wegen eines "Notarzteinsatzes" befährt unser Zug eine andere Strecke und hat bereits die klassische Verspätung. So muss eine Reise doch beginnen, oder?
Tag 1 geht in Tag 2 über
Erschöpft, aber sehr erleichtert erholen wir uns seit ein paar Minuten in unserem Hotel Grand Kempinski in Shanghai.
Nachdem unser Flieger mit 1 Stunde Verspätung gestern von Frankfurt nach Moskau gestartet war, glaubte ich schon an einen dicken Wurm, der in der Geschichte hier drinsteckt. Aber das dachte ich hoffentlich zum letzten Mal, denn ab Moskau lief alles blendend. Ein junger Mann, der in Shanghai arbeitet, sprach uns an und begleitete uns lebhaft erzählend durch den Flughafen zum nächsten Terminal. Das dauert in diesem Wirrwarr eine gute halbe Stunde unnd man hat das Gefühl, man liefe durch eine kleine Stadt mit Basar, Kneipen etc. Unser Wegweiser selber hatte in Friedrichshafen studiert (die Welt ist doch sehr klein, wie wir wissen) und lebt jetzt als Deutscher begeistert in dieser Metropole. Erster Austausch von Visitenkarten.
Mit Аэрофлот zu fliegen war übrigens ein Genuss. Sehr freundliches Personal, leckere Köstlichkeiten und bequeme Sitzgelegenheiten erleichterten mir die Flugangst. Champagner trug wesentlich dazu bei 😶
In China ging es flott und reibungslos durch den Zoll. Am Ausgang warteten bereits einige Reiseteilnehmer, die uns schon im Flugzeug angesprochen hatten. Aufgrund unserer unverwechselbaren Rucksäcke mit der aufgedruckten Streckenführung sind wir sofort für jeden erkennbar.
Gemeinsam fahren wir mit dem einen oder anderen witzigen Spruch auf den Lippen eine lockere Stunde durch eine Mega-City. Wenig Verkehr, wenige Menschen, aber unfassbare Wolkenkratzer säumen unsere Strecke. In einem Hochhaus, so scheint es, verbirgt sich ein ordentliches Dorf, menschenmengenmäßig. An der Front von anderen glänzt es so sehr, dass man den Wohlstand der darin untergebrachten Banken leicht erahnen kann. Modernste Architektur trifft pragmatische Wohnsilos. Kilometerweit. Und am Horizont - geht's noch weiter.
Nun aber im Hotel. Die Zeitumstellung macht ein wenig zu schaffen. Frisch machen ist angesagt; danach werden wir erstmals dem kompletten Team begegnen.
Drei runde Tische mit jeweils einer gläsernen beweglichen Platte in der Mitte erfreuen unsere Augen - und Gaumen, denn während vieler Gänge werden uns unbekannte Köstlichkeiten serviert, die wir so richtig genießen. Die wichtigsten Begleiter unserer Reise stellen sich vor: die drei Busfahrer, die alle Künste eines Road Riders beherrschen müssen, die chinesischen Reiseleiter, Journalisten, Autoren und Übersetzer Michael und Felix und unser ständiger Reiseleiter, Walter Weiss, von dem hier im Laufe der Zeit noch viel zu lesen sein wird. Gast ist außerdem Christopher Alexander, Leiter der ZEIT-REISEN.
Zwar vermutet jeder, dass sich nach dem Essen alle doch noch ziemlich ermüdet zurückziehen würden. Als sich im kleinen Kreis herumspricht, wo sich die Bar im Hause befindet, erscheinen jedoch - oh Wunder - einer nach dem anderen bei grandioser Aussicht im 30. Stockwerk, um einen Absacker zu sich zu nehmen. Aus einem werden 2 oder 3 und plötzlich werden erste Pläne geschmiedet. Da ein Bus leer mit zurückfährt, entsteht die Idee, diesen sinnigerweise mit den Frauen unserer Gruppe zu bestücken. Ein wenig Abstand tue doch gut. Der Vorschlag wird mit spürbarer Zurückhaltung aufgenommen...
Tag 3
Der Tag beginnt nach einer erholsamen Nacht mit dem ungewöhnlichsten Frühstück, welches wir bisher je in einem Hotel erlebten. Eigentlich durchwandern wir erst einmal 10 Minuten eine "Fressmeile" voller Stände mit Angeboten an Fischgerichten, Suppen, Eier in Tee, Salaten, Eiscreme etc., bevor ich mich selber, überwältigt von der Vielfalt, für 3 Stücke diverser Melonensorten, Brot mit Butter und Kaffee entscheide. Aber ich entscheide auch, dass dies mein letztes Stück klassischen Brotes sein soll.
Anschließend beginnt das erste Erkunden von Shanghai. Herr Weiss stimmt uns ein mit folgender Weisheit des Mystiker Rumi:
Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf liegt alle seine
Wirklichkeit und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens,
die Größe der Tat,
die Herrlichkeit der Kraft.
Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
und das Morgen nur eine Vision.
Das Heute jedoch, recht gelebt,
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und jedes Morgen
zu einer Vision voller Hoffnung.
Darum achte gut auf diesen Tag.
Diese Weisheit ist krafterfüllt und begleitet uns.
Wir fahren mit 8m/sek. hoch hinauf in den 382m hohen Jinmao-Tower, der bis 2008 der höchste Tower Chinas war. Die Aussicht ist überwältigend. Wir blicken auf das alte und neue Shanghai. Die Fotos deuten dies nur an. Wir lernen viel über die Entwicklung der Stadt in der Zeit der Konzessionen bis heute. Niemand kann sich vorstellen, dass an dieser Stelle vor guten 30 Jahren noch Sumpf und Reisfelder existierten.
Um dies alles auch von unten zu bewundern, besuchen wir gleich die französische Konzession. Natürlich ist alles restauriert, aber die hohe Luftfeuchtigkeit trägt Gerüche und das fremde Stimmengewirr durch die Gassen, sodass sich das Flair vergangener Tage leicht erahnen lässt. Im Hintergrund ragen jedoch überall die modernsten Wolkenkratzer gen Himmel - wir vergessen auf diese Weise nie, wie nahtlos beieinander die Kontraste zwischen Vergangenheit und Gegenwart sind.
Noch befinden wir uns nicht auf der Seidenstraße, lernen jedoch in einem gekonnten Mix aus Vermittlung von Fakten der Lebensperspektiven einer Seidenraupe und praktischem Verkaufsgeschick in einer Seidenfabrik, wie Seide entsteht und verarbeitet wird. Faszinierend. Nachdem wir selber bei der Produktion von Decken aus feinster Maulbeerseide von Zwillingskokons geholfen haben, können wir nicht gehen, ohne selber 2 davon zu erstehen.
Nach einem weiteren köstlichen Mittagsmahl fahren wir in den chinesischen Altstadtbereich. Um dorthin zu gelangen, durchqueren wir einen Stadtbereich, der noch traditionell von Menschen bewohnt wird, die entweder zu alt sind, um sich noch in andere Lebensumstände begeben zu wollen, oder es aus unterschiedlichen Gründen nicht können. Die Verhältnisse dort sind äußerst beengt und sehr ärmlich. In diesen Häusern existieren weder Duschen oder gar "Hallen der inneren Harmonie", wie schicklicherweise die Toiletten von Michael genannt werden. Das Wasser wird außerhalb der Häuser angezapft und abends mit Coladosen "verschlossen " und geschützt.
Direkt angrenzend dann das historische Viertel von Shanghai, in welchem kaum etwas historisch ist, aber annähernd detailgetreu nachgebaut wurde. Alleine das über 400 Jahre alte Teehaus zieht uns magisch an. Wir genießen dort einen sehr feinen Tee und die Vorstellung, dass auch so manch anderer prominente Staatsgast in der Vergangenheit hier verweilte.
Mittlerweile sind alle Reiseteilnehmer recht erschöpft. Aber das gemeinsam Erlebte schweißt mehr und mehr zusammen. Wir beißen uns auch noch durch ein Stück Wanderung am Bund entlang, ein Stück Promenade am Flussufer, welche die beeindruckende Stadtkulisse in einem Blick erfassen läßt. Aber wir sind es mittlerweile so gewohnt, alles von oben anzuschauen, dass wir erneut eine grandiose Bar aufsuchen, die uns in diese Kulisse eintauchen lässt. Mojito ist das Getränk der Wahl.
Bevor wir jedoch ins Bett fallen, erleben wir ein Abendessen mit neuen Geschmachsnuancen, sehr netten Gesprächen und neuen Bekanntschaften. Eigentlich kann ich es noch immer nicht richtig glauben, dass ich in China bin, mitten in Shanghai. Aber eigentlich ist es ja auch der letzte Tag in Shanghai - morgen schon beginnt unsere Rückreise...
Tag 4
Endlich. Voller Vorfreude und mit Glanz in vielen Augen beziehen wir heute Morgen unser schwarzes imposantes und kraftstrotzendes neues Zuhause. Für die nächsten vielen Wochen. Der Kaffeebecher am Platz trägt unsere Namen, also wissen wir, wo wir bis zum nächsten Rotationsmodus sitzen werden.
Das erste Prozent unserer Rückreisewegesstrecke steht uns heute bevor.
Für die nächsten 130 km sind 3 Stunden eingeplant. Die vergehen jedoch kaum. Erstens stecken wir häufig im Verkehr fest und auf der anderen Seite betäuben uns die Aussichten: wir bemerken nicht mehr, wann eine Stadtgrenze endet und die nächste beginnt, denn ein Wolkenkratzer reiht sich ununterscheidbar an den nächsten. Manchmal erkennt man zwar die "Neubauten" aus den 80er Jahren aufgrund der schlechten Bausubstanz im Gegensatz zu moderneren Giganten, aber überall weht unberührt von solchen Fragen die gesamte Wäsche vor den Fenstern oder von den Balkonen; ob zum trocknen, lüften oder als Aufbewahrungsort kann ich nicht unterscheiden.
Ca. 20 Millionen Menschen leben alleine in Shanghai, ca. 100 Millionen in der Umgebung und ca. 300 Millionen im gesamten Provinzgebiet Jiangsu. Es erscheint alles auf der einen Seite gigantisch groß, hoch und höher zu sein, auf der anderen Seite aber auch unfassbar eng und bedrängend. Ich sehe nur Masse und suche doch eigentlich das Individuum.
Nach dem Mittagessen in Wuxi, wo unter anderem unsere ersten Hühnerfüße serviert werden, werden wir in dieser kleinen Stadt (ca. 6,4 Mill. Einwohner) ganz besonders empfangen. Als Kulturbotschafter Deutschlands unterwegs, begrüßen uns Honoratioren der Stadt, Presse und Fernsehen. Es werden Geschenke ausgetauscht. Danach führen uns unsere Gastgeber durch die historische, sehr gut erhaltene Altstadt, die äußerst sehenswert und atmosphärisch ganz besonders bezaubernd ist. Einheimische genießen beim Go- und Kartenspiel ihre Freizeit an den Ufern der Kanäle. Die Historie umweht uns immer wieder wie ein Hauch, wenn wir die Schreibstuben der alten Gelehrten besuchen oder die Tonwerkstatt der Künstler, die zierlichste Teekännchen aus dem besonderen dunklen Ton dieser Gegend "ohne Zinn" (Wu-xi) herstellen.
Wir leben in einem weiteren 5* Hotel direkt am Süßwassersee Taihu in Wuxi.
Nach den gefühlten 98% Luftfeuchtigkeit in Shanghai haben wir nun 100% erreicht: sanfter Sommerregen tröpfelt auf unsere Regenschirme.
Das Abendessen beinhaltet wieder traditionelle Speisen aus dem hiesigen Gebiet, alles von Michael (sein eigentlicher chinesischer Name ist leider nicht aussprechbar - deshalb hat er an der Uni diesen "typisch" deutschen Namen erhalten) vorab bedachtsam ausgewählt. Neben klassischen Fleischspeisen gibt es u.a. eingelegte Datteln, gesüßte Rübenscheiben, Silberfischesuppe oder Gingkofrüchte. Alles ist wirklich immer aufs Köstlichste gewürzt.
Nach dem Essen erwartet uns ein von Felix Lee gehaltener spannender Vortrag über die Entwicklung Chinas von 1996 bis 2016. Felix ist diesmal der richtige Name, da er in Deutschland aufgewachsen ist. Die vielen Fragen, die aufkommen, lassen erahnen, dass er während der nächsten Wochen noch Vieles zu erklären haben wird. Trotz erster Magen- und sonstiger Beschwerden in der Gruppe ist die Frage nach dem Stockwerk, auf dem die Bar zu finden ist, aufs Schnellste geklärt. Viele von uns verschwinden vor Müdigkeit in ihre Zimmer, viele aber auch in den 9. Stock...
Walter Weiss gab uns übrigens heute sinngemäß folgenden Spruch mit auf den Weg:
Weißt du noch, als du kamst,
Dass du weintest und alle anderen lächelten.
Leb so, dass, wenn einst du gehst:
Du lächelst und alle anderen weinen.
Tag 5
Kung-Fu-Dsi sagt zum
"Preis geistiger Gemeinschaft":
Das Leben führt den ernsten Mann auf bunt verschlungnem Pfade,
Oft wird gehemmt des Laufes Kraft, dann wieder geht´s gerade.
Hier mag sich ein beredter Sinn in Worten frei ergießen,
Dort muss des Wissens schwere Last in Schweigen sich entschließen.
Doch wo zwei Menschen einig sind in ihrem innern Herzen,
da brechen sie die Stärke selbst von Eisen oder Erzen.
Und wo zwei Menschen sich im innern Herzen ganz verstehen,
sind ihre Worte süß und stark wie Orchideen.
Beim Besuch der Schildkrötenkopf-Halbinsel auf dem Taihu-See muss sich Konfuzius sicher keine Sorgen um unseren inneren Herzenszustand machen - wir sind offen für alle Herzens- und Augenfreuden.
Bereits am Eingangstor zur Dschunkenanlegestelle werden wir begrüßt wie alte Bekannte. Zwar ist das Wetter wie immer diesig und feucht, aber nichts kann unsere Vorfreude trüben, denn: es weht ein sanfter Wind bei der Überfahrt Richtung Qingfen Insel. Der Jadetempel überragt die Umgebung. Kein Wunder, denn hier wurde und wird der Gott des Himmels angebetet.
Der Garten selber überrascht uns mit großen Lotusblüten und kunstvollen Gartengestaltungen. Neben den Zikadenklängen erfreut insbesondere der Gesang von zierlichen weiblichen Geschöpfen, in feinstes Seidengeschmeide gehüllt und an historischen Instrumenten zupfend, unsere männlichen Genossen. Gut, dass man sich in der Mitte ersterer ablichten lassen kann - gegen Bares natürlich. Aber ehrlich gesagt sind auch wir Frauen beeindruckt von den musikalischen Künsten, die uns unvermittelt begegnen.
Michael macht uns mit vielen weiteren Details der chinesischen Pflanzenwelt vertraut. So verkörpert der Bambus mit der Geradlinigkeit seines Stammes die Aufrichtigkeit, während die innere hohle Leere Raum zu Befüllung biete und Bescheidenheit darstellt. Die Knoten, die den Bambusstamm festigen, repräsentieren seine Prinzipientreue. Dass die traditionelle chinesische Gartenkunst eine ganz besondere Bedeutung in der Historie hat, erläutert uns Walter später im Bus. Die Darstellung der spannenden Zusammenhänge, die auf dem Daoismus begründet sind, führen an dieser Stelle jedoch aufgrund ihrer Komplexität zu weit, sie zu beschreiben.
Nach dem Spezialitäten-Essen in der Gartenanlage, welches uns diesmal u.a. Hühnerfüßepilze beschert, machen wir uns auf in den sogenannten "Feuerkessel Chinas": Nanjing.
Wir fahren den ganzen Nachmittag, während ununterbrochen weitere Wolkenkratzer an uns vorüberziehen. Ich kann es immer noch nicht begreifen, dass hier Millionen und Abermillionen von Menschen so eng aufeinander wohnen. Während der Fahrt lauschen wir Felix, der uns über das moderne Nanjing aufklärt. Diese Stadt erlitt während des 2. Weltkrieges ein grausamen Schicksal: das Massaker von Nanjing, welches durch die Japaner verursacht war. Morgen werden wir mehr erfahren.
Nach dem unterhaltsamen Abendmahl an den gewohnten drei Round Tables gibt es ein fröhliches Wiedersehen an der Bar, selbstverständlich.
Tag 6
Walter zitiert Lau-Dsi (Laotse):
Bittere Herrlichkeit
Wer auf den Zehen steht, steht nicht fest.
Wer mit gespreizten Beinen geht, kommt nicht voran.
Wer selber scheinen will, wird nicht erleuchtet.
Wer selber etwas sein will, wird nicht herrlich.
Wer selber sich rühmt, vollbringt nicht Werke.
Wer selber sich hervortut, wird nicht erhoben.
Er ist für den SINN wie Küchenabfall und Eiterbeule.
Und auch die Geschöpfe alle hassen ihn.
Darum: wer den SINN hat, weilt nicht dabei.
Uih, das muss man erst einmal verdauen. Vielleicht hilft der Gedanke an den gestrigen Bambus, der sich mit seiner Tugend, der Bescheidenheit, hervorhebt.
Heute freue ich mich darauf, die freudigen Gesichter unserer Reisegruppe beim Frühstück wiederzusehen. Es macht immer mehr Spaß, die Menschen tiefer kennenzulernen, mit denen man eine Zufallsgemeinschaft gebildet hat.
Wir begeben uns mit Herrn Wang, unserem heutigen Nanjinger Reiseleiter auf den Weg in die Altstadt dieser Metropole, die im Westen (trotz ihrer ca. 8 Mill. Einwohner) recht unbekannt ist, aber in der Geschichte des Riesenreiches eine bedeutende Rolle gespielt hat. Im Laufe der verschiedenen Zeiten war die „Stadt des Südens“ 10 Mal Hauptstadt, wobei hier insbesondere die Ming-Dynastie zu erwähnen ist.
Von der Brücke der Tugend gelangen wir unmittelbar zum Platz der Prostituierten, wobei das kein Schaden ist, denn angrenzend befinden wir uns sofort am beeindruckenden Konfuzius-Tempel, wo man durch Räuchern und Bittgebete seine Wünsche nach Glück und Tugend gen Himmel senden konnte und natürlich immer noch kann.
Weiter geht´s zu einer weiteren großen Sehenswürdigkeit dieser Stadt: der Dschunken-Werft, die in einer kurzen Phase der Eroberung des Wassers eine große Rolle spielte. Der Anblick des vor uns liegenden Dschunkennachbaus würde Kolumbus die Schamesröte in die Wangen treiben. Gigantische 140m in der Länge und 60m in der Breite waren die Ausmaße der größten Ausgabe. Aber auch die Wege, die die Chinesen zur See zurücklegten, bevor er geboren wurde, würden ihn, hätte er davon gewußt, wahrscheinlich den Beruf eines einfachen Schneiders oder Schusters ergreifen lassen.
Herr Wang plaudert aus seiner Zeit als Kind in Nanjing. Unter Mao musste die Familie großen Hunger leiden. Er beschreibt leidenschaftlich, wie er Hunde, Katzen, Insekten und Blätter von den Bäumen aß, um nicht verhungern zu müssen. Dankbar spricht er vom Machtwechsel und wie der kleine große Deng Xiaoping das Land neu modelliert und reformiert hat.
Der Backofen von Nanjing macht uns immer mehr zu schaffen. Darum ergreifen wir begeistert den Vorschlag von Felix, uns einmal original massieren zu lassen. So lande ich in einem typischen Massage-Salon und werde von einer zarten Chinesin in Empfang genommen. Zart? Wie ich mich irre… Nachdem ich die Kleidung wechseln musste (rosa Leibchen und kurze Höschen), werden die Füße in duftigem Seifenwasser, in dem frische Rosenblätter schwimmen, gewaschen. Dann geht es los: da wird gerubbelt, geknetet, geschuftet. Per Übersetzungsprogramm gibt es Anweisungen. Sie spricht auf Chinesisch ins Handy, ich bekomme die Hinweise in blumigem Englisch übersetzt: "Meine Schöne, damit ich dein Gesicht massieren kann, verlasse ich dich jetzt, um mir die Hände zu waschen." Ich beiße hin und wieder die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien von den zupackenden "zarten" Händen. Stöhne ich dann doch einmal leise auf, lacht sie freundlich vor sich hin… Nach 90 Minuten jedoch fühle ich mich wie neugeboren.
Alle massierten Teilnehmer haben am Abend viel zu erzählen. Das gemeinsame Gelächter hört nicht mehr auf. Um den Angestellten im Hotel-Restaurant den Feierabend nicht zu verderben, begeben wir uns halt mal wieder in die Hotel-Bar, um den Abend vergnügt ausklingen zu lassen.
Tag 7
Kaufleute (Dschen Si Ang)
Kaufleute rühmen sich gern ihrer Künste und Kniffe
Doch in der Philosophie sind sie wie kleine Kinder
Prahlend gestehn sie einander erfolgreichen Fang
Doch bedenken sie nicht ihres Leibes letztes Geschick
Was wüssten sie auch vom Herrn der verborgenen Wahrheit,
Der die Weiten der Welt erschaute im Becher aus Jade?
Der in Erleuchtung sich löste von Erde und Himmel
Und auf dem Wagen der Wandlung erreicht das Tor der Unwandelbarkeit?
Der Vormittag ist heute für den Besuch des John Rabe Hauses reserviert. Der deutsche Siemens-Mitarbeiter hat während der japanischen Invasion 1937 in Nanjing laut den Inschriften ca. 200 000 Menschen durch die Errichtung von Sicherheitszonen das Leben gerettet. Er gilt als der Schindler Chinas. Nichtsdestotrotz sind in der Stadt 300 000 Menschen durch schwere Greueltaten der Japaner gestorben.
Auf dem Weg zum nächsten Stopp überqueren wir endlich den sagenumwobenen Yangtze, den drittgrößten Fluß dieser Erde. Breit und schmutzig wälzt er sich durch die Landschaft. Immer häufiger sehen wir nun auch landwirtschaftlich genutzte Flächen, Gehege, in denen Enten und Gänse aufgezogen, aber auch Lkws, in denen sie aufeinandergeschichtet abtransportiert werden (zuunterst die toten Tiere, darüber die halb lebenden und ganz oben die, die noch ein letztes Mal ihre Hälse in den Fahrtwind recken).
Auf Wunsch von vielen gibt es heute erstmals eine Kaffeepause. Bei 34°C reihen wir uns vor dem Bus auf und lassen das heiße Getränk durch unsere Kehlen rinnen. Herrlich!
Michael und Felix verkürzen uns den Rest der Fahrt nach Bengbu mit ihrem Detailwissen zur Gegend und dem Alltagsleben der Menschen im Land. Wir sind immer wieder fasziniert.
Bengbu ist auf den ersten Blick eine eher nichtssagender Stadt mit ihren 3,5 Mill. Einwohnern und den vielen Hochhäusern, so weit das Auge reicht (siehe oben den Blick aus unserem Hotelzimmer). Aber immer mehr irritiert uns, dass ganz viele dieser Bauten komplett leer stehen. Die Urbanisierungsmaßnahmen des Staates scheinen in einen Wildwuchs auszuarten. Mal sehen, wie das weitergeht.
Da wir hier nur "Zwischenstopp" machen, platzieren Chris und Felix vor dem Abendessen ihre Diskussionsrunde zum Thema ZEIT, ZEIT-online und ZEITREISEN. Wir erhalten auch hier wieder viel Detailwissen und Einblicke ins Printwesen, die uns neu waren. Die Diskussion dazu ist lebhaft. Offensichtlich befinden sich die ZEIT-REISEN laut Chris in einer guten Entwicklung. Wenn alle Reisen so überaus spannend, ja einzigartig verlaufen, dann ist das für mich auch kein Wunder.
Felix berichtet Spannendes über sein Leben als deutscher Journalist in Beijing, über seine Möglichkeiten und Einschränkungen. Offensichtlich genießt er so manche Freiheiten aufgrund der guten Beziehungen zwischen China und Deutschland, die so manch anderem ausländischen Kollegen oder Kollegin wohl eher verwehrt sind.
Am Abend entscheiden sich viele von uns dazu, einen öffentlichen Platz in der Nähe zu besuchen, um hautnah zu erleben, wie die Chinesen - vor allem die Frauen - die Gelegenheit zu ausgiebigen Tanzfreuden nutzen. Sie kommen wohl sehr auf ihre Kosten. Wir dagegen entscheiden uns dazu, im Hotel genüßlich in Zweisamkeit einen bescheidenen Wein aus Südafrika zu kosten (die einzige Sorte im Haus) - wir feiern nämlich heute unseren Hochzeitstag!
Tag 8
Lied der Alten beim Schlagholzspiel
Die Sonne geht auf,
da arbeiten wir.
Die Sonne sinkt,
da rasten wir.
Wir graben Brunnen
und trinken dann.
Wir pflügen Felder
und essen dann.
Des Kaisers Macht,
was geht sie uns an?
Heute steht uns die erste längere Fahrt bevor. Wird das gut auszuhalten sein? Auch hier rühme ich die hervorragende Reiseleitung. Wieder beantworten Felix und Michael kurzweilig alle Fragen zu Land und Leuten. Nun wissen wir, was die vielen, vereinzelt in den Feldern versprengten Hügelchen bedeuten, die manchmal mit bunten Paperkränzchen geschmückt sind, meist jedoch nicht. Die Chinesen ehren ihre Verstorbenen sehr. Damit deren Seelen ihren eigenen Raum ungestört nutzen können, beerdigt man die Toten weit draußen außerhalb der Dörfer. Dort werden die Hügelgräber dann auch bewusst selten besucht, um ihnen ihre Ruhe zu gönnen. Diese Hügel (manchmal sind es auch kleinste Häuschen) sind nicht streng angeordnet wie unsere Friedhöfe, sondern tatsächlich frei auf den Äckern verteilt. Heutzutage wird in China die Landfläche immer kostbarer. Dies ist der Grund, weshalb immer intensiver die Feuerbestattung bei den Han-Chinesen propagiert wird.
Auch sonst geht es kurzweilig weiter. Wir singen fleißig unsere tägliche Hymne von Udo Lindenberg: Hinter dem Horizont geht's weiter... Es klingt leider noch etwas brummelig, aber ich hoffe, dass diesbezüglich die Begeisterung noch wächst.
Walter öffnet seine kleine musikalische Schatztruhe. Zwar will er uns nicht dauerhaft berieseln, aber hin und wieder dürfen wir in seine exquisite Sammlung an Weltmusik hineinhören. Heute sind es mongolische Hirtenlieder von Urna, die unsere Ohren umschmeicheln, während unsere Blicke verträumt über das saftige Grün einer zunehmend fülligeren Pflanzenwelt schweifen. Wir wundern uns sowieso, weshalb hier alles so hervorragend gedeiht. Die Antwort folgt in Kürze.
Nach einem einfachen, aber sehr schmackhaften Mahl an einer kleinen Raststätte geht es bei 36 Grad weiter.
Und dann beginnt die Sintflut.
Wasserfluten strömen mit einer ungekannten Wucht auf unseren Bus. Die Temperatur sinkt innerhalb von 20 Minuten auf 23 Grad. Wir versuchen aufgeregt zu erspähen, was um uns herum geschieht, aber wir erblicken nur eine undurchdringliche Regenfront. Unser Fahrer Daniel meistert das Spektakel ungerührt und fährt einfach durch. Irgendwann ist alles wie im Spuk vorbei. Die Temperatur steigt und die nächste Millionenstadt liegt vor uns: Xuchang. Hier wird es erstmals holprig auf den ansonsten hervorragenden Straßen (siehe oben). Die Straßen werden immer breiter, die Häuser wieder viel höher, sie stehen aber leer. Ich frage Felix nach diesem Phänomen. Eine Geisterstadt, meint er. Wenn wir Menschen sehen, dann sind es vor allem Frauen, die uns auffallen. Sie arbeiten in Grüppchen im Straßenbau, schaufeln Sand.
Am Hotel großer Empfang. Wir werden mit militärischen Gruß, freundlichem "Hello" und Tee willkommen geheißen. Das obige Foto zeigt uns bei der täglichen Zimmervergabe durch Michael. Ein Hotel mit heißen Quellen ist es heute, welche von einigen von uns genutzt werden. Das Abendessen: in sehr unterhaltsamer Runde sehr vergnüglich. Fortsetzung in der Bar mit Hirschgeweihleuchter. Nun gute Nacht! Die wird kürzer als gewohnt: 7 Uhr Koffer vor die Tür. Abfahrt: 8 Uhr.
Tag 9
Der Abschied aus dem Hotel vollzieht sich mit derselben Pracht, wie die Ankunft. Personal ist offensichtlich ausreichend vorhanden. Während uns immer eine Person zu den Aufzügen geleitet, nehmen uns jeweils 2 auf den Etagen in Empfang.
An diesem Morgen öffnet der Himmel seine Schleusen erneut. Der Vorteil: die Temperaturen sind angenehm erträglich.
Walter verzichtet heute auf die tägliche Rezitation von Versen, führt uns aber in das Leben des großen Boddhidarma ein, der als der Begründer des Zen-Buddhismus gilt und im 5./6. Jahrhundert aus Indien kommend in der Region unseres heutigen Zieles eintraf.
Wir besuchen ein großes Ziel, ja eine Pilgerstätte: das Shaolin-Kloster, in dem Boddhidarma 9 Jahre meditierte, bis er die Erleuchtung erlangte und dann dort lehrte. Er führte ebenfalls die KungFu Kampfkunst ein, die in der Region in unendlich vielen Schulen bis heute gelehrt wird. Jährlich verlassen ca. 1 Million Absolventen diese Schulen (über ganz China verteilt).
Das Gelände ist riesig und kommerziell gut entwickelt. Felix berichtet vom sogenannten CEO-Abt, der diese Kommerzialisierung gezielt und mit großem Erfolg vorangetrieben hat. Der Buddha sollte in deinem Herzen leben - dann ist es egal, wo du bist und wie du das Äußere vermarktest...
Während also viele Menschen die Stätte bevölkern, vertreibt ein kleiner Regenguss alle neugierigen Besucher mit einem Schlag. Wir sind ganz alleine - und erst jetzt spüren wir andächtig eine feine Stille und fast heilige Atmosphäre. Ein Geschenk von oben.
Nach dem Besuch des benachbarten Pagodenwaldes (Weltkulturerbe), in dem 248 erleuchtete Mönche ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, dürfen wir eine bekannte Kung Fu Schule besuchen. Wir betreten eine einfache Halle und sind dann aufgewühlt von den Kampfkünsten der jungen Schüler. Äußerst beherrscht und mit einer wirklichen Kunstfertigkeit zeigen sie eine halbe Stunde, was sie können. Ich bin stark beeindruckt, aber immer mehr auch erschüttert, wie jung diese Kinder sind und überlege, welcher Drill dahinter stecken muss, um so weit zu kommen.
Der Abend ist wieder von offiziellem Besuch geprägt, endet aber in festlicher und feucht-fröhlicher Stimmung, denn der hiesige Kulturbeauftragte hat als Geschenk vieeel örtlichen Reisschnaps zurück gelassen.
Tag 10
Gastbeitrag von Manfred Kennel:
Longmen Grotten und Xian
Kurz vor der Abfahrt verabschieden wir unseren sehr kompetenten und sehr freundlichen lokalen Chinaexperten Felix Lee, den wir nach 7 Tagen mit uns auf der Reise wirklich schon ins Herz geschlossen haben und der nun wieder zurück nach Peking fliegt, um auch andere an seinem Wissen über und in China wie auch in Deutschland teilhaben zu lassen. Eine Lücke bleibt.
Pünktlich dann um 09:00 lokaler Raumschiffzeit ( unser Hotel ist unter dem Motto „ Raumfahrt“ eingerichtet) verlassen wir die alte Hauptstadt
Luoyang auf sehr breiten, aber wenig befahrenen Straßen in Richtung Longmen- Grotten. Strahlender Sonnenschein mit gemessenen 35 Grad und gefühlten 45 Grad Celsius begleitet uns den ganzen Tag
und es gibt Gerüchte, dass wir wohl den letzten Regen für lange lange Zeit gesehen haben.
Alle sind nach dem gestrigen opulenten und (feucht) fröhlichen Abend frisch und munter und vor allem gespannt auf eine der ganz großen Sehenswürdigkeiten in Luoyang. Wir werden nicht enttäuscht,
sondern sind fasziniert von den Buddhafiguren, die hier am Fluß in den Stein gehauen sind, einzigartig filigran, aber auch riesig groß. Mit beeindruckender Technik und Gestaltungskunst wurden
insgesamt mehr als 90000 Figuren hier verewigt. Leider hat die Ewigkeit nicht ganz gehalten, weil zur Zeit der Kulturrevolution dieser Menschheitsschatz durch die Roten Garden doch teilweise
stark beschädigt wurde. Aber das, was vorhanden ist, beeindruckt gewaltig, sowohl die Figuren selbst wie auch die Einbettung in die Flusslandschaft. Leicht (?) schwitzend erklimmen wir die vielen
Treppen zu den Grotten, um die Eindrücke möglichst nah zu erleben. Einige von uns, denen die Aufstiegsstrapazen zu mühsam waren, haben sich dann mit ausgesprochen freundlichen jungen Chinesinnen
unterhalten und an einer Umfrage teilgenommen. Unsere begeisterte positive Antwort auf die Frage nach unsren bisherigen Erfahrungen/Begegnungen in China hat ein großes Lächeln auf die schönen
Gesichter gezeichnet. Und am Schluss haben unsere Teilnehmerinnen an der Befragung noch einen chinesischen „Orden“ ans Revers geheftet bekommen.
Nun noch einige Erklärungen zu den Buddhafiguren : Longmen heisst übrigens nicht die „langen Männer“ sondern Drachentor. Drachentor deshalb, weil hier an diesem Fluß ein Wasserfall war und Fische
immer mit „aus dem Wasser springen“ versucht haben, die Wasserfallstufen zu überbrücken.
Daraus hat der chinesische Volksmund dann die Sage gemacht, dass die Fische nach der Wasserfallstufe zu den Drachen werden, die den Fluss beschützen.
Die Buddhafiguren selbst wurden ab ca. 600 n. Chr. bis ins 12. Jahrhundert durch buddhistische Mönche in den Fels geschlagen. Der größte Buddha
ist bestimmt über 20 m hoch und ist sitzend dargestellt. Wenn er erst aufsteht, ist er wahrscheinlich einer der Größten der Welt. Nach ca. 2 Std und nachdem wir uns alle (!) wieder glücklich im
Bus eingefunden haben, geht es wieder „on the road“. Nach einem kurzen Mittagsschlaf und anschliessenden Käsekräckern geht es durch chinesische, fast ortschaftslose Landschaften, die eine
Kombination von deutschen Mittelgebirgslandschaften mit toskanischen Zypressenwäldern zeigen und einfach harmonisch und beruhigend auf uns wirken. Auch die zur Pause angefahrene Raststätte stört
diese Ruhe und Gelassenheit nicht. Wir sind das einzige Auto auf der Raststätte. Weiter auf der Fahrt lauschen wir einem tiefgehenden Vortrag über Taoismus und Konfuzianismus, sodass wir diese
uralten Traditionen und ihre Auswirkungen auf das heutige China besser einordnen können.
Nach wirklich langer Fahrt erreichen wir gegen 20:00 die alte Kaiserstadt Xian. Nach dem üblichen Kofferräumen, Beziehen der Zimmer und einer kräftigen Dusche dürfen wird den Abend bei einem
benachbarten Restaurant wohlmundend ausklingen lassen. Zufrieden und geschafft gehen wir ins Bett und träumen von chinesischen Kaisern und ihren Armeen, die wir uns morgen anschauen.
Beste Grüße aus einem faszinierenden China,
Manfred Kennel
Tag 11
Als ich auf dem Pferde einschlief
Weit war unser Weg an diesem Tage
Und immer noch fern das Ziel.
Mühsam hielt ich die Augen offen.
Bis ich ermattet in Schlummer verfiel.
Am rechten Ärmel hing noch die Peitsche,
Am linken waren die Zügel eben entglitten.
Plötzlich erwachte ich. Es sagte der Knecht mir:
"Wir sind kaum hundert Schritt inzwischen geritten."
So weilten Leib und Seele nicht an dem gleichen Orte.
Langsam und schnell - wer könnte vereinen die beiden Worte!
Der Schlaf auf dem Pferd, einen Augenblick währte er bloß,
Im Traum aber erschien er mir grenzenlos.
Es sagen die Weisen, und was sie sagen ist wahr:
Gleich einem kurzen Schlafe sind hundert Jahr.
Diese Verse aus der Tang-Zeit um 800 n.Ch. herum begleiten uns heute den ganzen Tag über.
Hier beginnt unsere Reise auf der legendären Seidenstraße. Hier begann sie vor vielen hundert Jahren und hier endete sie, nachdem die Karawanen aus den fernen Gefilden im Westen mit vielen neuen Erkenntnissen und spannenden Reiseerzählungen zurückkehrten.
Gleich am Morgen besuchen wir eine weiträumige Ruheoase inmitten dieser turbulenten und modernen 8 Millionen Provinzhauptstadt Xian: die Wildgans-Pagode. Einst wurde in ihr eine erlesene Bibliothek mit kostbarsten Schriften angelegt, von der heute - außer ihrer Schönheit - leider nichts mehr erkennbar ist. Dennoch lauschen wir den vielen Mythen und Geschichten, die uns Michael preisgibt. Bernd, falls du dies liest, schau dir doch mal den Vorboten des Menschheitsrepräsentanten oben an :-)
Am Ende der Anlage verirren sich nur wenige Besucher und einige Gläubige. Ich werde magisch dorthin gezogen, denn über den Platz ziehen meditativen Gesänge und Klangfarben von rhythmischen Musikinstrumentarien. Buddhistische Mönchen sitzen im Tempel und rezitieren. Räucherwerk dringt mit seiner Tiefenwirkung ins limbisches System und lässt die Gedanken schweifen. Warum haben wir in diesem Augenblick nicht die Möglichkeit, inne zu halten? Es ist nun mal so, unsere Karawane zieht weiter. Und ich will mit.
Wir sind bereits zutiefst erfüllt von vielen Eindrücken und ahnen noch nicht, dass wir heute noch viel mehr Platz in uns frei machen müssen.
Gleich erleben wir einen Ort, der Anziehungspunkt für weltweiten Tourismus geworden ist: die Ausgrabungsstätte der Terrakotta-Armee. Mühsam gelangen wir mit den anderen Menschenströmen zu den Ausgrabungshallen. Mit Selfies lichten sich tausende von Menschen genau wie wir vor den über 2000 Jahre alten Kriegern ab.
Der Erschöpfungszustand unserer Gruppe erreicht einen Höchststand, als wir uns Körper an Körper gedrängt an den Hauptattraktionen vorbeischieben: den restaurierten Reisewägen. Ich gestehe: ich bin erleichtert, als wir diesen seit den 70ern touristisch extrem "entwickelten" Ort verlassen können.
Als Highlight des Tages empfinden die meisten die nächste Anlaufstelle. In Xian leben seit altersher ca. 500 000 muslimische Chinesen in einem eigenen Stadtviertel. Wir trauen unseren Augen kaum. Endlich. Hier pulsiert das Leben. Danach suchte ich die letzten Tage: Wie leben die Chinesen eigentlich?
Im engen Straßengeflecht drängen sich Einheimische und Touristen mitten durch den Basar. Es duftet, es klingt, es schreit, es brodelt, es dampft, es hupt, es lacht, es schreit. Freundliche Händler lassen uns fast ungeschoren durch bis zu unserem einzigartigen Ziel: der Moschee von Xian. Plötzlich sind wir wie abgeschirmt vom Lärm, der sich soeben noch über uns ergossen hat. Unsere zweite Oase auf der Seidenstraße! Hier ertönt sogar hin und wieder Vogelgezwitscher, welches ich auf dem bisherigen Weg sehr vermisst habe. Die Architektur lässt nicht vermuten, wo wir uns gerade befinden. Der pagodenartige Turm in der Mitte ist ein Minarett, wie es kein zweites je zu sehen gibt, auch wenn es keine Muezzin mehr gibt, die dort ihre Gebete ausrufen. Dennoch erleben wir viele Gläubige, die zum beten die alte Moschee betreten.
Auf dem Rückweg müssen wir wieder durch den Basar - und wollen auch hier unbedingt länger verweilen. So viele schöne Gesichter sind zu sehen, junge, alte, glänzende, faltige, farbige, einfach schöne. Das Leben hier, ja hier lebt es.
Aber wir sind auch hungrig geworden von den herrlichen Düften um uns herum und werden nu, oh Freude, zu einem Spezialitäten-Abend eingeladen. Wir bewegen uns auf unserem Weg gen Westen langsam weg von kulinarischen Gaumenfreuden aus Reis, hin zu Gerichten aus kunstfertigem Nudelteig. Oft sind Köstlichkeiten in Teigtaschen versteckt. Hier erkennt man aber an der äußeren Form genau, was darin verborgen ist. So ist Schweinefleisch an einer Teigtasche in Schweineform und Fisch an der Fischform zu erkennen. Wieder nur begeisterte Toasts auf die Küche. Ist auch einfach, denn der Reisschnaps ist inklusive.
Man müsste denken, dass das nun alles mehr als genug sein dürfte für ein Tagesprogramm. Pustekuchen. Einige wünschen sich die Teilnahme an einem Kostumspektakel aus der Tang-Dynastie mit Tanz und Musik aus dieser Zeit. Alleine die Theateratmosphäre an sich mitzuerleben ist sehr lohnenswert. Die Zuschauer sitzen an langen Tischen, essen Popcorn, trinken, was das Herz begehrt und lassen ihrer Begeisterung freien Lauf. Während gut ausgebildete Tänzer und Musiker ihr Können präsentieren, geht immer wieder ein Raunen durch den komplett gefüllten Raum. Es erscheint mir alles irgendwie wie ein kitschigen Europa-Park- Event, gemahnt mich gleichzeitig aber immer daran, dies als Ausdruck eines Zustandes der alten Kulturen zu erspüren, deren Spuren ich ja folgen will.
Tag 12
Geduld bedeutet, dass man immer weit blickt
und das Ziel im Auge behält.
Ungeduld bedeutet, dass man kurzfristig nicht
seine Bestimmung begreift.
Bei den Chinesen ist der Himmel traditionell rund und die Erde eckig. Dies spiegelt sich überall wieder, sei es bei den alten chin. Münzen, die klassisch viereckig ausgestanzt sind, oder bei der Stadtmauer von Xian, die im Umfang von ca. 14 km komplett erhalten ist. Mit einer Breite von ca. 15m ist sie bequem zu Fuß zu begehen bzw. unbequem mit dem Fahrrad zu umrunden, wie einige Wagemutigen aus unserer Truppe leidvoll erfahren. Dies liegt jedoch nicht an der Strecke, sondern an den schwindsüchtigen Drahteseln.
Das mächtige Bauwerk ist aus Ziegelsteinen aufgebaut, die in früher Zeit mit einem Reis/Honig-Gemisch miteinander verkittet waren. Jeder einzelne Stein war gekennzeichnet mit dem Namen des Handwerkern, dem Namen des Beamten, der ihn geprüft hat (Beamte für Keramikgewerk) und dem Herstellungsdatum. Ich bin stolz darauf, ein paar von diesen nur noch seltenen Originalen im Mauerwerk zu entdecken und zu berühren.
Wir wundern uns über die vielen jungen Damen in Rot, die hier in Begleitung ihres Bräutigams die Kulisse nutzen, um sich professionell fotografieren zu lassen. Wir erfahren, dass Rot die Farbe des Glückes ist. Aha, nun verstehen wir, warum sich alle Hochzeitskleider so ähneln.
Heute können wir es einmal wirklich ruhig angehen lassen. Nach einem schmackhaften Mittagessen in einer Raststätte erfahren alle, dass Manfred Geburtstag hat. Er erhält ein ehrenvolles Ständchen, alle anderen ein Reisschnäpschen. Im Nirgendwo namens Baoji (dennoch 3,7 Mio. Einwohner) erfreuen wir uns nun am Abend an uns und beschließen den Abend fröhlich bei Wasser und Bier. Manfred darf als einziger eine Geburtstagssuppe genießen, die Glück, Langlebigkeit und Vollendung symbolisiert. Ein sehr besonderes Geschenk. Von Chris als Vertreter der Reise-Organisation erhält er einen kleinen Paravant mit besonderen Blüten, die alle eine besondere Bedeutung haben. Welch besonderer Geburtstag!
Tag 13
Wir sind wie eine Schüssel auf dem Wasser.
Die Bewegung der Schüssel auf dem Wasser
wird nicht von der Schüssel,
sondern vom dem Wasser bewegt.
Also, wie so oft zuerst ein letztes Foto aus unserem letzten Hotel. Und wie immer auch von dort gleichzeitig ein Blick auf unbewohnte Hochhäuser, leer, ohne Seele.
Heute wird einfach "nur" Strecke gemacht, 480 km bis Lanzhou, der aufstrebenden 3 Millionen Stadt, die schon immer eine wichtige Rolle auf der alten Seidenstraße gespielt hat. Bis dahin aber wollen viele Stunden Fahrt bewältigt werden, denn 90km/h sind Höchstgeschwindigkeit auf den gut ausgebauten Autobahnen.
Wir wissen mittlerweile, dass wir uns keine Gedanken darüber machen müssen, denn auch auf der Fahrt ist immer für Abwechslung gesorgt. Walter und Michael halten immer wieder Kurzvorträge und lassen dabei auch spannende persönliche Geschichten einfließen, die uns dieses wunderbare Land noch näher bringen. Unser Fahrer gibt hin und wieder einen seiner Witze zum besten.
Wir singen unseren Udo-Song, hören zeitweise indische Sitar-Musik, trinken unsere letzten Reisschnaps-Tropfen und genießen immer wieder unsere Pausen auf den leeren Raststätten, um die heiligen Hallen zur inneren Harmonie aufzusuchen. Dabei sind wir stets Attraktion für Passanten, Lkw-Fahrer, Arbeiter und Angestellten der Aufenthaltsorte. Strahlend kommen uns die Menschen entgegen, machen Fotos vom Bus oder uns, lassen sich fotografieren oder besteigen schnell mal neugierig unser Zuhause - immer freundlich, direkt und ohne Scham. Wir fühlen uns wirklich willkommen.
Fasziniert bin ich von der Veränderung, die landschaftlich während der ca. 7 Stunden Fahrt vonstatten geht. Erst noch üppige Vegetation in hügeligen wunderschönen Berglandschaften, wie ich sie noch nie gesehen habe, wird die Umgebung immer karger, bleibt aber abwechslungsreich und voller Überraschungen. Obwohl wir immer wieder Hochhausruinen passieren, tauchen mehr und mehr kleine Ortschaften, ja Dörfchen oder Einzelgehöfte auf, die zuerst noch betoniert oder gemauert sind, nach und nach aber einfach aus Lehm hochgezogen wurden. Oft entdecken wir aber auch die Eingänge zu Höhlenwohnungen in den Felsen, die früher noch von den Ärmsten der Armen bewohnt waren.
Alle Hügel und Gebirge, die wir in China bisher gesehen haben, waren durch kultivierte Terrassen aufgegliedert. So auch hier, obwohl keine Pflanzungen mehr zu sehen sind. Was mich am allermeisten überrascht sind die Parzellen an Land, die die Chinesen jeweils für ihren Lebensunterhalt vom Staat pachten können. Davon leben sie. Und es sind tatsächlich kleine Bereiche, die unterschiedlich bepflanzt sind. Gut erkennen kann man momentan die blühenden Maisfelder. Ich habe noch nirgends Großflächen entdecken können, so wie sie uns in Deutschland mittlerweile fast ausschließlich begegnen.
Unterwegs überrascht uns ein kleiner Sandsturm. Wir fragen Walter, ob er den auch noch extra für uns organisiert hätte. Tatsächlich kann man nun aber bestens den sandigen Lehm erkennen, der sich hell auf die Felder niederlegt. Wir fahren ja auch entlang des berühmten Gelben Flusses, der aufgrund dieser besonderen Erdfarbe seinen Namen erhalten hat.
Von unserem Hotelzimmer in einem luxuriösen Hotel, in dem wir gerade zu Abend gegessen haben, kann man ihn nun bestens beobachten. Lanzhou ist übrigens die einzige Stadt in China, durch die der Gelbe Fluss mitten hindurch fließt. 50 km lang.
Tag 14
Nachdem uns Herr Xu (gesprochen Schü), unser heutiger lokaler Reiseführer beteuert, dass wir im besten Hotel der ganzen Stadt untergebracht sind, macht er uns mit den Besonderheiten seiner Heimat vertraut.
Lanzhou ist eine „kleine“ Stadt – sie liegt an 131. Stelle aller chinesischen Großstädte – mit ihren 3,6 Millionen Einwohnern. Mit Zahlen will ich nicht langweilen, muss aber erwähnen, weil es mich dann doch beeindruckt, dass die Stadt nur 3 km breit ist – und 50 km lang. Geteilt wird sie durch den legendären Gelben Fluß, der nur hier überhaupt eine Stadt durchfließt.
Erst vor 2 Tagen wurde am Bahnhof eine weitere Station des Hochgeschwindigkeitszuges eingeweiht, der immer mehr Städte miteinander verbindet, häufig in einem Viertel der gewohnten Zeit. Diese Millionenstadt ist gerade dabei, ihre erste U-Bahn zu bauen. Erstaunlich.
Es werden hier zwei Pflanzen besonders geehrt: die Rose und die Akazie. Erstere wird im Umkreis kommerziell angebaut und liefert die Hälfte der gesamten chinesischen Produktion an kostbarem Rosenöl (ca.300 kg).
Die Akazie wiederum wird traditionell für den Stadtbau verwendet, begegnet uns jedoch überraschenderweise in einem gut erhaltenen buddhistischen Kloster am Hang der Stadt als uraltes Exemplar wieder. Ob sie wirklich aus der Tang-Zeit stammt (618-970) ist schwer zu bewerten. Unsere Truppe erklimmt nun Stufe um Stufe ein weiträumiges Areal hinauf zu den Tempeln, die eindrucksvoller kaum sein können. Bei 37° C in 1500m Höhe dann doch schweißtreibend, aber sicherlich unvergesslich.
Wie so oft begegnen uns in der Haupthalle die Buddhas der drei Welten, der der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft; man darf sie aber auch als Verkörperung des westlichen Paradieses betrachten, den der Mitte oder den des östlichen Paradieses.
Auf der Rückseite steht in voller goldener Pracht ein Bodhisatva, der mit seiner richtungsweisenden Waffe anzeigt, wie das Kloster mit Pilgern umzugehen gedenkt: zeigt sie nach oben, sollte der Pilger schleunigst eine neue Bleibe suchen. Richtet sich die Spitze nach unten, ist er ein herzlich willkommener und gern gesehener Gast, der auch die Nacht hier verbringen darf.
Dabei schreitet der Pilger durch ein ornamentenreiches Tor, welches als „Leiter zum Paradies“ übertitelt ist. Hier nun teilt sich der Weg. Wie entscheidet er sich? Links führt die Treppe zum Paradies über die Karriere, rechts über den Reichtum. Blickt er kurz zurück, werden seine Augen am gleichen Tor auf folgendem Schriftzug ruhen. Eine Mahnung sagt: „Nach unten zu gehen ist schwieriger, als nach oben“.
Oben angelangt sind die 5 Quellen zu besichtigen, für die die Anlage bekannt ist und die der Sage nach einem General und seinen Mannen das Leben gerettet hat; die Mondquelle beispielsweise ist so angelegt, dass am 15. August gemäß des Mondkalenders sich der Mond exakt in der kreisrunden Wasseroberfläche spiegelt.
Die großzügige Anlage lädt zum Verweilen ein. An allen Ecken gibt es prachtvolle Einblicke in das Leben der Buddhisten. Der Blick auf die moderne Stadt Lanzhou ist überwältigend. Aber wir müssen zurück zu unserem 2. Zuhause, dem Bus. Dabei durchqueren wir ein lebendiges geschäftiges Treiben. Vergnügen ist angesagt und überall spürbar. Gelassen wird gebetet, getanzt, gesungen, meditiert. Es ist scheinbar egal, an welcher Ecke. Lächelnd werden wir Langnasen rundum bestaunt, gegrüßt, zum Foto machen eingeladen.
Die Hitze hat uns zugesetzt. Also bietet uns Her Xu an, entweder die weiße Pagode und das darunterliegende Nonnenkloster zu besichtigen und dabei den Fluss über die einst von deutschen Ingenieuren erbaute eiserne Brücke zu überqueren oder an dem Gelben entlang zu schlendern. Die meisten entscheiden sich für Letzteres und finden sich am Ende beim Tee der 8 Köstlichkeiten ein. Es ist schön, einfach an diesem wilden Fluß zu sitzen, die Schweinehautflöße zu hinterfragen, die für Überfahrten genutzt werden können und dabei 3-4 Aufgüsse gemütlich unterm Sonnenschirm zu schlürfen.
Litschi, Datteln, Goij-Beeren, Kandiszucker, grüner Tee, Rosinen, getrocknete Aprikosen und Rosinen sind die Hauptbestandteile der Köstlichkeit.
Wir lassen den Tag in entspannter und sehr fröhlicher Runde in lauwarmer Luft draußen ausklingen. Über unseren Köpfen schweben bunt schimmernde Drachen und entführen uns in eine traumreiche Nacht...
Tag 15
Damals noch legten die Karawanen auf unserer Seidenstraße 30-40 km /Tag zurück, wir benötigen 7 Stunden für 509 km bis zu unserem Ziel Zhangye.
Im Drachentempo sozusagen überfliegen wir atemberaubende Landschaften, sehen unterschiedliche Vegetationsstufen, streifen Lehmdörfer, Stadtsilhouetten. Ich muss sagen, es ist unbeschreiblich, im wahrsten Sinne des Wortes. Man kann die Eindrücke visuell sammeln und tief im Inneren wirken lassen. Mich begleitet meine persönliche Reisehymne „Believer“, Imagine Dragons, welche die Monumentalität noch unterstreicht. Wir sehen Lavendelfelder und begegnen wieder neugierigen und freundlichen Menschen. Kurz vor unserem Ziel setze ich mich zu Michael und Daniel, unserem heutigen Fahrer ins Cockpit, um die Weite nach vorne noch mehr zu genießen.
Zhagye ist bekannt für den Tempel des Großen Buddha (Dafo Si). Die Sonne taucht den hellen Platz in silbriges Patinagrau. Wir besuchen einen der größten liegenden Buddhas der Welt. Er hat ein schönes sanftes Gesicht und ist mit seinen 34,5 m ins Nirwana eingegangen. Leider darf man nicht fotografieren. Aber auch hier bleiben Eindrücke zurück, denn der Raum hat eine sehr dichte Atmosphäre.
Heute sitzen wir mal nicht in Separees zum Essen zusammen, sondern speisen in einem Restaurant im Hotel. Ein denkwürdiger Abend. Liebe Freunde, manchmal ist schweigen besser als zu viele Worte zu verlieren.
Nachdem wir draußen den anmutig tanzenden Frauen bei ihrer Abendbeschäftigung zugeschaut haben, sammeln wir uns spät zu einem Vortrag von Walter, der uns Buddha nochmals aus anderen Perspektiven nahe bringt.
Tag 16
Binde zwei Vögel zusammen und sie werden nicht fliegen,
obwohl sie vier Flügel haben.
Niemand ahnt an diesem Morgen, dass wir bald mit offenem Mund an einem der 10 schönsten Landschaftsgebiete dieser Erde stehen werden.
Früh, nach dem Beobachten der Tai Chi Ausübenden vor dem Hotel machen wir uns auf, um vor den anderen Neugierigen den Danxia Geo Park zu finden, der erst seit wenigen Jahren touristisch erschlossen ist. Gut für uns, denn auf diese Weise wirkt das Naturschauspiel unverfälscht in seiner ganzen Monumentalität. Erst langsam trudeln dann doch die bunten Heerscharen aus den Weiten des Landes ein. Diesmal ist es auch gut, dass bei 37° C die Sonne scheint, denn so leuchten die bizarren Felsformationen in einer Farbenpracht, die sich vor dem mit Cirruswolken getupften Himmel mit einer berückenden Dringlichkeit abheben. Mit Shuttle-Bussen fahren wir jeweils neue Anlaufstellen an. Entschuldigt bitte nochmals, liebe Silvia, Jürgen, Günter, Ilona, Renate und Jürgen, dass ich just in diesem Moment meine durchgerüttelte Cola-Dose öffne...
Jiayuguan ist unser Ziel, fast ein Dorf mit seinen 230 000 Einwohnern. Bekannt ist dieser Ort, der sich wie bei so vielen anderen Städten teilweise als Geisterstadt vor uns auftut (leerstehende Prachtbauten, allerneueste Straßen, frisch und bunt bepflanzt, aber kein Leben, keine Menschen), durch die letzte große Festung als Teil der Großen Mauer.
Eigentlich wünsche ich mir, einmal alleine zu sein an diesem Tag. Es ist heiß, die Eindrücke sind vielfältig. Aber wie so oft auf dieser Reise passiert genau in solchen Situationen mein Glücksmoment. Oben in der Anlage erklingen plötzlich dumpfe Trommelschläge. Da kann ich nie widerstehen. Ich folge also blindlings und finde mich an einem Platz ein, der gerade wieder für eine neue Kampfvorführung bereitet wird. Sie wird nicht angekündigt und so bin ich die einzige, die direkt vor den kämpfenden Kung Fu "Kriegern" steht. Da läuft mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper, wie gesagt: es herrschen 37° C.
Langsam füllt sich der Platz, aber die Intensität der Aufführung bleibt bestehen.
Die Matratzen in den Hotels werden von Ort zu Ort im Laufe der Reise immer härter. Diesmal fühlt es sich brettlhart an, aber es schlafen alle nach diesem besonderen Tag wie eingesunken in butterweichen Federn.
Tag 17
Meinem Neugeborenen zur feierlichen Waschung am dritten Tag (Su Schi, 1036-11101)
Die Menschen alle ziehn sich Kinder
und wünschen, dass sie klug und fein;
So galt auch ich für klug und weise,
und doch mißriet mein ganzes Sein.
Da wünscht ich schon, das Söhnlein wäre
einfältig, ja gar eselsdumm,
Und brächt es ohne Not und Fährnis
bis hoch ins Ministerium.
Der große Vorsitzende Mao sagte einst: Wer ein echter Held sein will, muss auf der Mauer gewesen sein. Ein bisschen Heldin will auch ich heute sein und nutze die Gelegenheit. Endlich liegt sie vor uns, die Große Mauer. Ich steige tatsächlich ein paar Stufen hoch und setze mich dann zwischen die Zinnen, denn noch ist die Umgebung menschenleer und ich genieße die Höhe und Weite auf diesem Teil der Großen Mauer: der hängenden Mauer. Ein Kuckuck ruft, die Gruppe befindet sich in gelöster Stimmung. Der "lachende" Walter verteilt ein paar Pfirsiche, die er direkt aus dem benachbarten Garten kauft.
Wir fahren weiter durch die Gobi und erfahren von Walter viel Wissenswertes über das Kamel - ein Tier der Zukunft mit all seinen Gaben (Leder, Haare, Fleisch, Milch, Antikörper etc.).
Geröll wechselt mit fruchtbaren Vegetationsbereichen hin zu Sandgebieten; wir erleben aber auch aktiven Straßenbau oder Windkraftanlagen auf der weiteren Strecke. Es herrscht recht reger Verkehr, auch die Zuglinie ist permanent befahren (ca. alle 20 Minuten ein Güterzug). Die Straße ist nach wie vor hervorragend vierspurig ausgebaut.
Mitten in der Wüste eine Rast: der warme Wind ist so stark, dass ich mich hineinlehnen kann.
Bald durchqueren wir Melonenland, dann weiter Sandgegenden. Leises Geschnarche wiegt alle ein. Wir schauckeln dahin, bis wir unser abendliches Ziel erreicht haben: die Oasenstadt Dunhuang, einst eine alter Handelsknotenpunkt.
Tag 18
Wir befinden uns bereits in einer Oasenstadt und bewundern, wie Pappeln, Weiden und andere Bäume in den Straßen Schatten spenden. Dennoch möchten wir jetzt endlich den Magneten kurz hinter den letzten Hausfluchten Dunhuangs aufsuchen.
Hierher hat uns auch Lily begleitet, die heimische Stadtführerin, die jedoch nur in Englisch kommuniziert, was für einige von uns etwas schwierig ist.
Vor uns ragen bereits hohe goldgelbe Dünenhügel auf. Bilderbuchmäßig. Wer sich im Wüstenbilderbuch bewegt, sollte auch unbedingt einmal ein Kamel besteigen. Wir hörten gestern im Vortrag über Kamele, dass sie besonders lange Wimpern haben, um sich so vor dem Sand zu schützen, der ihnen ja regelmäßig ins Gesicht weht. Also schaue ich mir ihre Gesichter auch genau an. Jedes einzelne Tier ist durch eine interessante Individualität gekennzeichnet. Und nun schaukeln wir in einer unendlichen Karawane mit vielen vielen anderen modernen Nomaden durch den Wüstensand. Wenn man es sich ganz ganz fest vorstellt, dann erahnt man, wie es sich möglicherweise einmal in ganz früher Zeit angefühlt haben mag, Schritt für Schritt im weichen Sand einzutauchen und in meditativem Vor- und Rückschaukeln dem Westen entgegen zu blicken. Mir macht das großen Spaß, auch wenn mein schönes Kamel am Ende der Stunde mit einem anderen Kamel kollidiert und das Tragegestell mein Bein rammt. Der blaue Fleck breitet sich langsam über das gesamt Schienbein aus. Jetzt habe ich ein kleine andauernde Erinnerung.
Temperatur heute: ca. 41° C. Wir gehen nun zu Fuß weiter. Schon von weitem erblicken wir auf geschätzten 200m Höhe Menschenmassen, die wie bei einer Schlittenpartie die gelben Sanddünen hinabsausen. Wie immer wird posiert und fotografiert. Ziel: der Mondsichelsee, der wunderschön im leuchtenden Sand liegt und als Oasenanlaufstelle seit alters her geschätzt wurde. Er wird unterirdisch durch einen Wasserlauf gespeist, der aus dem Schmelzwasser der Berge hier ankommt. Eine Pagodenanlage lädt zum Ausruhen ein. Aber das durch den Sand stapfen wird langsam richtig mühsam. Als wir am Bus ankommen, schaue ich in erschöpfte Gesichter. Ohne unsere Wasserflaschenvorräte ginge gar nichts mehr.
Nach dem Mittagessen dürfen wir uns in den kühlen Hallen einer neu eröffneten Eingangshalle zu einer weiteren UNESCO Weltkulturerbe-Stätte zwei Filme anschauen, die uns in die Geschichte dieses Ortes einführen: den Mogao-Grotten. Sie gehören zu den 3 größten Grottenanlagen in China, gelten aber als die schönste und am besten erhaltene. Zu den dreien gehören die Longmen Grotten, die wir ja auch vor ein paar Tagen schon bewundert haben.
In die Felsen wurden über verschiedene Dynastien hinweg (4.-12. Jh.) Höhlen geschlagen und in äußerster Kunstfertigkeit und Detailgetreue mit Buddhas, Bodhisattvas und Fresken bestückt, die das geistliche und alltägliche Leben darstellen. Aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage entdeckte man die Höhlen erst sehr spät, weshalb sie im Original zu bewundern sind, jedoch langsam eine Konservierung angegangen werden muss. Es gibt 492 von 1000 gut erhaltene Höhlen, wobei die Wandmalereien eine Gesamtfläche von 45 000 qm bedecken! Im 19.Jahrhundert dann wurden durch einen Mönch sensationelle weitere Entdeckungen gemacht: 50 000 Schriften und Dokumente aus dem 4.-11. Jahrhundert. Merkwürdige Wege führten die meisten nach London, wo sie heute im Britischen Museum zu finden sind.
In den steilen Felsen wurde u.a. der drittgrößte Buddha Chinas gemeißelt (34m hoch). Zu seinen Füßen erfasst mich Ehrfurcht. Das ist ein wirklich beeindruckender Anblick.
Heute sind wir gut 10 km zu Fuß unterwegs. Die Sonne laugt alle gewaltig aus. Daher freuen wir uns auf die Abendüberraschung: ein Barbecue in der Wüste Gobi.
Lily, unsere Reiseführerin führt uns zu ihrem Zuhause, wo uns ein heimisches Mahl erwartet. Wir sitzen draußen an einfachen Tischen, die Wüste unter unseren Füßen und ein wunderschönes Feuer vor den Augen. Wir können nicht glauben, dass uns das geschieht. Dann kommt Michaels Überraschung: er hat ein kleines Feuerwerk für uns organisiert und nun sitzen wir in der Wüste Gobi und erleben das Funkengestöber nur für uns! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Zu guter Letzt aber auch etwas Trauriges.
Seit über 2 Wochen sind wir 25 Menschen, bunt zusammengewürfelt, tagein tagaus miteinander unterwegs. Außer in den Nachtstunden sehen wir uns ununterbrochen, essen zusammen, trinken zusammen, lachen zusammen, singen zusammen, „leiden“ zusammen, staunen zusammen. Wir sind zu einem eingeschworenen, sich gegenseitig wohlgesonnenen Team geworden. Und heute Abend müssen wir Chris verabschieden, der wieder zurück nach Hamburg fliegt. Wir alle sind traurig und gerührt, denn er war ein Teil von uns. Alle spüren, dass der Abschied jetzt ein Loch in unser Gefüge reißt und hoffen, dass sich das bald wieder schließen wird. Gambei, Chris!
Ein weiterer denkwürdiger Tag auf unserer ungewöhnlichen Reise geht zu Ende.
Tag 19
An einem Frühlingstag betrunken erwachen (Tang-Dynastie)
Das Leben geht so wie ein großer Traum dahin,
Und sich darin zu mühn, weiß wer den Sinn?
Von morgens bis zur Nacht hab ich getrunken.
Faul bin ich an der Schwelle hingesunken.
Da blinzelnd ich erwach, dring aus dem Garten vor
Ein Vogelruf vernehmlich an mein Ohr.
Ich frag verschlafen, welche Zeit es sein,
Und flatternd ruft die Amsel mir zur Antwort: Mai!
O wie mich das bewegt und mir die Brust beengt!
Den Reiswein habe ich mir wieder eingeschenkt,
Den hellen Mond erwartend laut gesungen,
Den Seufzer schon vergessen, als das Lied verklungen.
Ein alter Traum von vielen ist es, einmal die Wüste Gobi gesehen zu haben. Wir nutzen heute genau diese Chance. Die Straße verliert sich am Horizont. Die weiten Sandebenen zu unserer linken und rechten Seite ebenfalls, werden nur gesäumt von Strommasten, die den Blick in die Ferne ein wenig beschneiden.
Walter berichtet über die Situation der Frau im alten und neuen China. Anschließend hören wir Michaels Sicht der Dinge aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrungen im Alltag. Es ist jedes Mal erfrischend und authentisch, ihm zuzuhören. Seit der Gründung der Volksrepublik China 1949 ist die Emanzipation gefördert und in der Verfassung verankert worden und weit vorangeschritten. Vor dieser Zeit waren Frauen keine eigenständigen und anerkannten Wesen. Männer achteten sie nicht als ebenbürtig. Ihre Ehefrauen wurden von den Eltern ausgesucht, Ehen arrangiert und dienten nur dazu, Kinder zu gebären. Suchten Männer echte Liebe, fanden sie sie vor allem in Freudenhäusern, in denen normalerweise arme Mädchen eine hervorragende Ausbildung erhielten, um den Männern zu gefallen (Kalligraphie, Go-Spiel etc.) und dadurch zu ebenbürtigen Partnern auf vielen Ebenen wurden - was den eigenen Ehefrauen verweigert war.
Da die Landschaft nun im Gleichklang an uns vorüberzieht, beschließen wir, uns einen chinesischen Film im Bus anzuschauen. Er beschreibt, passend zu unserem Thema, die Zeit aus den 70er bis heute: „Balzac“ (eine kleine Liebesgeschichte).
Mittlerweile fahren wir am Tianshan Gebirge vorbei. Schneebedeckte Gipfel in der Ferne.
Wir landen in einer weiteren Oasenstadt: Hami. Die Stadt, nach der auch die Hami-Melonen benannt sind, denn hier ist DAS Anbaugebiet der süßen Früchte. Köstlich.
Momentan bin ich von all unseren Eindrücken der letzten Tage sehr gesättigt und heute steht auch kein weiteres Programm an. Dennoch können wir auch vom Bus aus gut wahrnehmen, dass sich die Lebensart erneut deutlich sicht- und spürbar verändert hat.
Wir hören von Michael, dass wir die größte Provinz Chinas betreten haben, die nur ca. 25 Millionen Menschen beherbergt, aber deutlich von Unruhen mitgeprägt ist. Die Tankstellen an der Strecke sind mit Sicherheitsdraht und Barrikaden bestückt, Kontrollen werden zum Alltag. Der Eintritt ins Hotel funktioniert nur, indem wir unser Gepäck durch einen Sicherheitsscanner jagen.
Draußen überblicken wir vom Bus aus die Innenhöfe der ärmeren Vorgebiete. Einfachheit ist hier das allumfassende Stichwort. Zunehmend dann wohlhabende Fassaden und gepflegte kleine Parks. Wir sind hier faktisch in einer Oase und bestaunen den Grüngürtel, der sich durch die Stadt zieht.
Am Abend dann doch noch eine kleine außergewöhnliche Situation. Die Suche nach einer Bar haben wir eigentlich schon aufgegeben - bis wir den Tipp erhalten, doch in den Keller zu fahren. Die Aufzugstüren öffnen sich und unsere kleine Truppe steht in gleißenden Discolicht, empfangen von vielen Angestellten und Polizisten. Wir werden gescannt und in ein Séparée geführt, in dem es ebenfalls blitzt und blinkt. Vom Spiegelflur gehen noch mindestens 10 Zimmer ab. Wir sind irritiert, bis die beflissenen Angestellten die Fernseher einschalten - ahhh, eine Karaoke-Bar. Wir haben noch viel Spaß an diesem Abend ;-)
Tag 20
Wir machen uns auf ins Land des Feuers – den heißesten Ort Chinas: Turpan.
Wir wollen nicht glauben, dass uns dort bis zu 50°C erwarten könnten, denn der Himmel ist schwer behangen und als wir auf halber Strecke zum ersten Mal aussteigen, fallen vereinzelte Regentropfen auf unsere Haut!! Regen in der Wüste Gobi. Mehr und mehr verdunkelt sich auch die Wüste. Schwarze bis rostbraune Erde und immer mehr Hügelketten bis hin zu den nahe gelegenen prächtigen Gebirgssilhouetten werden von Mozarts Klaviersonaten tonal untermalt.
Immer mehr bewegen wir uns entlang der Seidenstraße in eine Gegend hinein, in der sich seit über 2000 Jahre eine Vielfalt an unterschiedlichen Ethnien begegnet sind und bis heute begegnen. Es gibt offiziell 56 Ethnien in China. Die größte mit 92% ist die der Han-Chinesen (bezieht sich auf die kulturprägende Han-Dynastie 206 v. – 220 n.Chr.). 47 der restlichen 55 Ethnien tummeln sich in dem Gebiet, in das wir nun hineinfahren. Obwohl die chinesische Regierung offiziell verankert hat, dass sie größtenteils ihre Traditionen und Riten beibehalten und pflegen dürfen, existieren große Unzufriedenheit und Missstimmungen auf beiden Seiten, die sich dann in Unruhen äußern. Tatsächlich werden nach jeder Maut-Stelle unsere Papiere und Pässe überprüft. Helme, Schutzschilde, Schlagstöcke etc. sind sogar in kleinsten Läden „drapiert“. Polizei und Kontrollen sind schwer präsent. Bis wir endlich in einem muslimischen Restaurant zum Essen kommen, haben wir im Park und im Restaurant jeweils eine Scanner-Station mit bewaffneten Polizisten passiert. Sogar die heiligen Hallen der inneren Harmonie werden von ihnen bewacht.
Die dominierende Ethnie um die Turpan-Oase herum ist das muslimisch geprägte Turkvolk der Uighuren, die
2/3 der Bevölkerung ausmachen. Turpan selber ist eine moderne Stadt. Die dazu gehörigen untergegangenen Ruinenstädte Jiahoe und Gaochang sind es, die unseren Michael geradezu ins Schwärmen
geraten lassen.
Jiahoe ist eine für die Zeit der Seidenstraße strategisch besonders günstig gelegene Stadt. Sie liegt erhöht auf einem malerischen Felsenplateau in ovaler Blattform. Wir sind überrascht. Schon
wieder ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes. Diesmal sind die Temperaturen über 41°C gestiegen und für alle besonders belastend. Brütende Hitze, kein Schatten. Niemand jedoch will auf diesen
Anblick verzichten, der verführerisch bei jedem Schritt neu herausfordert. Dicke Mauern, die nicht hochgemörtelt, sondern erst mit Erde und Gestein aufgehäufelt und dann tief in die Erde gegraben
wurden, säumen immer noch bestens erkennbar unseren Weg. Eine ganze Stadt liegt vor uns in ihren Ruinen. Wir besuchen den Tempel und das Haus der ehemaligen Generalität. Überwältigend! Grandios!
Wir haben die Stadt quasi für uns, denn es sind so gut wie keine anderen Menschen hier außer uns. Das blühende und stolze Jiahoe wurde im 14. Jahrhundert durch einen Krieg gegen die
Mongolen dann doch zerstört.
Wir spüren eine Veränderung an dieser neuen Stätte. Die Menschen wirken zwar immer noch freundlich, aber deutlich verschlossener, vorsichtiger in den Begegnungen mit uns.
Aufgrund der Informationen, die wir von Michael erfahren haben, können wir ein wenig ahnen, woher diese Grundhaltung stammt.
Wir lassen uns jedoch nicht verdrießen und schaffen es, eine Flasche Wein aus dieser Oase zu ergattern und in kleiner Runde zu verkosten. Das ist ja schon ein besonderer und sicherlich einmaliger Moment, Wein aus einem solchen Gebiet zu genießen! Wobei letzterer hier in großem Ausmaß angebaut wird. Immerhin liegt der Ort 80m unterhalb des Meeresspiegels!! Der beiliegende See 158m darunter! Überall sehen wir die Rebenanbauflächen und vor allem die dazu gehörigen, aus Ziegeln mit offenen Zwischenräumen erbauten Trockenhäuschen für Rosinen. Kilometerweit sind sie entlang der Straße nach Turpan aufgereiht.
Heute ist Dr. Hans-Wilm Schütte zu uns gestoßen, einer der am meisten gelesenen Sinologen, der uns die nächsten Tage bis an die chinesische Grenze begleiten wird.
Tag 21
Vom heutigen Tag bekomme ich nur wenig mit. Mich hat eine Schlafattacke erwischt. Weshalb nur bin ich so hundemüde? Ich schaffe es noch bis zum ersten Highlight und meinem Glücksmoment des Tages.
Die Besichtigung der zweiten Ruinenstadt Gaochang, die flächenmäßig noch bedeutendere Ausmaße annimmt als Jiahoe und in ihrer Blütezeit (Gründung in der Han-Dynastie; wie ihr bereits wisst: Anfang 206 v.Chr.) über 14 000 Einwohner beherbergte, liegt vor uns. Zwei Stadtmauern (innerer und äußerer Ring) sind noch richtig gut auszumachen, danach wird es mühsam, das massive Felsgestein Gebäuden zuzuordnen. Gut, dass wir aufgrund der Hitze mit Elektro-Shuttles durch den antiken Ort fahren, der ebenfalls zu den UNESCO Weltkulturerbe-Stätten gehört. Beim 2. Haltepunkt entscheide ich, im Shuttle zu bleiben. Unser junger Fahrer zieht daraufhin sein Handy hervor und lässt lokale Musik laufen. Endlich höre ich einmal das, was man hier musikalisch mag. Das erste Mal. Wir schlagen gemeinsam die Rhythmen und haben Spaß, nonverbal unsere Freude daran zu teilen. Hier sitzend und diese Klänge zu hören vereinfacht für mich das Hineinfühlen in die Kultur. Ich brauche das, denn nur Fakten anzuhören genügt mir bei einer Reise bei weitem nicht.
Bei unserem 3. Stopp raffe ich mich auf und folge der Gruppe zu den nächsten Ruinen. Kaum trete ich durch das Tor strahle ich. Unser junger Busfahrer sitzt auf einem alten Teppich und neben ihm zwei in teils traditionelle Kleidung gewandete Männer. Beide, ausgestattet mit einer Trommel und einem hiesigen Saiteninstrument, spielen ein altes Musikstück. Ich bin begeistert. Unser Fahrer fordert mich zum Tanz auf und ich mache natürlich mit. Wie ich mich freue, Leute!!! Wieder so ein Glücksmoment.
Wir fahren nun durch die abwechslungsreiche Landschaft der Oase und halten an, um uns die ungewohnte Methode des Weinanbaus zu Gemüte zu führen. Dabei werfen wir einen Blick in die Gebäude zur Trocknung der Rosinen, die in etwa 4 Wochen "reif" sind. Weinbau ist ein zukunftsträchtiges Geschäft, aber immer noch dominiert zu 80% der Rosinenhandel.
Danach aber geht nichts mehr. Weder begleitete ich unsere Leute zu den Grottenhöhlen (die eigentlich eine atemberaubende Geschichte haben) in den Flammenden Bergen, die ich gestern schon bewunderte, noch zum Museum, in welches uns Michael fakultativ eingeladen hat. Ich schlafe, schlafe, schlafe, anfangs noch quer im Bus, später im Hotel.
Erst am Abend bin ich wieder ansprechbar und verfolge mit großer Aufmerksamkeit dem Vortrag von Hans-Wilm Schütte, der die Entstehung und Entwicklung der Seidenstraße aus seiner Perspektive referiert. Gut, dass uns vieles schon bekannt ist. So lassen sich Fakten gelassen in ihre Zusammenhänge einordnen und neu hinterfragen, denn Namen, Zeiten und Geschehnisse sind sehr komplex.
Dennoch. Im Anschluss trifft Manfred beim chinesischen Bierchen in der Lobby einen deutschen Mitarbeiter von VW, der berichtet, dass der Autobauer gerade die größte Teststrecke der Welt im hiesigen Gebiet baut (Gesamtstreckennetz: 84 km). Seine zentrale Aussage: Hier ändert sich alles, nicht in Monaten, nicht in Wochen, täglich....
Tag 22
Gestern noch mit VW Leuten gesprochen und heute Morgen bereits die ersten Erlkönige vor unserem Hotel gesichtet. Spannend, was da wohl kommen wird. Wie wir erfahren sind die Nachfolger der Autos, die jetzt getestet werden und noch gar nicht auf dem Markt sind, bereits in der „Mache“.
Aber zurück zu unserer Reise:
Die Chinesen ehren bis heute drei höchste Errungenschaften in ihrer Geschichte: die Große Mauer, den Kaiserkanal und das Karez-Bewässerungssystem.
Letzteres zählt zu den Meilensteinen antiker Ingenieurskunst. Wir befinden uns in der dritttiefsten Depression der Erde und fragen uns natürlich, wie die Menschen hier mit Wasser versorgt werden. In einem Museum in der Stadt Turfan verfolgen wir, wie vor über 2000 Jahren dieses unterirdische Kanalsystem mühsam in die Felsen gemeißelt wurde. Die Menschen, die dies ohne große Hilfsmittel in täglicher Dunkelheit und Enge und permanent im Wasser arbeitend erschufen, wurden nie älter als 30 Jahre. Das original durch das Museum fließende Gewässer wird noch heute genutzt.
Aber wir müssen weiter.
Auf unserem langen Weg nach Korla ist die Umgebung immer dünner besiedelt. Plötzlich befinden wir uns im Gebirge. Von der kargen Wüste ins wüste Gebirge. Unwirtlich, felsig und schroff ragen die dunkeln Gesteine links und rechts von uns auf. Als wir kurz am Straßenrand rasten, hängt ein widerlicher Gestank in unseren Nasen. Beim Blick in den vor uns liegenden Abgrund erkennen wir abgekippten Müll und – diverse ausgewachsene tote Schafe, die einfach abgeworfen worden waren. Mitten im absoluten Nichts.
Eigentlich soll es eine kleine Zeremonie werden, wie wir uns auf dem Bus mit unseren Namen verewigen. Dies geht jetzt aber aufgrund der olfaktorischen Herausforderung sehr schnell. Erst im Bus gibt es einen Umtrunk: auf uns!
Rings um uns herum wird es tatsächlich noch unwirtlicher. Wir werden jedoch abgelenkt. Michael erklärt uns das chinesische soziale Versicherungssystem (Kranken-, Alters-, Arbeitslosenversicherung). Die Chinesen sind mit ihren Maßnahmen erst in den Anfängen (die Landbevölkerung beispielsweise hat diese Chance, sich zu versichern noch nicht), aber offensichtlich herrscht der Wunsch nach einem System, wie man es aus Europa bzw. Deutschland kennt.
Die Straße wird fast nur noch von langen vollbeladenen Lkw befahren. Wir passieren frisch geschorene Kamelherden. Langsam wird es wieder grüner. Korla kommt in Sicht, eine Stadt, die erst 1979 gegründet wurde und mittlerweile über 600 000 Einwohner beherbergt. Obwohl mongolisches Ursprungsgebiet leben hier ca. 60% Han-Chinesen. Sie siedelten sich aufgrund der großen Erdölfunde an, die dieser Stadt sichtbar zu Wohlstand verholfen haben. Zwar als Stadt mehr oder weniger gesichtslos erleben wir eine Prosperität, wie wir sie zuvor lange nicht mehr gesehen haben. Schmucke BEWOHNTE Hochhäuser, belebte Straßen, zuvorkommende Menschen, viele Autos verändern die Atmosphäre. Ich muss betonen, dass wir uns immer noch am Rande der Gobi-Wüste bewegen, abgelegen, heiß und ansonsten unbewohnt. Aber offensichtlich gibt das Wasservorkommen hier eine große Sicherheit für die Zukunft: der Boston See hat eine Länge von 800 km und führt somit einen scheinbar unerschöpflichen Wasservorrat mit sich.
Am Abend erobern ein paar Unersättliche das pulsierende Leben der Stadt.
Tag 23
Kucha ist das nächste Ziel, knappe 300 km entfernt; ca. 6 Stunden sind dafür veranschlagt.
Wir bewegen uns in einer eintönigen Wüstenlandschaft. Viele dösen vor sich hin, kleine Vorträge wechseln sich ab. Irgendwann muss eine Tankpause eingelegt werden. Hier erleben wir hautnah, wie es an allen Tankstellen zugeht. Die Busse dürfen nur leer und mit dem Fahrer hinter die bewachte und umzäunte Anlage fahren. Alles wird geprüft, während wir zum Ausgang marschieren.
Einige von uns nutzen dies zu kleinen Dehnübungen. Irgendwie wirkt das uneinheitlich, undefiniert. Kein Problem. Ein Einheimischer erbarmt sich und schon sieht die Sache doch ganz anders aus. Fast könnte man so bereits am nächsten öffentlichen Platz auftreten. Ich werde das gleich mal vorschlagen.
Ich habe den Eindruck, dass ein paar Herren nicht richtig ausgelastet sind. Sie versuchen sich in Gartengestaltung bzw. -Verschönerung. So lasst uns denn ein Bananenbäumchen pflanzen. Unzufrieden mit den zerrupften Plastikbäumen werden diese einfach neu bestückt. Ich glaube, unsere Männer sind ziemlich stolz auf ihre Arbeit...
Nach langer Fahrt endlich kommen wir zum nächsten Ziel, ebenfalls UNESCO Weltkulturerbe (ich weiß gar nicht, wie viele wir bisher besucht haben, ohne dass ich darauf aufmerksam wurde): die Klosterstadt Subashi, ebenfalls stark "ruiniert". Das wirklich schwer Beeindruckende an dieser Stadt ist das Hintergrundpanorama. Außer uns ist mal wieder kein Mensch vor Ort außer den beiden Wächtern, die es sich im Schatten bequem gemacht haben. So haben wir die Weite vor uns für uns. Es ist ein wunderbarer Anblick!
Dann fahren wir langsam in die Stadt ein, die sicher keinen großen Eindruck hinterlässt - jedoch die Erinnerung daran, dass wir noch nie so viele Polizisten gesehen haben. An jeder Ecke stehen sie schwerst bewaffnet, gepanzerte Fahrzeuge, Kontrollen, Umzäunungen, Straßensperren. Meinem Gefühl nach ist es gut, diese Stadt morgen wieder zu verlassen. Aber erst nachdem wir einen schönen Abend hier verbracht haben.
Tag 24
Wir verlassen Kucha. Stadtauswärts sind die tags zuvor passierten Straßensperren offen. Passanten ziehen gelassen ihrer Wege. Ältere Frauen tragen gerne durchscheinende zarte Kopftücher, von glitzernden Silber- oder Goldfäden durchwirkt, während jüngere höchstens hin und wieder ein schmuckes Käppchen zur Schau stellen, das aber ebenfalls unbedingt irgendwo durch aufgenähte Pailletten in der Sonne aufleuchten muss. Auch die Kleidung ist von fremdartigen ornamentreichen Mustern bestimmt.
Unser Ziel ist Kizilgaha („der Wohnsitz des Mädchens“). Das wird zum kleinen Abenteuer. Da sich die Straßensituation durch bauliche Maßnahmen gravierend verändert hat, fahren wir wieder zurück in die Stadt und nehmen eine ruckelnde Alternativstrecke durch Wohngebiete, die offensichtlich gerade in großem Stil abgerissen werden. Just am Ende der Straße dann eine kleine Überraschung: Einbetonierte Baustellenpoller verhindern unsere Durchfahrt. Das bedeutet: Rückwärtsfahren ist angesagt. Bravourös meistert Jens dieses diffizile Manöver. Nun bewegen wir uns auf vielen Seit(d)enstraßen weiter, stören unbeabsichtigt die Ruhe eines Friedhofes, überqueren rumpelnd ein Flußbett und gelangen dann an das letzte westliche bauliche Zeugnis der kaiserlichen Han-Dynastie vor 2000 Jahren, einen 13m hohen Signal- oder Wachturm, wie wir sie auf der ganzen Strecke schon vielfach gesehen haben; er diente einem System, welches mithilfe von Feuer- und Rauchsignalen (hergestellt aus getrocknetem Wolfsdung) speziell bei Bedrohungen durch feindliche Heerscharen Nachrichten übermitteln konnte.
Wir befinden uns im uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang.
Erneut erwarten uns spektakuläre Ausblicke. Wir durchqueren einen Nationalpark (Buddhala Landscape). Unglaublich bizarre Felsformationen, in leuchtenden Farbsegmenten erstrahlende mächtige Bergkönige werden überwunden, um von ausgewaschenen lehmfarbenen Hügelkuppen wieder abgelöst zu werden. Dann Weite, eingesäumt von Bergketten, im Hintergrund schneebedeckte Gipfel. Anblicke, wie sie mein Auge noch nicht gesehen hat.
Die Buddha-Grotten von Kizil lassen uns innehalten. Eine letzte Kurve – vor uns breitet sich ein atemberaubendes Tal aus. Das tief gefurchte Gebirge dahinter wirkt wie eine riesige, in nachdenkliche Falten quer gelegte Stirn. Unter einer schattenspendenden Pappelallee flanieren wir zu den Felsen, wo sich die Grotten in die Wand schmiegen. Viele entscheiden sich hinauf zu steigen, ich dagegen möchte lieber anderen geheimnisvollen Pfaden des Buddha folgen (vor allem deshalb, weil es verboten ist, den Fotoapparat mit hinauf zu nehmen). Und so entdecke ich, mutterseelenalleine, auf verschlungenen Wegen einen zauberhaften See, entdecke Fauna und Flora ganz für mich, breche cumarin-berauschenden Steinklee und schlage drei Mal die große schwere Glocke, deren voller dunkler Klang sicher hinauf zu den Grotten schwillt.
Nur langsam trudeln unsere Leute zum einfachen Mittagsmahl ein. Statt der einen Stunde, die Michael für den gesamten Besuch an diesem friedlichen Ort ankündigte, werden es fast 3 Stunden – ist für uns ok. Die Verursacher der Verspätung schulden uns heute Abend diverse Runden Flüssiges…
Wir fahren den gleichen Weg zurück, da uns verstärkte Straßenkontrollen (mind. 6-8) angekündigt werden und von hier aus weiter nach Aksu. Unterwegs ruft uns der „lachende Walter“ zu: „Der Läufer, der VW, da sind sie!!“ Diesen Erstgenannten, Kai Markus, mitsamt seinen Begleitern wollten wir eigentlich heute Abend an unserem Ziel im Hotel persönlich antreffen. Der Marathon-Läufer, der sich vorgenommen hat, die Strecke Hamburg – Shanghai zu Fuß zu erobern, wird aber leider leider auf der Gegenfahrbahn gesichtet, was bedeutet, dass er bereits weitergelaufen ist. Diesen Mann hätte ich zu gerne kennengelernt.
Michael erklärt nun, wie Wüstenboden halbwegs urbar und zu nutzbarem Ackerboden umgewandelt werden kann. Es dauert mindestens 3 Jahre, bis das Salz ausgewaschen und die Erde zur Bepflanzung bereit steht. 60% der Gesamtanbaufläche an Baumwolle befindet sich hier im Gebiet Xinjian. Saisonal müssen für die Ernte Wanderarbeiter angestellt werden(August/September).
Auf Nachfrage "übersetzt" uns unser immer ansprechbarer und hochgeschätzter Michael auch kurz die Bedeutung der chinesischen Fahne. Der größte Stern verkörpert die Partei. Die anderen vier jeweils die Arbeiter, die Bauern, die Intellektuellen und die „patriotischen Kapitalisten“. Wunderbar. Jetzt wissen wir auch das. Danach erhalten wir einen kurzweiligen und informativen Abriss über Maos Leben und Wirken.
Heute ist es spät bei der Ankunft in Aksu. Die Sonne beginnt zu sinken, als wir nach einer Odyssee hungrig neue kulinarische Genüsse von unseren Eßstäbchen knabbern und dann ohne weitere abendliche Aktivitäten erwartungsvoll dem neuen Tag entgegenschlafen.
Tag 25
Unser Küken Iris hat heute Geburtstag. Sie wird 41. Das wird beim rituellen mittäglichen Schnapsguss erstmalig gewürdigt, aber erst am Abend so richtig gefeiert werden.
Zunächst aber müssen wir zu unserer letzten (!) Station in China reisen: Kashgar. Wer glaubt, dass sieben Stunden Fahrt durch die Wüste langweilig seien, irrt gewaltig. Ständig wechselt die Landschaft. Rechts von uns fahren wir immer am Himmelsgebirge entlang, aber die Farben und Formen der Gebirgsformationen sind so unglaublich intensiv und vielfältig, dass man sich hier gar nicht satt sehen kann. Wendet man den Blick dann wieder nach links bietet die Wüste ebenfalls ständig ein neues Schauspiel: Salzkrusten, Erdspalten, verschiedene Sandfarben, grüne Sträucher, gelbe Sträucher, Gräber, Hügel, Seen und Pfützen soweit das Auge reicht.
Die Mittagsrast an der Autobahn gestaltet sich wieder lustig. Wir werden familiär empfangen und speisen erstmals draußen an der frischen Luft. Die Zubereitung des Essens durch den Koch (ein Albino) erscheint vielen hygienisch gesehen als etwas fragwürdig, deshalb verzichten sie. Ein paar von uns wagen es und wir werden geschmacklich nicht enttäuscht. Alles andere ignorieren wir, haben dafür aber viel Spaß miteinander. Ich liebe die wunderschönen Kindergesichter in diesem Land und freue mich über die beiden, die ohne Berührungsängste mit Augen, Gesten und Körpersprache lebhaft mit mir kommunizieren. Draußen steht ein riesiger Diwan - Günther probiert ihn aus. Ob hier die ganze Familie schläft? Oft schon beobachtete ich im Land, dass die Betten vor der Haustüre stehen und immer wieder lag auch der eine oder andere schlummernd oder dösend auf der Pritsche. Aber soooo überdimensioniert gab es das dann doch noch nie.
Der Abend wird zur größten Überraschung. Aksu hat uns ja so ein bisschen zurückgeworfen. Das Hotel, die Präsenz von Polizei und Militär, alles wirkte befremdlich und auch bedrohlich in diesem uighurischen Autonomiegebiet.
Nun aber die neue Gastgeberseite in Kashgar: das Radisson Blue wird von einem Deutschen geleitet, der sich wirklich auf uns freut und uns aufs Allerherzlichste bei einem kleinen Stehempfang zusammen mit in traditionellen farbintensiven Trachten gekleideten Mädchen und Jungs mit Tee und köstlichen Leckereien begrüßt. Sichtbar löst sich ein dicker Kloß der Anspannung und befreit gickeln und gackeln alle wie aufgedrehte Teenager.
Nachdem uns Herr Schütte noch einen seiner Vorträge vorgelesen hat, steigt beim Abendessen die Stimmung auf Höchstniveau! Das Essen ist hervorragend und wir feiern unseren Aufenthalt, Iris` Geburtstag und alles, was damit zusammenhängt; wer hat je gleichzeitig ein Geburtstagsständchen auf Chinesisch, Polnisch, Schwyzerdütsch und Deutsch bekommen? Fatal allerdings ist die Flasche Korn, die das Haus unserem Tisch spendiert. Danach gibt es offensichtlich kein Halten mehr. Ich trinke das Zeug nicht gerne, merke aber vor lauter fröhlichen Wortgefechten gar nicht, dass ich es doch tue, denn das Glas ist immer voll – das kommt mir irgendwie bekannt vor. Es ist im Nachhinein peinlich, aber wir ziehen tatsächlich mit einer Polonaise durch das große Hotel hinaus in den lauen Abend und feiern unser großartiges Team. Danke, Gudrun, für den weisen Spruch, den du uns unten bei Kommentar 32 mit auf den Weg gegeben hast. Ich jedenfalls habe ihn heute geflissentlich beherzigt. Der Abend wird zum schönsten auf unserer China Reise.
Tag 26
Gastbeitrag Manfred Kennel
Mit einem grandiosen Blick über Kashgar, dem Melting Pot auf der Seidenstrasse wachen wir auf.
In Kashgar kreuzen sich die südliche und die nördliche Route um die Taklamakanwüste.
Mit verschiedensten Ethnien und Religionen ist hier ein mit fast 600 000 Einwohnern bevölkertes Stadtgebiet entstanden, was abwechslungsreicher nicht sein kann. Geprägt sind die Gesichter weniger
vom chinesischen sondern vom zentralasiatischen Einschlag. Auch die Bauten sind mittlerweile stark muslimisch geprägt. Wir sind hier jetzt wirklich im Zentrum Asiens. 200 km nach Afghanistan, 200
km nach Pakistan zum Karakorum-Highway und 100 km nach Kirgistan, wo wir in zwei Tagen hinreisen werden.
Unser erster Besuch in Kashgar gilt dem sonntäglichen Viehmarkt. Es ist eine Reise in die Vergangenheit. Schon immer habe ich mir gewünscht, mittels einer Zeitreise ins Mittelalter zu kommen.
Heute scheint es tatsächlich gelungen zu sein, die Hürden der Zeit zu überspringen. Esel, Ochsen, Stiere, Hammel und Ziegen werden hier feilgeboten, zum Teil direkt geschlachtet und zu Spießen
präpariert, vor Ort gegrillt und wieder verspeist. Die kläglichen Reste zeugen von direkter Vermarktung. Allein auf diesem Markt habe ich bestimmt 200 Photos gemacht. Ich bin wirklich tief in
diese andere Welt eingetaucht und Fragen stellen sich wie „wie lange wird es dauern bis unser gewohnter Standard einkehrt und wird dieser Standard überhaupt gebraucht?“ Es wird gefeilscht,
gegessen und zusammengesessen. Alles ist extrem lebendig.
Dann geht es zur Moschee und zum Grab der duftenden Konkubine, wo sich der Baustil wieder ändert und sich indische Tendenzen zeigen. Die großflächig
angelegte Grabstätte strömt Pietät und eine ruhige Gelassenheit aus. Und schon naht der andere Kontrast : Sonntagsmarkt!
Ein riesiger !!!, wild wuselnder Marktplatz mit mehr als 10 000 Verkaufsständen aller Art, von Essen, Kleidung und eigentlich gib es hier alles…. Ich erstehe ein schönes weißes Baumwollhemd,
welches mit seinen langen, aber weiten Ärmeln ideal für die Wüste ist. Bei einem extrem geringen Preis traue ich mich hier nicht einmal zu verhandeln und das will bei mir etwas
heißen.
Und weiter geht es in die Altstadt. Wieder anders. Geschäft neben Geschäft, aber nicht Geschäfte wie wir
sie kennen, eher Verkaufsbuden in Häusern. Die Altstadt beginnt mit einer Hufschmiede, wo ein Pferd in einem Tragegestell hängt und beschlagen wird. Danach scheint es froh zu sein und zieht einen
schweren Wagen voller neuer Kraft aus der Altstadt.
Wir alle sind geschafft von den Eindrücken und kehren nach kurzem Altstadteinatmen in den Bus zurück. Die eigentliche tiefere Besichtigung sparen wir uns für morgen.
Es geht ins Hotel und den Abend lassen wir ruhig in einem rustikalen Lokal in der ehemaligen britischen Botschaft ausklingen.
Tag 27
Nach einem wundervollen Sonnenaufgang in der Wüstenstadt Kashgar wissen wir: der heutige Tag ist unser erster, den wir frei nutzen können. Also bestellen wir uns individuell ein Taxi, um uns erneut in den alten Stadtkern bringen zu lassen. Da wir fast keine Yuan mehr besitzen, gehen wir zu einer schwerstbewachten Bank, um ein letztes Mal Geld einzutauschen. Diese ist voll von wartenden Menschen. Als wir eintreten wandern alle Blicke auf die Langnasen. Zwei Polizisten führen uns sofort zum Schalter und alle Wartenden begleiten uns mit einem Lächeln. Geld bekommen wir trotz der Vorzugsbehandlung keines, da man hier nicht tauscht. Also werden wir zur gemütlich eingerichteten Touristeninfo der Stadt geschickt, wo wir sofort mit einem Kaffee begrüßt werden, Geld wechseln können und entspannt mit den sehr freundlichen Menschen „quatschen“, um in Michaels Wortschatz zu bleiben und frisches Obst kosten dürfen. Erste Hürde in dieser trubeligen Stadt genommen.
Dann das Eintauchen in der Altstadt. Eine Straße zu überqueren geht fast nur unterirdisch, unter der Straße hindurch. Dort steht bereits wieder Polizei, das Gepäck muss durch den Scanner, wir auch, alles zur Prävention und Terrorabwehr. Es ist Mittagszeit und daher sitzen nur wenige Menschen vor den Türen. Dies allerdings sehr entspannt. Immer wieder gibt es kleine Begegnungen, Lächeln, Fotowünsche, alles sehr zurückhaltend, aber äußerst freundlich und mit verhaltener Neugierde und gegenseitigem Bestaunen. Die permanente Präsenz bewaffneter Polizisten an allen Ecken ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig und lässt viele Fragen unbeantwortet offen. Die Beobachtung und Kontrolle von allen ist hier omnipräsent.
Dennoch ist das Eintauchen in diese Welt für uns DIE Gelegenheit, auf Tuchfühlung zu kommen, Begegnungen zu haben, individuelle Eindrücke zu erhalten, das Verhalten der Menschen zu spüren, Gerüche einzuatmen, Handwerkskunst anzufassen, eine Ahnung vom Leben hier zu bekommen – und nicht nur durch die Scheiben zu schauen und dieses Leben vorbeirauschen zu lassen. Innehalten ist jetzt definitiv unsere persönliche Devise.
Ins Hotel zurück zu kommen ist etwas beschwerlich, denn die Stadt ist voller Taxis, die aber alle belegt sind. Das Vorankommen ist bei den hiesigen geringen Taxikosten auf diese Art und Weise die bequemste Methode. Bis wir jedoch ein leeres Auto finden, sind wir ein paar Kilometer herumgeirrt. Die Zielangabe kann nur auf Chinesisch erfolgen; gut, dass wir die Visitenkarte vom Radisson Blu dabeihaben, sonst wären wir jetzt noch unterwegs.
Heute essen wir im Haus zu Abend. Barbecue ist angesagt, aber wir werden zuerst an lange Tische geführt. Überraschenderweise ist der Kulturbeauftragte der Stadt Kasghar zu Besuch bei uns und hält eine kleine Willkommensrede. Danach wird die vor uns abgetrennte Bühne belebt: Angestellte von Peter, dem Hotelleiter, beherrschen perfekt die Kunst der traditionellen Tänze der Gegend und der Nachbarländer (wie z.B. die kirgisischen oder usbekischen Tänze), die sich in ihrer Dynamik doch stark unterscheiden. Auch hoch professioneller Gesang und Musik auf den heimischen Saiteninstrumenten beglücken unsere Sinne.
Danach führen uns die jungen Tänzer hinaus auf die Terrasse, wo uns das angekündigte Barbecue erwartet. Selbstgemachte Würste (aus Peters Küche), Fleischspieße und viele, auch deutsche Köstlichkeiten, lassen die meisten Augen aufleuchten. Ich selber bin begeistert von meiner ersten Kamelmilch im Leben, die sehr mild und geschmackvoll die Kehle hinabrinnt. Die Kamelmutter, die direkt neben uns weidet und immer wieder etwas unruhig Schabernack mit uns treibt, ist darüber vielleicht ein bisschen sauer. Sie hätte es womöglich gerne ihrem Jungen angeboten, welches immer wieder nach dem Euter sucht...
Nun ist jedoch der Moment gekommen, wo wir wieder jemanden aus unserer Gruppe verabschieden müssen. Der letzte Abend in China bedeutet auch: letzter Abend für und mit Michael. Klaus findet schöne Worte, um unseren wunderbaren Guide, der uns allen ans Herz gewachsen ist, der alle unsere Fragen immer beantwortet hat, der uns in das historische und moderne China aus seiner Sicht und gespickt mit persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen einführte, der sich rund um die Uhr professionell um unsere Wünsche und Bedürfnisse gekümmert hat, der Probleme, sobald sie auftauchten, sofort löste, der immer häufiger im Laufe der Reise auch einen trockenen Witz auf den Lippen hatte und uns damit herzhaft zum Lachen bringen konnte, hochleben zu lassen. Es ist ein rührender Moment, den Michael gemäß seiner Art mit Humor auflöst.
Anschließend formuliert Hanne unsere gemeinsame Entscheidung, ihn nach Deutschland einzuladen, wo er von Eckernförde bis zum Bodensee, ja sogar bis nach Österreich bzw. die Schweiz gastfreundliche Aufnahme finden wird und hier die deutsche Lebensart kennenlernen kann. Denn das fehlt ihm noch, ihm, der die deutsche Sprache bis ins Feinste, bis in situativ passendste Sprichwörter hinein perfekt beherrscht, ein Aufenthalt in Deutschland. Hoffentlich sehen wir dich im Mai, Michael! - Ja, ja!
Tag 28
Gedankenverloren machen wir uns auf den Weg Richtung Grenze. Gute vier Wochen hielten wir uns nun in China auf, dem
Land der Gegensätze und Kontraste. Ich muss gestehen, dass ich noch nicht beurteilen kann und möchte, was ich von all dem, was ich hier erlebt habe, halten soll. Wir sind immer noch unterwegs und jeden Tag kommen ununterbrochen neue Eindrücke auf mich zu. Es ist jedenfalls viel Wehmut vorhanden, denn es war ein wunderbares Land!
Wir nähern uns nun der Grenzstation. Grenzstation? Grenzstationen! Insgesamt passieren wir während einiger Stunden 7 langwierige Pass-, Personen- und Gepäckkontrollen. Das Procedere ist nervtötend, da man nie weiß, was kommen wird und wie lange es dauert. Aber wir waren vorgewarnt. In unserem Road-Book steht jedenfalls: Zöllner sind immer nett, Polizisten haben immer Recht :-) Die weite Landschaft ist karg, zerklüftet, rauh und unbewohnt. Wir werden das Land nun verlassen - Zaijan, schönes China!
Wir nähern uns jetzt Kirgisistan. Direkt an der Grenze werden wir von unseren neuen Guides gut gelaunt empfangen: Gülsad und Irina. Nach diesmal nur 3 überschaubaren Grenzkontrollstationen fühle ich mich, als hätte ich, nachdem ich die Tür von China hinter mir geschlossen habe und die neue Türe öffne, eine anderen Welt betreten.
Zwar ist es relativ spät, aber wir blicken wie gebannt auf die neue Landschaft vor uns. Im Hintergrund steigt das Pamir-Gebirge majestätisch mit seinen schneebedeckten Gipfeln über 7.000m auf, während davor saftig grüne Grasflächen sich bis zum Fuße der Berge sanft ausdehnen. Pferde grasen in Horden im Hintergrund, Jurten sind nicht weit davon versprengt, kleine Familien sitzen davor. Es ist unwirklich schön.
Unsere beiden Guides verführen uns aber auch mit ihren Lobpreisungen über das Land, welches zu 95% aus Gebirgen besteht. Besonders glücklich sind wir aber, als wir tatsächlich in Sary-Tash ankommen, dem Ort, der sich aus einer Nomadensiedlung heraus entwickelt hat und an dem wir am Abend auf einem Matratzenlager schlafen werden.
Wie jetzt, sind wir eventuell in der Zeit verrutscht? Sagen wir so etwa 100 Jahre? Wären da nicht hin und wieder die Autos in den Hinterhöfen, würden wir es sofort glauben. Wir werden freundlich in einer Jurte empfangen, die mit weichen Teppichen aus bestickter und gefilzter Schafwolle ausgeschmückt ist, alles in den warmen Tönen aus roten und gelben Pflanzenfarben. Wir sitzen gemütlich auf der Erde und schauen den Frauen zu, die in ihren Trachten darstellen, wie eine traditionelle Hochzeit vonstatten geht. Begleitet von ihren Worten verwandelt sich ein junges Mädchen in eine Braut. Es werden 40 Zöpfe geflochten (durchsetzt mit 40 Silberringen), welche ihre Jungfräulichkeit demonstriert. Als Braut sind es nur noch 5 Zöpfe, während man die verheiratete Frau an nur noch 2 Zöpfen erkennt. Die Braut erhält vor unseren Augen ihren Kopfschmuck bis hin zu dem Moment, wo sie hinter einem von der Schwiegermutter bestickten Vorhang ihren Bräutigam empfängt. Anschließend erklären uns die Kirgisinnen anhand einer bereitgestellten Wiege, wie sich die Riten um die Vorbereitungen für das kommende Baby gestalten. Ob Knochen oder Schere – alles, was erst einmal ins Bettchen gelegt wird hat seine Bedeutung. Der Abschluss der Demonstration ist der Vortrag eines Wiegenliedes von der anwesenden Oma.
Während wir fasziniert das Jurtenfeeling genießen, bereitet der Rest der Familie das Abendessen vor. Wieder andere Genüsse: eine sehr gute heiße Nudelsuppe bereitet uns auf den Hauptgang vor. Der Gemüseteller schmeckt so sehr, dass nur noch wenige die extra vorbereiteten Fleischspieße packen. Wir verlassen das kleine Zelt nun, um endlich ein weiteres Highlight zu genießen: einen ungetrübten Sternenhimmel bis tief in die Milchstraße hinein, den man in unseren Weiten aufgrund der umgebenden Stadtbeleuchtungen gar nicht mehr zu sehen bekommt – höchstens manchmal bei uns im Garten am Bodensee ;-)
Bevor wir unser Massenlager aufsuchen, nochmals der letzte Gang zum Abort – ja, auch das muss hier einmal angesprochen werden. In den westlich geprägten Hotels haben wir natürlich nie hinterfragt, ob die Welt sich diesbezüglich draußen verändern könnte, wurden aber gleich hinter Shanghai mit genau diesen Realitäten konfrontiert. Michael hat uns oft auf diese heiligen Hallen der inneren Harmonie aufmerksam gemacht, denn manchmal empfahlen sie sich nicht unbedingt für den Gebrauch. Gerade am Anfang war es gewöhnungsbedürftig, dass sich die Menschen ohne Scham und ohne die Türen zu schließen über die „Löcher“ in den gefliesten Böden hockten, um ihr Geschäft zu erledigen. Am Anfang gab es noch Toilettenpapier, recht bald aber nicht mehr – das brachten wir dann selber mit, um es dann im beigefügten Eimer zu entsorgen. Per Fußtritt auf eine Pedale konnte man Wasser nachspülen – später irgendwann dann immer häufiger nicht mehr. Irgendwann dann gab es auch keine einzelnen „Löcher“ mehr, sondern breite Schächte, die sich quer durch alle Toiletten gleichzeitig zogen. Wer am Beginn des Schachtes stand, hatte es recht gut, denn am Ende konnte es passieren, dass jemand vorne den Wasserabzug betätigte und das ganze Geschäft, welches andere hinterlassen hatten, dann direkt unter einem vorüber rauschte.
Soweit so gut. Hier in diesem Dorf also ein ganz normales Plumpsklo… Danach ziehen sich alle auf ihre Matratzen zurück. Ich vermute, dass es dicke Schaffellteppiche sind, denn es ist warm und gemütlich, genauso wie die schweren dicken Decken, die über uns liegen und bei der großen Kälte draußen perfekt wärmen. Wir schlafen nun in 3.200m Höhe eingemummelt und wohlig in einem kleinen kirgisischen Dorf bei wunderbaren kirgisischen Gastgebern zufrieden ein.
Tag 29
Der Morgen beginnt gegen 5 Uhr. Manfred und ich stehen auf, um zu erleben, wie der zweithöchste Berg des Pamir-Gebirges, der schneebedeckte Pik Lenin mit seinen 7.134 m von der Morgensonne in Gold getaucht wird. Wir laufen eingehüllt in wärmende Kleidung hinaus in die Weite und Stille dieser einzigartigen Umgebung. Die Kühe, die hier auf den Wiesen übernachten, erheben sich langsam oder werden hinausgetrieben. Es ist ein Ort der Kraft und des Friedens. Wieder einmal berührende und unwiederbringliche Momente dieser Reise.
Nach einer Katzenwäsche und einem einfachen Frühstück in der Jurte begeben sich alle frohgemut und in heiterer Stimmung in den Bus. Unsere Guides gewinnen unsere Herzen mit den begeisternden Lobpreisungen ihres Landes. Sie berichten von der politischen Situation und den Lebensumständen der Kirgisen. 70% leben noch von der Landwirtschaft, aus einem sehr fruchtbaren Boden, der auch eine reiche Pflanzenvielfalt hervorbringt. Als Beispiele nennen sie dicht bewachsene weite Edelweiß-Wiesen, 3 Wacholderarten, die wir selber bewundern können und die sich vor unseren Augen bis zum Horizont über die Hügel ausdehnen, aber auch die endemische Mond-Blume, die als heilige Pflanze verehrt wird. Tatsächlich hat der Schamanismus bei den Kirgisen in frühen Zeiten eine wichtige Rolle gespielt, heute jedoch durch zunehmend muslimische Glaubensbekenntnisse abgelöst wird.
Ein wichtiger Erwerbszweig sind neben Gold als Abbauprodukt (in Zusammenarbeit mit Schweden) die Arbeit mit Tieren. Wichtig sind insbesondere Pferde, denen wir überall weitverstreut einzeln oder in Herden begegnen. Wunderschöne Tiere grasen dort frei und werden gerne für die gesunde Stutenmilch gezüchtet, die oft für Heilzwecke eingesetzt wird. Aber auch die berühmten Nomadenspiele werden häufig thematisiert, da sich hier im Land alle 2 Jahre die ganze Welt versammelt, um an den traditionelle Reiterkämpfen teilzunehmen.
Kirgisistan ist ein armes Land, laut unseren Guides aber ein stolzes und zufriedenes Volk. Das Einkommen beträgt durchschnittlich bei Ärzten und Lehrer (die allerdings tendenziell eher schlecht verdienen) ca. 300 Dollar. Kinder sind wichtig, da sie quasi eine Altersvorsorge darstellen. So muss grundsätzlich der jüngste Sohn bei den Eltern bleiben, um sie später zu versorgen. Das wird so akzeptiert. "Altersheime sind für uns eine Schande" sagt Irina.
Unterwegs beschenken uns Gülsad und Irina mit traditionellen Gaben: die Männer erhalten die typische kirgisische Filzmütze, wir Frauen eine handbestickte kleine Filztasche. Wir sind überrascht und nehmen diese Gastgeschenke erfreut an. Die Männer erfahren, dass sie diese Mützen niemals verschenken dürfen, denn es zeigt, wie wert man geschätzt wird, wenn man eine solche Gabe erhält. Stolz präsentieren sie sich damit in 3615 m Höhe auf dem Taldyk-Paß.
Bald gelangen wir nach Osh, einem alten Handels- und Umschlagsplatz der alten Seidenstraße. Wir machen Rast und genießen ein typisch usbekisches Mittagessen mit Salat als Vorspeise, einer köstlichen Suppe und dann Reis mit Fleisch als Hauptspeise. Osh liegt bereits an der Grenze zu Usbekistan. Also verlassen uns hier unsere beiden sympathischen Fachfrauen, die uns so viel Wissenswertes so lebendig nahegebracht und dieses Land zu lieben gelernt haben.
Unerwartet schnell erledigen wir mit ihrer letzten Hilfestelle die Passkontrolle. Dann aber, kaum dass die Gruppe den Grenzzaun in der sengenden Sonne hinter sich gebracht hat, beginnt das Desaster. Eigentlich warten wir ja nur noch auf unseren Bus...
Ab jetzt jedoch tut sich gar nichts mehr. Wir stehen im wahrsten Sinne des Wortes im Staub von Usbekistan. Niemand hat etwas mit sich herüber gebracht, weder Pass, noch Wasser, noch Handy oder sonst irgendeine Ablenkung. Zusammengedrängt stehen wir auf einem schmalen Schattenstreifen, die Hitze streift die 40° C Marke. Plötzlich ein Hallo: unsere neue Reisebegleiterin Christina aus Usbekistan ist eingetroffen. Endlich jemand, der uns sprachlich eventuell aushelfen kann. Aber auch sie richtet nichts aus. Unsere Busse kommen und kommen nicht. Sie stehen jedoch mittlerweile hinter dem Zaun im Niemandsland. So warten wir fast 6 Stunden, bis das ersehnte Hupen ertönt. Holger hat es endlich geschafft. Wir auch, wir sind auch geschafft und zwar restlos. Erschöpft lassen wir uns nun nach Fergana ins Hotel transportieren, wo wir kurz duschen (leider nur kalt), kurz speisen und dann trotz der harten Matratzen schnell und traumlos einschlafen.
Tag 30
Ein Schwerpunkt des Fergana Gebietes im Osten Usbekistans ist der Anbau von Baumwolle und die Seidenherstellung. So besuchen wir heute in der Stadt Margillan eine Werkstätte, die bei der Verarbeitung der Seide alle Schritte unter einem Dach vereint.
In China haben wir den Lebenslauf einer Seidenraupe bereits verinnerlicht, verfolgen hier nun erneut das händische Abspulen des Seidenfadens vom Kokon, das Verspinnen von mindestens 7 Fäden auf eine Spule, das Kochen und Verarbeiten, das Färben (teilweise auch noch mit Pflanzenfarben), das Weben, das Knüpfen, das Besticken, das Verarbeiten, das Verkaufen. Es sind hier 150 Mitarbeiterinnen beschäftigt, zusätzlich noch 100 Heimarbeiterinnen. Die Frauen arbeiten entweder an alten Webrahmen oder an - ebenfalls uralten - Maschinen in einer Werkshalle, bei der deutsche Behörden verzweifelt alle Hände vors Gesicht schlagen würden. Dennoch herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre, die mich verwundert. Wunderschön geschmückte und mit einfallsreicher moderner Kunst verzierte Häuser laden mit ihren offenen Türen zum willkommenen Besuch ein; freundliche Menschen, die uns frisch gepflückte und gewaschene Trauben anbieten, stehen für Fotos jederzeit zur Verfügung. Wie gerne würden wir auch hier verweilen, aber eine rabiate Christina scheucht uns weiter zur nächsten Station: Ristan.
Hier leben viele landesweit bekannte Töpfer, da der Lehm der Umgebung eine hervorragende Verarbeitung erlaubt. Hinter verzierten großen Holztoren erwartet uns einer der besten Meisterwerkstätten des Fergana Tales (der Meister selber hält sich gerade in Santa Fé auf). Eine langgestreckte gedeckte Tafel fällt als erstes ins Auge, denn hier sind wir auch zum Mittagessen auf eigens gearbeitetem Geschirr eingeladen. Die Atmosphäre vor Ort ist sehr entspannt. Wir sind umgeben vom typischem Design des Tales und dürfen uns nun auf eine kleine Vorführung freuen. Auch hier verfolgen wir alle Arbeitsschritte vom Töpfern übers Bemalen und Fertigstellen der Produkte. Die Handwerker arbeiten mit speziell gefertigten spitzen Pinseln und besonderen Farbzusammensetzungen in hochkonzentrierter Stille und Geduld. Viele Arbeitsschritte sind nötig, um das weltweit gehandelte Produkt erstehen zu können.
Die Hitze macht uns mehr und mehr zu schaffen. Das Thermometer turnt gerne um die 40° C auf und ab. Am Abend feiern wir in einem saunaähnlichen Innenhof dann einen Geburtstag. Hans wird 72 Jahre und schmeißt die Runden, wie er angekündigt hat. Was wir nicht wissen: das muslimische Haus hat normalerweise keinen Alkohol im Haus. Unser Guide hat also extra für die Gruppe Bier vorbestellt. Insgesamt 12 Flaschen! Als mehr geordert werden, machen sich die Angestellten heimlich auf den Weg, um noch schnell in der Nachbarschaft einzukaufen und uns dann unbemerkt aufzutischen. Es stehen nun natürlich unterschiedliche Sorten auf den Tischen. Wir sind sehr gerührt von einer derartigen Gastfreundschaft!
Tag 31
Heute beginnt eine Reise ins Unbekannte, etwas wild und abenteuerlich.
Wir müssen den Bus verlassen und gleich morgens in 9 Autos umsteigen, je 3 Personen. Gepäck verbleibt im Bus, Pässe beim Guide. Wir fühlen uns unseren Fahrern ausgeliefert. Zwar wurden wir schon vor der Reise auf diese Auflage vorbereitet, aber warum und wieso ist bis jetzt vollkommen unklar. Natürlich wird viel spekuliert: ist dies eine Vorsichtsmaßnahme, um terroristische Eingriffe seitens der Islamisten zu verhindern oder hat man hier eine neue Einnahmequelle für sich entdeckt?
Ich selber genieße es, endlich einmal auf die Klimaanlage im Bus verzichten, und mir den warmen Fahrtwind um die Nase streichen lassen zu können, sehr.
Unsere erste Station ist die nicht mehr genutzte, aber schöne große Dschuma-Moschee in Kokand, welche einst 10.000 Gläubige fasste und durch ihre einzigartig geschnitzten Holzsäulen, die von einer durchdachten Symmetrie angeordnet sind, fasziniert.
Gleich danach fahren wir im Konvoi zu einem der letzten islamischen Großbauwerke, welches erst 1870 vollendet und bereits 5 Jahre später wieder verlassen wurde: der Palast von Kokand. Wir haben die Gelegenheit, das Innere zu besuchen und stehen im Museum erneut vor einer dieser Babywiegen, die wir bereits in Kirgisien in der Jurte kennengelernt haben. Nun hören wir nach den Lobpreisungen der Kirgisinnen die anderen Seite dieser kleinen Fesselanlage kennen.
Kurz nach der Geburt wird das Kind dort eingebunden und nur sehr selten wieder herausgenommen. Arme und Beine sind eng an den Körper angelegt, so dass es sich nie frei bewegen kann. Für das kleine Geschäft werden sowohl den Mädchen als auch den Jungen aus Holz geschnitzte Röhrchen an bzw. in die Genitalien eingeführt, um den Urin in das Töpfchen einzuleiten, welches in die Matratze eingearbeitet ist und jederzeit geleert werden kann. Das gleiche gilt für das große Geschäft. Soll das Baby gestillt werden, zieht die Mutter die komplette Wiege zu sich heran und lässt sie nach dem Stillen wieder los, hat also so gut wie nie echten Körperkontakt zu ihrem Kind. Der Vorhang um das Bettchen ist quasi immer zugezogen. Das Kind liegt permanent in einer dunklen bis halbdunklen Höhle - Tag und Nacht mindestens 1 Jahr lang! Man kann bei den Kindern natürlich körperliche Degenerationen feststellen, schwach ausgebildete Muskulatur und flache Hinterköpfe; diese Methode der "Aufbewahrung" von Kleinkindern ist jedoch so fest in den Traditionen verankert, dass sie auf dem Land und zum Teil noch in der Stadt üblich ist.
Nun beginnt eine fünfstündige wilde Fahrt über den Kamchik-Pass an der Grenze zu Tadschikistan. Autofahren bedeutet hier: wer bremst hat schon verloren bzw. Mindestabstand zum nächsten Auto: höchstens 1 m! Atem anhalten nützt nix. Wir vertrauen einfach darauf, dass alles gut geht. Spannend wird es wieder bei den bewachten Tunnels, bei denen wir mehrfach gewarnt werden: Nicht fotografieren! Naja, wer will schon in einem Tunnel fotografieren. Aber komplett vermummte Polizisten sind auch nicht ganz vertrauenserweckend. Nach einer weiteren Polizeikontrolle haben wir es dann am Abend geschafft.
Wir sind alle restlos geschafft. So ein Tag zerrt an den Nerven. Wir sehnen uns nach einem entspannten Moment und werden tatsächlich reichlich belohnt. Wir erhalten ein Upgrade und dürfen in das 5 Sterne Hotel Hyatt einziehen, welches erst ca. 1 Jahr alt ist. Aber auch dort hören die Gefühlsschwankungen nicht auf. Wir müssen uns nämlich von Barbara verabschieden, die mit ihren 82 Jahren und ihren beiden amputierten Unterschenkeln nun endgültig an ihre Grenzen gekommen ist und zurückfliegt. Tapfere Frau - wir sehen uns in Berlin wieder!
Dann begrüßen wir in unserer Runde eine neue Mitreisende: Birgit Brauer, eine hervorragende Expertin im Bereich Zentralasien, wo sie 18 Jahre lebte und als Korrespondentin für die renommiertesten Zeitungen schrieb und schreibt.
Wo beenden wir unseren Tag? Auf der Dachterrasse im Hyatt. Großartige Atmosphäre, Chillout-Musik, allerbestes Ambiente. Ist doch alles noch mal gut gegangen...
Tag 32
Tag 33
Heute streike ich - Samarkand überwältigt mich. Meine Sinne kann ich nicht mehr beieinander halten, deshalb hier ein usbekisches Märchen:
Tag 34, 31. Juli 2017
Rumi
Wie ich die Liebe auch erklären will –
Komm ich zur Liebe, schweig ich schamvoll still.
Erklärung mag erleuchten noch so sehr,
Doch Liebe ohne Zungen leuchtet mehr.
Die Feder eilt im Schreiben, kaum zu halten –
Kommt sie zur Liebe, muss sie gleich sich spalten.
Verstand der deutet: Esel im Morast!
Die Liebe wird nur durch die Lieb erfasst.
Nach 278 km, und wegen der Straßenzustände und der Harmonie-Pausen insgesamt 6 Stunden Fahrt, erreichen wir endlich die 3000 Jahre alte Stadt aller Träume: Buchara.
Links und rechts der Straße sehen wir ausgedehnte Baumwollfelder, die gerade in der Blüte stehen. Baumwolle ist ein einjähriges Malvengewächs, welches nicht nur zur Herstellung von Stoffen genutzt wird. Die Blütezeit ist gerade jetzt in vollem Gange, sodass wir die mehrfarbigen Blüten, die am Ende jedoch alle die weißen Samenfasern hervorbringen, auf der ausgesprochen holperigen Straße bewundern können. Dann ab August beginnt die Pflückung, wobei 70% mit der Hand und 30% maschinell geerntet werden.
Birgit wirft ein, dass in Usbekistan lange Zeit Kinderarbeit in den Feldern Usus war. Aufgrund internationaler Proteste und Sanktionen wurde diese dann verboten. Human Rights Watch fand heraus, dass dieses Verbot fleißig missachtet wurde/wird und Überwachung der Einhaltung des Verbotes leicht umgangen werden können, da die Regierung immer weiß, wann und wo Kontrolleure unterwegs sind, da diese sich immer anmelden müssen. Betriebe sind dann jeweils vorgewarnt.
Alternativ schickt man zur Ernte nun Lehrer im August/September hinaus auf die Felder, was wiederum zu Protesten führte, da nun der Unterricht für die Kinder in dieser Zeit ausfällt. Auch Studenten sind aufgefordert mitzuhelfen. Sie können sich dem nicht entziehen, da das laut Birgit Folgen für ihr Studium haben kann.
Nach der Ernte wird Baumwolle ein Monat lange getrocknet. Danach wird gesäubert (Trennung von Fasern, Aussortierung der besten Kapseln für Einsaat im nächsten Jahr).
Aus den Samen wird nun recht geschmacksneutrales Öl für die Küchennutzung ausgepresst. Absolut übrig gebliebene Reste werden als Viehfutter eingesetzt oder zu Kernseife verarbeitet. Die restlichen Abfallprodukte sind als Brennmaterial im Einsatz.
Obwohl das Land der fünftgrößte Baumwollproduzent der Welt ist, ersetzt man den Anbau nach und nach durch Pflanzung von Obstplantagen. Grund sind der hohe Wasserverbrauch und die Ernteproblematik.
Birgit Brauer konfrontiert uns nun mit einem erschütternden Vortrag zur Stellung der Frau im zentralasiatischen Raum, konkret zum Thema „Brautklau“ (vor allem im Bereich Kirgistan, Karakalpakistan, Süden von Kasachstan). Seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 ist dieses Thema wieder hochaktuell, denn laut Nichtregierungsorganisationen werden in Kirgistan 40% aller Ehen so geschlossen.
Hat ein potentieller Bräutigam kein Geld, um sich eine Braut zu „kaufen“, was wohl immer noch üblich ist oder aber einfach keine Lust, eine Frau zu umwerben, wird sie einfach von der Straße weg gekidnappt. Helfende Freunde finden sich problemlos. In diesem Moment hat die Frau ihre Ehre verloren, ist nicht mehr rein und hat Schande über ihre Familie gebracht. In manchen Fällen geschieht dies in beiderseitigem Einverständnis, um schnell heiraten zu können, aber in 2/3 aller Fälle wohl unfreiwillig. Die Eltern des Bräutigams wissen im Normalfall Bescheid, dass nun eine neue Frau ankommen wird und haben bereits ein Festmahl vorbereitet und Gäste eingeladen. Das Mädchen wird nun 3 Tage festgehalten, um sich zu entscheiden, ob sie bleiben will. Da es aber tatsächlich die allergrößte Schande wäre, wieder zu gehen, bleiben die meisten; ihre Familie würde sie sowieso ausstoßen. Birgit hat uns anschaulich einige Fälle aus eigenem Erleben geschildert. Sogar hochgebildete Menschen akzeptieren die Zwänge, denen sie gesellschaftlich ausgesetzt sind. Schließlich sollte man doch eigentlich froh sein, dass man als so wertvoll eingestuft wird, dass man sogar geklaut wird… Im Süden Kirgistans werden die Mädchen häufig sogar vergewaltigt und so eine Rückkehr noch unmöglicher gemacht.
Walter hält noch einen Vortrag über die Entwicklung des Islam in der Gegend bis wir dann endlich in einer traumhaften Altstadt mitten im Zentrum ankommen. Das Thermometer zeigt gute 40° C an, aber dennoch lassen wir uns einen Rundgang am Nachmittag nicht entgehen. Die Hitze macht uns mehr zu schaffen, als wir ahnen. Aber die Stadt bezaubert. Geschickt hat man die Moderne in die Historie eingefügt. Moderne Lehmbauten sind in die Altstadt integriert und vermitteln ein Feeling für die alte Handelsstätte. Wir wollen mehr davon und trennen uns am Abend von der Gruppe. In einem alten Innenhof genießen wir á la carte, bei Halbmond, lauem Lüftchen, sehr freundlichem persönlichem Service und klassischem Geigenspiel die einheimische Stimmung, denn die Menschen draußen sind mit Kind und Kegeln am lustwandeln. Das Leben entfaltet sich hier erst am Abend.
Tag 35, 1. August 2017
Heute ist Schweizer Nationalfeiertag! Wieso ich das erwähne? Dazu komme ich später…
Zuerst aber bereiten wir uns auf einen besonderen Spaziergang vor. Unser Hotel liegt ja im Herzen der Altstadt Buchara (UNESCO Weltkulturerbe) und so haben wir nur wenige Schritte, um uns mit dem Ort und vor allem den traditionellen Handwerkskünsten vertraut zu machen.
Bevor sich die Temperaturen erneut der 40° C Marke nähern, nutzen wir die schattenspendenden Sträßchen und Kuppelgebäude rund um ältesten Platz Bucharas mit seinem kleinen zentralen Teichplatz. Wir erfahren, dass man in früheren Zeiten dessen Wasser regelmäßig in der Stadt verteilte, um so die Trinkwasserversorgung zu gewährleisten. Trink-Wasser ist jedoch übertrieben, denn es war so verschmutzt, dass 90% der Einwohner unter schwersten Wurmerkrankungen litten. Die meterlangen Tierchen wurden von Barbieren mühsam aus dem Körper gezogen. Erst ab 1890 wurde der Teich ausgetrocknet und neu befüllt. Trinkwasser kommt nun aus anderen Quellen. Schaurige Geschichte.
Nun aber wandern wir zu den kleinen Schatzkästlein dieser sonnengelben Lehmstadt. Als erstes besuchen wir die Miniatur-Werkstatt eines Puppenmachers. Puppenspieler wanderten in frühen Zeiten durch die Lande, um die Menschen zu unterhalten. Damit die Puppen während der Reise nicht zu schwer wurden, arbeitete man mit Pappmaché. In vielen kleinen Prozessen entsteht so ein kleines Wesen, um Groß und Klein in Märchenwelten zu entführen.
Auf dem Weg bewundern wir die Arbeit eines Koran-Buchstützenmachers, der aus einem einzigen Stück Holz ein aufklappbares Gesamtkunstgewerk schafft, welches in bis zu 10 unterschiedlichen Weisen aufgeklappt und aufgestellt werden kann. So lassen sich kostbare große und kleine Bücher aufs Wunderbarste präsentieren. Ein Meister seines Faches!
Danach eine weitere Filigran-Werkstatt: wir bewundern die Arbeiten, die in allerfeinster Pinselfertigkeit die Welt der Schrift und des Bildes repräsentieren. Es werden die Geschichten, die dargestellt werden, in einem kleinen Vortrag lebendig geschildert.
Nun besuchen wir einen Messerschmied, der in der 7. Generation bis hin zu feinstem Damaszenerstahl alles fertigt, was zum Schneiden benötigt wird. Ob es die Storchenschnabelschere mit dem bucharischen Phönixmuster für die berühmte heimische Goldstickerei ist oder das Jagdmesser mit dem afghanischen Kirschholzgriff.
Es geht weiter zu den 3 Handelszentren der Stadt, die von den 20 früheren noch übriggeblieben sind. Es handelt sich hier um Verkaufsgewölbe mit hohen Kuppeln, in deren seitlichen Nischen die Handwerker ihre Ware verkaufen. Traditionell wurden in der Hutmacherkuppel Mützen hergestellt und verkauft, in der Goldschmiedekuppel Schmuck. Dies hat sich heute jedoch mit anderen Gewerken durchmischt.
Beim Gang durch die Altstadt stehen wir plötzlich auf dem Kalon Platz, auf dem die älteste Freitagsmoschee der Stadt steht, aber auch ein Kugelgebäude (Mausoleum), die wunderschöne Miri Arab Medresse, die noch heute genutzt wird und in der kaukasische, russische und usbekische Studenten fleißig arbeiten und zuletzt auch das 47 m hohe Minarett (das einzige, welches Dschingis Khan nicht zerstörte, als er die Stadt eroberte), welches schaurige Berühmtheit erlangte, da es üblich war, Gefangene in einen Sack zu stecken und von oben auf den Platz fallen zu lassen, wo sie dann zu Tode kamen.
Den freien Nachmittag nutzen einige von uns zum Besuch der jüdischen Synagoge nur wenige Schritte entfernt. Buchara war ein traditionell jüdisches Zentrum, das sich seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion auflöste und viele bucharische Juden entweder nach Israel oder New York auswanderten. Heute sind nur noch ca. 340 Juden hier ansässig.
Ich freue mich auf den Besuch des ältesten Hammom in Buchara. Wer hat schon unter uralten kleinen Kuppeln im Dampf gestanden und sich auf historischem Boden von ansehnlichen jungen Männern einseifen und massieren lassen?
Walter bietet nun im schönen Gartenambiente des Hotels einen Vortrag über Sufismus an, der von einigen gerne genutzt wird, bevor es dann zum Abendessen wieder in die Stadt geht. Rund um einen kühlen Innenhof sitzend umgarnen uns tanzende junge Frauen und Männer mit Musik und historischen Gewändern. Dann werden plötzlich halbe Tomaten mit einem weißen Mayonnaise-Kreuz aufgetragen, dazu ein Glas Rotwein mit einem aufgesteckten Stückchen weißen Käses. Wir stutzen; bis die Schweizerin Silvia aufsteht, ihr Glas erhebt und auf den Schweizer Nationalfeiertag mit uns anstößt - wir suchen auf dieser Reise ja immer einen Grund, um miteinander zu feiern!
Tag 36, 3. August 2017
Wir erwachen in der kleinen Oasenstadt Khiva mit nur 56.000 Einwohnern, die sehr nahe an der Grenze zu dem konservativsten der Stan-Länder liegt: Turkmenistan.
Manfred ist bereits bei Sonnenaufgang in die nahe gelegene Kulturstätte gejoggt. Wir laufen gegen 9 Uhr los. Noch herrschen milde Temperaturen um die 33° und ein zarter Wind kühlt uns zusätzlich. Manfred trägt wie immer stolz seine Tjubiteke. Immer mehr Männer kaufen sich verschämt ihr eigenes Mützchen und tragen es dann unentwegt.
Wir schreiten durch das Westtor der UNESCO Weltkulturerbe-Stätte und wissen jetzt endlich wie es damals war, als die Karawanen von Lager zu Lager und Stadt zu Stadt zogen. Die ganze Stadt ist ein Museum und wir können nur ganz wenige historische Plätze hier aufgrund der Zeit, die uns nicht zur Verfügung steht, wirklich fachkündig anschauen. Bewundern können wir den prächtigen, blau/türkis-gefliesten (die Farben verkörpern immer den Himmel und das lebensspendende Wasser, wirken in ihrem Farbempfinden aber auch kühlend) Palast Tasch-Hauli. Die Herrscher hatten ihre Empfangshallen so aufgebaut, dass sogar Nomadenführer in eigens dafür aufgebauten Jurten auf Augenhöhe empfangen werden konnten (siehe oberes Foto). Das dominante Minarett, welches wir schon nach ein paar Schritten erreichen und welches in klaren Farben von weitem aus den Lehmbauten hervorleuchtet, sollte einst mit über 70m das höchste der Welt werden. Als der Erbauer in der Bauphase starb, stoppte der Nachfolger das Projekt. Schade, denn was jetzt mit 14m Durchmesser am Grund zu sehen ist, ist schon sehr vielversprechend. Dafür besuchen wir nun eine ganz außergewöhnliche Moschee. Wir treten in einen dunklen und sehr weitläufigen Raum, der auf gut 200 Holzstelen aufgeständert ist. Zum Schutz vor Feuchtigkeit steht jeder Stamm auf einem Stein, der mit Kamelfell gepolstert ist. Darauf ruht ein Metallring oder ein Holzzwischenteil und dann erst die eigentliche, individuell geschnitzte Holzstele. Ein verzauberter Ort.
Nun ein neuer Höhepunkt – vor allem für unsere Herren: ein Harem. An diesem einst „streitsüchtigsten“ Ort der Stadt wurde rege Politik betrieben. Wir lernen, dass die tatsächlich eingeheirateten Damen auf der linken Seite des Platzes lebten, der hauptsächlich im Schatten liegt und die restlichen Konkubinen auf der warmen – ich würde sagen heißen – rechten Seite. Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie sie lebten. Der Tagesablauf war an sich überschaubar, da sie viele Kunstfertigkeiten wie Sticken oder Weben ausübten und dafür sogar ein monatliches Salär erhielten. Es konnte sein, dass der Khan eine Frau ein einziges Mal für sich beanspruchte, sie in seinem Harem aufnahm und dann für immer in Ruhe ließ. Es konnte aber auch passieren, dass er die Konkubinen einem verehrten Gast großzügig zum Geschenk machte.
Das Mittagessen in einem schönen Restaurant der Altstadt wird gerne angenommen, da wir endlich wieder etwas trinken können. Nach nur wenigen Minuten draußen fühlt man sich hier oft schon wie ausgetrocknet, da die Luftfeuchtigkeit mal wieder ungewohnt gering ist. Nach dem Vorspeisengang überrascht uns dann eine Musik- und Tanztruppe und erfreut uns mit authentischen Gesangs- und Tanzeinlagen, wobei ein paar von uns fröhlich tanzend einbezogen werden.
Für die meisten von uns ist Khiva die schönste aller drei usbekischen Märchenstädte, vor Buchara und Samarkand. Abgelegen und von Herrschern regiert, die nicht unbedingt zu den ganz großen bekannten gehörten, hat sie sich ein Flair erhalten, das ganzheitlich wirkt. Die Menschen erscheinen sehr gelassen, überaus freundlich und nicht touristisch „verdorben“. Mehr und mehr sehen wir blaue Augen in den schönen gebräunten einheimischen Gesichtern. Allüberall leuchtende Kuppeln, blaue Innenhöfe, bis zu 30 Medressen, Moscheen und Paläste, umgeben von den mächtigen Lehmfestungsmauern. Dabei haben wir tatsächlich nur einen Bruchteil vom Ganzen gesehen, aber Karakalpakstan ruft.
Wir freuen uns nun auf unseren Bus. Auch wenn wir wissen, dass der Weg nach Nukus, der Hauptstadt der autonomen Republik (1,8 Mill. Einwohner), wieder auf durchlöcherten Straßen durch weite blühende Baumwollfelder und ewige Wüste führt, ist dies die einzige Möglichkeit, der Hitze draußen standzuhalten. Aber ich muss sagen, dass die heutige Wüste eine sehr schöne ist. Die Sonne legt sich auf den goldgelben Sand, der bis zum Horizont leuchtet und so ruckeln wir träumend voran. 197 km in fast 5 Stunden. Unsere Begleiter Birgit, Kristina und Walter unterhalten uns zwischendrin aus ihren Fachgebieten und so vergeht der Nachmittag kurzweilig bis zum Ziel. Da wir gelernt haben, die Feste zu feiern wie sie fallen, hat Günter beschlossen, seinen halben Geburtstag heute zu begießen. Dies ist in unserem Bus zu einem schönen Brauch geworden, also fließt der Reisschnaps kurz nach dem Kaffeestopp in der Wüste.
Abends werden wir von 2 Karakalpaken musikalisch beim Essen begleitet. Wer hat schon mal diese besondere getragene, fast melancholische Musik des ehemaligen Nomadenvolkes gehört? Wir erfahren, dass die Stücke von der Großmutter der beiden geschrieben wurden, die ehemals eine Berühmtheit in Karakalpakistan war und als Schauspielerin bis nach Kasachstan bekannt geworden ist. Sie gründete das erste private Museum im Land und ebenso das Hotel, in dem wir heute nächtigen. Diese netten Umstände erfahren wir erst, als Birgit sich im Privatgespräch auf Russisch mit den Hausangestellten unterhält. Das ist Bescheidenheit.
Tag 37, 4. August 2017
Wir befinden uns nur 150 km südlich des Areals, das früher einmal der Aralsee war. Die wirtschaftspolitische Entscheidung der Sowjetunion der 60er Jahre, die Zuflüsse zum Binnenmeer abzuleiten, um riesige Baumwollplantagen anzulegen und zu bewässern, hatte die fatale Folge, dass es mehr und mehr auszutrocknen begann. Der massive Einsatz von Pestiziden und die Versalzung bei der Austrocknung bewirkte, dass sich das Klima im hiesigen Nordwesten dramatisch veränderte. Mehr und mehr vertrocknet der Aralsee und lässt vergifteten Boden frei, der durch Winde dann weit ins Landesinnere geweht wird. Leukämie, Tuberkulose, Speiseröhrenkrebs (höchste Erkrankungsrate weltweit) sind weit verbreitete Erkrankungen hier. Der Boden ist großteils verkarstet.
In dieser Gegend hat sich nun in den 60er-Jahren der Ukrainer und Künstler Sawitzky niedergelassen. Früh begann er, das Kunsthandwerk der Karakalpaken zu sammeln und zu erforschen (was zuvor noch niemand mit dieser Intensität gemacht hat). Die Karakalpaken waren so begeistert von dieser offensichtlich charismatische Persönlichkeit, dass sie ihm 1966 ein Museum zur Verfügung stellten. Schon bald jedoch begann er, sich für etwas ganz Anderes einzusetzen: er sammelte Kunst. Sawitzky konzentrierte sich auf die Malerei von zeitgenössischen Künstlern der „zweiten“ Garde, welche formal den ganz "Großen", wie Kandinsky, Malewitsch oder Popowa ebenbürtig, aber weniger erfolgreich waren. Wer Genauer wissen will welche, melde sich bei mir.
Eine andere bedeutende Gruppe waren die unter Stalin verfolgten Künstler, die sich in den zentralasiatischen Bereich geflüchtet hatten und zu denen er auch teilweise guten persönlichen Kontakt pflegte. Sie wurden nach ihrem Tode vergessen, erleben aber durch das Museum, welches bisher ein Geheimtipp für Kunstliebhaber war, eine Art Wiederauferstehung. In gut 20 Jahren trug Sawitzky 90 000 Kunstwerke zusammen, wobei laut seiner Nachfolgerin 50 000 der Avantgarde zuzurechnen sind. Mehr und mehr Aufmerksamkeit wird auf dieses Kleinod gelenkt. Ausstellungen gehen langsam und immer häufiger in die Welt hinaus. Das Museum erarbeitet sich stetig einen großen Ruf. Für Karakalpakstan ein Segen.
Unterwegs plötzlich Kuppeln und scheinbare Ruinen. Als ob eine große, verlassene, alte ummauerte Stadt vor uns liegen würde. Je näher wir aber kommen, desto mehr wird klar: ein riesig großer Friedhof liegt da am Hang in der Sonne. Weit und breit kein Ort, nichts, nur unendliche Wüste. Überall verteilen sich Mausoleen und halbmondgekrönte mauerumfasste Gräber, wobei diese selber nur halb zugeschüttet sind und mit einem Schilfdach überdeckt werden. Die Gräber sind nicht dazu gedacht, besucht zu werden, daher sind sie auch komplett umfriedet.
Verstorbene sollten innerhalb von 24 Stunden beerdigt werden. Sie werden ausschließlich von Männern zum Friedhof begleitet. Frauen bleiben zuhause und dürfen erst nach einer Woche das Grab erstmalig besuchen.
Nach kurzer Besichtigungstour fahren wir weiter, aber höchstens 2 km später erblicken wir eine weitere skurrile Situation: eine komplette Hochzeitsgesellschaft hat sich am Straßenrand zum Fotoshooting aufgestellt, ebenfalls weit und breit nichts anderes als Wüste.
Eine Gelegenheit, um über usbekische Feste zu berichten. Hier eine Auswahl von 3 Feiern.
Wie wir schon in Kirgistan erfahren haben wird auch hier am 21.3. Navruz gefeiert: das orientalische Neujahr (neben Zentralasien auch in der Türkei und im Iran) oder Frühlingsfest. Spezialität sind hierbei gedämpfte Teigtaschen, die mit grünen Kräutern gefüllt sind. Sumalak (Engelsspeise), welches eine Speise ist, die fast tagelang geköchelt wird und viel Zutaten beinhaltet, ist ebenfalls unabdingbar an diesem Tag.
Beschik toji, das Geburtsfest wird eine Woche nach der Geburt eines Säuglings gefeiert. Dabei vermitteln ältere erfahrene Frauen der jungen Mutter, wie man das Kind in der Beschik einwickelt, der fragwürdigen Kinderwiege, wie ich sie schon während der letzten Tage beschrieben habe. Die zahlreichen Besucher erhalten dabei kleine Geschenke.
Die Vorgänge vor und nach einer Hochzeit letztendlich sind dann so kompliziert, dass ich sie an dieser Stelle nicht beschreiben möchte. Nur eines: seid alle froh, dass ihr in Europa lebt!
Nun erreichen wir nach langer Fahrt unser letztes Ziel in Usbekistan: ein sogenanntes Teehaus mitten in der Wüste. Ich würde es eventuell Raststätte nennen. Aber womöglich ist auch das zu hoch gegriffen. Eigentlich ist es eher ein Ort, wo ich freiwillig nie abgestiegen wäre. Schmutz pur, dunkelbraunes Wasser aus dem Hahn, Matratze voller Flecken, „Dusche“ mit Abfluss unmittelbar vor der Toilette etc.
Was macht man aus der Situation? Das Beste. Wir können endlich einmal frei hinaus in die Wüste laufen, die Kamele beobachten, den beginnenden glühenden Sonnenuntergang bewundern. Dann sitzen wir in der milden Abendluft, plaudern und nehmen Kontakt zu den hier ausruhenden Fernfahrern auf. Nudir, der bucharische Taxifahrer, der regelmäßig Gäste und Ware von der russischen Grenze nach Buchara transportiert, möchte lernen, wie man auf Deutsch За здорoвье ausspricht. Am Anfang trinkt er noch Bier aus seiner Teetasse, dann kauft er 500ml Wodka und kippt diesen innerhalb einer Viertelstunde in sich hinein - wie Tee eben. Am Anfang erinnert er sich noch an das Wort Prost, später nicht mehr, denn dann haken ihn seine Fahrgäste unter und schleppen ihn zum Taxi zurück. Wer nun das Steuer nach Buchara übernimmt, kann ich in der Dunkelheit nicht erkennen.
Der lachende Walter stimmt derweil das Baden-Lied an – aber da nehmen viele dann doch Reißaus. Vereinzelte Grüppchen spazieren noch in die Nacht hinaus, um Sterne zu sehen, werden aber leider enttäuscht. Dennoch ist die Ruhe hier eigentümlich schön.
Langsam begeben sich die ermüdeten Mitreisenden in ihre Lager. 5-8 bunt zusammengewürfelte Personen beziehen ihre Betten und schlafen jeweils in mehr oder weniger gut belüfteten einfachen Durchgangsräumen. Wir wissen – wir überstehen auch diese Nacht.
Tag 38, 5. August 2017
Al Hafi (Hafez) (1320-1390)
Ich habe keine Lust, Verse zu schreiben,
also zünde ich meine Räucherpfanne an
mit Myrrhe, Jasmin und Weihrauch,
und die Verse wachsen in meinem Herzen
wie Blumen in einem Garten.
Hätte ich nur mein Räucherwerk mit auf die Reise genommen, dann wären mir vielleicht auch frohlockende Verse in den Sinn gekommen; meine Myrrhe, ein paar Mastixperlchen, ein Hauch Artemisia und ein Tränchen Weihrauch hätten hier sicherlich geholfen. Letztendlich aber haben wir die Nacht auch ohne Unterstützung überstanden.
Dennoch höre ich viele schaurige Geschichten, als wir um 6 Uhr draußen den Tag begrüßen. Silvi hat einen Skorpion in ihrem Zimmer zertreten, Thomas hat schreiend einen Einbrecher vor dem Fenster vermutet (um 4:30 Uhr), Jürgen hätte beinahe seine schnarchenden Kollegen erschlagen.
Unser Zimmer äußert sich zufrieden, die Nacht war ruhig und gut. Aufs Frühstück verzichten wir allerdings großzügig.
Am Wegesrand sitzen hunderte von Wüstenmäusen und putzen sich aufgerichtet wie kleine Erdhörnchen ungerührt ihre Schnäuzchen in der Sonne, während unser Bus ununterbrochen den für ihn tödlichen Schlaglöchern ausweicht. Rund um uns herum weite ebene Wüste, übersät mit flachem grauem Gestrüpp und verstreut weidenden Dromedaren. So geht das über Stunden hinweg.
Gegen halb zwölf erreichen wir die Grenze. Wir hören von Kristina, dass das ganz schnell gehen soll. Und so kontrolliert – nach 2 Straßenkontrollen unterwegs – nun ein bewaffneter Zöllner unsere Gesichter und Pässe. Nach erneuter Warterei im Bus müssen wir aussteigen, inklusive unseres gesamten Gepäcks und allem sonstigen, was wir dabeihaben, und das ist ziemlich viel. Alles wird gescannt, nachdem wir unsere Pässe vorgezeigt haben. Nun zur eigentlichen Passkontrolle. Auch hier genaueste Musterung und endlich erhalten wir den Ausreisestempel. Als alle Koffer wieder eingeladen sind, geht es durch weitere Tore bis kurz vor die Grenze zu Kasachstan. Hier steigt der Zöllner, der uns schon vor 200m genauestens tief in die Augen geschaut hat, erneut zu und macht exakt all das, was er vorher bereits gemacht hat. Nach 2 Stunden und 4 Passkontrollen öffnet sich endlich das Tor zur Grenze Kasachstans.
Mir tun all die normalen Bürger leid, die, wie wir damals bei der Einreise, nun in der sengenden Sonne stehen oder auf dem staubigen Wüstenboden sitzen müssen und nicht wissen, wann sie dran sind. Egal, ob sie weinende Säuglinge auf dem Arm halten oder zerrissene alte Koffer hinter sich herziehen, die Hitze ist unerbittlich – und die Zöllner auch.
Nach einer schnellen Einreise (fast 2 weitere Stunden) haben wir nur noch (angekündigte) 6 Stunden Fahrt vor uns, für 300 km. Und die Straße wird so schlimm wie noch nie. Wenn man diese Schotterpiste überhaupt so bezeichnen darf. Wir schwanken nach links und rechts mit unserem schwarzen Wüstenschiff, alles klappert und scheppert im Raum und Daniel unser Fahrer fordert für das nächste Mal auf dieser Strecke einen Panzer ein.
So holpern wir dahin.
Nach einer Busreise von 15 Stunden haben wir es dann geschafft und sitzen gegen 23 Uhr beim Abendessen. Eine kasachische Mega-Hochzeit bummert lautstark ihre Begeisterung durch die Zimmerwände. Noch ein kleines Missgeschick: Daniel hat meine Koffer nicht mit ausgepackt und ist mit dem Bus zum nächsten Hotel weitergefahren. Neiiiiiiiin! Regeneration ist heute offensichtlich nicht mein Thema...
Tag 39, 6. August 2017
Ich lieb ein Lieb, das mich berückt –
Ich schweig, wer´s ist!
Ob Sehnsucht auch mein Herz erdrückt –
Ich schweig, wer`s ist!
Erreiche ich mein Ziel auch nicht,
mein Herz ruht nicht:
Des Herzens Ruh, mein Traum beglückt –
Ich schweig, wer´s ist.
Brennt tulpengleich vor Schmerz mein Herz,
brandmalerfüllt:
In wessen Haar mein Haupt ich drück`-
Ich schweig, wer´s ist.
(Dschafer Tschelebi)
Zerschlagen fahren wir weiter durch langsam ergrünende Ebenen Richtung Atyrau. Staubaufwirbelnde galoppierende Pferdehorden wechseln sich mit träge grasenden Schafherden ab. Schneeweiße riesige Salzflächen tauchen auf und verschwinden gleich wieder.
Birgit erklärt, wie sich die Gegend zu einer der 20 am meisten ölfördernden Gebieten der Welt entwickelte, wie sich aber die Frage nach der Zukunft stark stellt, da auf der einen Seite die Ressourcen auf ca. 20 Jahre geschätzt und erneuerbare Energien mehr und mehr zur Diskussion gestellt werden (z.B. auf der diesjährigen Expo in Astana, der Hauptstadt des Landes. Astana heißt übersetzt: „Hauptstadt“).
Sie berichtet nun über die ungefähr 450 sowjetischen Nukleartests im Gebiet von Semipalatinsk (1/3 davon unterirdisch) im Nordosten von Kasachstan und die dramatischen Folgen, die sie selbst bei ihren Recherchen vor Ort erlebte. Erst 1989 fand der letzte nukleare Test statt. 1991 wurde das Programm offiziell beendet. Seitdem entwickelt sich in Kasachstan eine starke antinukleare Bewegung. Sichtbar u.a. auch im Vertrag von Semei, in dem sich ganz Zentralasien als atomwaffenfreie Zone ausweist.
Die nächste Pause wird genutzt, um einen ausgetrockneten Salzsee zu betreten: speziell in Eckernförde kann man sowas schließlich nicht jeden Tag ausprobieren…
Gegen Mittag erreichen wir Atyrau. Endlich, muss ich sagen, wirkt eine Stadt wieder etwas moderner. Zwar klettert das Thermometer erneut auf 42° C, aber noch frisch erholt von der kühlen Klimaanlage unseres mobilen Zuhauses stürzen wir uns ins - kurze - Abenteuer. Wir wollen gleichzeitig einen Fuß auf Asien und den anderen auf Europa setzen. Das ist nicht so einfach, da diese Grenze mitten durch den Ural-Fluß führt. Aber das stört uns nicht, denn wir marschieren einfach auf die 405m lange Fußgängerbrücke und beweisen der Nachwelt, dass wir in der Mitte beide Kontinente quasi durch uns vereinen! Dann aber ab in die kühlen Hallen einer kasachisch/ukrainischen Restaurantbesitzerin, die uns lukullisch mit internationalen Gerichten verwöhnen will - danach sind wir froh, einen freien Nachmittag zu haben, denn es rumort ganz fürchterlich in unserem Inneren. Mal sehen, wie das ausgeht.
Tag 40, 7. August 2017
5:15 Uhr.
Der volle runde Mond leuchtet über dem Ural-Fluß. Er begleitet uns Frühaufsteher über die Brücke und nun sind wir endgültig in Europa angekommen.
Bald geht am Horizont die Sonne auf. Wir überqueren ein schmales Flüsschen, welches sich durch die Ebene schlängelt und sehen zu beiden Seiten der Straße, wie hunderte von Pferden und ein paar Kühe gemächlich in einem kilometerlangen Zug durstig zu dieser morgendlichen Wasserstelle schreiten. Einige von ihnen werden am Abend als Leckerbissen auf irgendeinem Spieß brutzeln.
Nun spricht Walter über die „Perlen der Lust“, den Kaviar. Kaviar nennt man speziell die Eier des Stör, einem Fisch, der erdgeschichtlich als Relikt aus ganz frühen Zeiten der Evolution gilt, was bis zu 50 Mill. Jahre zurück verfolgt werden kann.
Die Stör-Weibchen erreichen erst nach 15-20 Jahren die Geschlechtsreife. Störe sind wohl nur noch im kaspischen Meer heimisch, wobei der Beluga-Stör am begehrtesten (bis 4 m lang, können bis zu 1/10 ihres Gewichts Eier entwickeln, d.h. bis 4 kg; Eier werden erst durch Salz schwarz, 6000-8000 Euro/kg) ist.
Bis 1980 gab es noch viele Störe. Durch die zunehmende Verschmutzung des Kaspischen Meeres durch Ölförderung wurde der Lebensraum jedoch immer beengter. Erste Zuchtversuche entstehen.
Ab der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion jedoch gab es im Gebiet ein unkontrolliertes "Hauen und Stechen" um das "iranische Gold". Die Fischereimafia (vor allem in Dagestan) entwickelte Treibjagden und Unterwassersprengungen, um ohne Rücksicht auf Verluste das Gewässer auszuräubern. Es entstand ein florierender Schmuggel.
Um 2000 herum war das Kaspische Meer faktisch leergefischt. Das Washingtoner Artenabkommen erklärte den Stör daraufhin als akut vom Aussterben bedroht. Iran war von Sanktionen ausgenommen, da dort ein Staatsmonopol galt. Bei Zuwiderhandlung wurden dort als Strafe die Finger abgeschnitten.
Langsam entwickeln sich die Bestände wieder. Private Zuchtfarmen arbeiten mit Aquakulturen und haben dabei eine neue Methode entwickelt, die die Weibchen "melkt" und nicht mehr töten muss. 50g der kostbaren Fischeier kosten ca. 150 Euro und sind 2-3 Monate haltbar. Astrachan, unser Ziel, ist offenbar Hauptumschlagplatz.
Nach diesem lehrreichen Intermezzo wird es ruhig im Wüstenschiff.
Die Zustände auf der Hauptzufahrtsstrecke Richtung russischer Grenze können wir nach den vergangenen harten Tagen gar nicht fassen und kaum noch ertragen. Die tiefen Löcher reihen sich aneinander wie unregelmäßige Perlenketten, was Größe, Form und Farbe betrifft. Schlimm ist, dass wir einige malade Passagiere an Bord haben. Eine ist schwer in der Badewanne ausgerutscht und kann nur mit Schmerzmitteln durchhalten, andere leiden an wilden und bösartigen kasachischen Darmteufelchen.
Irgendwann zwischendrin rüttelt uns Holger nochmal auf: zufällig am Straßenschild Ganjuschkin Beketi haben wir exakt 10.000 km zurückgelegt. Die, die noch können, trinken darauf ein Gläschen Reisschnaps.
An der Grenze verabschieden wir unsere usbekischen Guides und sind gespannt, was uns nun am Übergang nach Russland erwartet. Aber wir werden überrascht - oder sind wir bereits abgehärtet? Insgesamt freundliche Zöllner, intensive Überprüfung, aber flüssige Gesamtabfertigung. Zeit: ca. 4,5 Stunden. Zustieg der russischen Guides Alla und Vladimir.
Ich kann nicht beschreiben, wie froh ich bin, endlich dieses Land zu sehen. Lange habe ich während meines Slavistik-Studiums Russisch gelernt und viel über das Land gehört und bin nun gespannt, was von diesen Kenntnissen noch übrig geblieben ist.
Wie schon so oft erlebe ich auch diesen Moment, eine Tür hinter mir zu schließen (das Land Kasachstan) und die neue Tür vor mir zu öffnen (nach Russland), wie ein kleines Wunder: Sofort präsentiert sich das willkommen heißende Land in einem gänzlich anderen Gewand.
Dort in der Ödnis noch vergessene, immer armseliger werdende grobe Lehmhäuslein mit Plumpsklos und rostigen Fässern in den Gehöften (trotz wunderschöner Landschaften mit reichlich Pferden, Rindern, Ziegen und Schafen), aber modernste Riesen-Sat-Schüsseln vor der Tür und hier bereits schmucke Dörfer in grünen Wolga-Auen soweit das Auge reicht und vor allem: gute Straßen.
Nach 12 Stunden im Bus dann das Gefühl, wieder in der Zivilisation angekommen zu sein. Astrachan, im Wolga-Delta gelegen, umgeben von vielen Flüssen, begrüßt uns freundlich und lässt uns endlich einmal wieder in flauschigen Kissen versinken.
Tag 41, 8. August 2017
Johannes Voswinkel, langjähriger ZEIT-Auslandskorrespondent in Moskau, sitzt heute erstmalig mit uns im Frühstücksraum. Er wird uns in Russland durchgängig begleiten.
Ich begleite die Gruppe heute leider nicht, da Manfred noch immer mit kasachischen Teufelchen zu kämpfen hat und ich ihn nicht den ganzen Tag über alleine lassen will. Während also die anderen die neuen stattlichen Prunkstätten Astrachans inklusive der Kreml-Anlage besuchen, machen sich Ingrid und ich uns zu einem kleinen Rundgang in die Umgebung auf und entdecken die ehemals so liebevoll gestalteten Wohnhäusern dieses Stadtgebietes. Es sind immer noch zaghafte Versuche erkennbar, das Beste aus der offensichtlich prekären Situation zu machen, aber das wirkt in der desolaten Umgebung wirklich kläglich. Ein kleiner Plausch mit einer lebhaften Dame des Viertels bereitet Ingrid und mir viel Vergnügen.
Nach einer chinesischen und usbekischen teste ich hier nun eine russische Massage. Herb und deftig fällt sie aus, aber es hat definitiv etwas energetisch Aufbauendes. Was mir dabei besonders gefällt: die ausgiebige Ohrenmassage. Hat was! ;-D
Aufgrund von Zoll- und Visaproblemen müssen wir uns von 2 weiteren liebgewonnenen Teilnehmern unserer Gruppe verabschieden: Jens und Daniel. Wir haben die beiden, noch völlig ahnungslos, an der russischen Grenze mit dem 2. Bus zurückgelassen - und seitdem nicht wiedergesehen. Kein schöner Moment. Hoffentlich gibt es ein großes Wiedersehen in Berlin, mit ALLEN, die gemeinsam gestartet sind!
Tag 42, 9. August 2017
Tag 43, 10. August 2017
Ungerne besteige ich heute den Bus zur Stadtrundfahrt. Immer wieder geistern die Zahlen der Toten des 2. Weltkrieges durch den Raum und nun, da wir hier sind, wird die Vorstellung von dem, was einst auf diesem Boden geschah, lebendig.
Unser erstes Ziel ist der Besuch des Mamai-Hügel, auf dem schon von weitem sichtbar, die Mutter Heimat Statue mit erhobenem Schwert majestätisch über die Stadt hinaus in die östliche Ferne blickt. 200 Tage lang dauerte die tödlichste Schlacht der Geschichte vom 17.Juli 1942 bis zum 2.Februar 1943 rund um diesen Hügel und genau 200 Stufen erklimmen wir nun, um einem der größten Mahnmale der Welt nahe zu kommen.
Es sind viele Menschen unterwegs; manche mit einer roten Nelke in der Hand, die sie unterwegs in die in die Felsen gehauenen Gedenknischen legen. Mehr als 2 Millionen Menschen sind in der Schlacht um Stalingrad ums Leben gekommen. Wir hören viele Details von unserer sehr kundigen Stadtführerin, während wir uns der mächtigen Gestalt nähern. Unendliches Leid ist hier geschehen und ich fühle mich mehr und mehr bedrückt. Die Stimmung wird angeheizt durch pathetische Gesänge, Gewehrsalven und Ansprachen aus vergangener Zeit, die durch Lautsprecher in den Reliefwänden auf uns einprasseln. Bevor wir jedoch die Mutter Heimat, die für den „gerechten Kampf“ steht, in ihrer vollen Pracht vor uns sehen können, müssen wir an einem in Stein gehauenen mächtigen bewaffneten Soldaten vorbei, der sich symbolisch aus der Erde heraus erhebt, um jederzeit die Mutter Heimat mit allem, was ihm zur Verfügung steht, zu verteidigen. Der Felsen ist von Wasser umspült, welches die Wolga darstellt. In dem Moment, wo man vor dem Soldaten steht, ist das Mahnmal dahinter komplett verborgen. Alles Absicht, wie wir hören, denn dieser Soldat verkörpert die allzeitige Bereitschaft, für sein Volk einzustehen.
Nachdem nun die letzte Stufe erklommen ist, stehen wir vor der 85 m hohen Statue. Ihr zu Füßen breitet sich ein eingefasster rechteckiger Teich aus, der an diesem Morgen von viel Militär, Kirchen- und Stadtvertretern bevölkert wird. Es findet gerade eine Zeremonie einer Vereinigung statt, die sich vor 90 Jahren als Freunde des Militärs gebildet hat. Es werden Ansprachen gehalten und Orden verliehen.
Wir betreten nun die Gedenkstätte der Schlacht von Stalingrad, in der die ewige Flamme brennt und die Namen von vielen Toten eingelassen sind. Es ist sehr berührend, gleichzeitig "Die Träumerei“ von Robert Schumann in dieser Halle zu hören. Immer wieder wenden wir den Blick zurück zur Stadt, die in der Tiefe vor uns liegt; zu sehen ist am Ufer der Wolga das neue Fußballstadion, dessen Gerippe auf die Vollendung wartet; nächstes Jahr findet die Fußball-WM in Russland statt. Das Leben ist also weitergegangen, trotz der Tragödie. Aber ich kann nicht anders, als zurück zu denken. Die Katastrophe von damals geht mir völlig unter die Haut. Was tun wir Menschen uns immer und immer wieder seit wir existieren gegenseitig an?
Während wir die Details der mächtigen Gestalt vor uns analysieren (alleine das Schwert ist 33m lang, der kleine Finger 1,2m; Verwendung von Stahlbeton usw.), bin ich mir auch der vielen Toten bewußt, die um uns herum begraben liegen. Die Sonne scheint warm, ein laues Lüftchen umschmeichelt unser Gesicht, junge weibliche Militärs schlendern auf Stöckelschuhen vor uns her – hartes Brot für die Seele.
Nachdem wir noch einen Park in der Stadt mit ebenfalls historischen Bezug besucht haben, kapituliere ich. Ich kann nicht auch noch das Panorama-Museum besuchen, in das der Bus nun fährt, um hautnah nachzuempfinden zu können, wie die Lebens- und Sterbenssituation der Zivilisten und Soldaten in diesem desaströsen Krieg war. Manfred und ich nehmen ein Taxi und fahren zurück ins Hotel. Von dort laufen wir in das lebendige Stadtzentrum, um das Hier und Jetzt dieser gebeutelten Stadt zu erleben. Wir könnten genauso gut durch Budapest, Rom oder Eckernförde schlendern, das westliche Leben hat hier seinen vollen Platz eingenommen. Überall begegnen uns westliche Marken, aber auch Menschen, die sich durch nichts von dem unterscheiden, was wir in Deutschland kennen. Zur Bestätigung setzen wir uns in ein MacDonalds und genießen eine Portion Pommes und einen Becher Sprite – doch, es gibt einen Unterschied. Wir zahlen vielleicht ein Drittel des europäischen Preises.
Was uns wundert ist das verstärkte Polizeiaufgebot in der Stadt. Auch eine Flugschau lenkt alle Blicke ständig nach oben. Wie wir hören, scheint Premier Dimitrij Medwedew in Wolgograd zu sein. Offensichtlich nicht, um uns zu begrüßen, denn am Abend haben wir zwar eine feierliche Zeremonie mit der Wolga-Deutschen Eleonora aus Alt Sarepta, einer deutschen Siedlung etwas außerhalb der Stadt, die bereits 1765 von der Herrenhuter Brüdergemeinschaft gegründet worden war und ihrem Begleiter, einem Russen, der eine Deutsche geheiratet hat, aber der Staatschef lässt sich nicht blicken.
Nach einer kurzen Einführung von Johannes Voswinkel, unserem sprudelnden und sympathischen Füllhorn, was das Wissen über dieses große Russland betrifft, stellt Eleonora ihr Leben als Deutschlehrerin dar, kommt aber bald zum Kern ihrer Leidenschaft: dem Singen von deutschen Volksliedern. Ihre Augen strahlen, ihre Stimme brilliert. Der Russe gesellt sich dazu und beide ergänzen sich in ihrer Inbrunst und Liebe zum Gesang. Wir sind gerührt von dieser Pflege eines aussterbenden Kulturgutes und beschämt, dass wir nichts draufsetzen können. Wir klauben ein wenig unsere letzten Textkenntnisse von „Am Brunnen vor dem Tore“ zusammen und brummeln unsicher mit dem strahlenden Sopran von Eleonora die Strophen vor uns hin. Wir hören weitere schöne Volkslieder, die mir völlig unbekannt sind, obwohl ich mich damit jahrelang intensiv beschäftigt habe.
Nun kommt eine junge Russin zu Wort, die eine Ausbildung zur Dolmetscherin absolviert und das Leben junger Russen beschreibt und ihre Beziehungen zu Deutschland und den Deutschen beleuchtet. Margarita betont, wie positiv die Perspektiven sind, kann aber bedauernd ebenfalls keines der Lieder mitsingen – die Jugend singt englische Popsongs, sagt sie.
Gerne würden wir weiter feiern und mit den Russen ins Gespräch kommen, aber um 22 Uhr ist Schluss. Wir müssen die Wolga-Halle verlassen. Gute Nacht dann eben.
Tag 44, 11. August 2017
später
Tg 45, 12. August 2017
Wir verlassen Woronesch und blicken weiteren 343 km entgegen. Das Ziel: Orjol. Wir rasten nicht, rosten aber bereits – dieses permanente Strecke machen ist ein wenig zermürbend, denn wir sitzen sie jetzt nur noch ab.
Die Welt um uns herum wird immer vertrauter, d.h. westlicher. Am Frühstückstisch eines 4 Sterne Hilton-Hotels nur noch Marmelade und Butter in eingeschweißten Plastikbehältern, Toast, kein Obst, lieblos. Draußen Märkte mit viel Tomaten und Pfirsichen. Was ich mittlerweile schmerzlich vermisse sind die unzähligen Melonenstände, die sich über 12.000 km permanent an den Straßen entlang aufgereiht hatten, egal ob in China, Kirgistan, Usbekistan, Kasachstan oder noch zu Beginn von Russland, egal ob in den Städten, vor den Feldern einer Oasenstadt oder weit draußen an Orten, die unwirtlicher nicht sein konnten, wo aber die Bauern ihr Bett gleich mitgebracht und neben dem Stand aufgebaut hatten, immer hoffend, dass ein Vorbeireisender nach den durstlöschenden und erfrischenden Früchten lechzt.
Stadtauswärts „endlich“ mal wieder ein europäischer Stau. Der Verkehr hat stark zugenommen. Die Landschaft ist immer häufiger mit Industrieanlagen (Maschinenbau, Avionik, Elektronik) durchsetzt. Riesige staatliche Anbauflächen lösen sich gegenseitig ab. Der Weizen ist bereits abgeerntet, die blühenden Sonnenblumenfelder harren noch des Schnitts. In der Sonne brutzeln Honig und Sonnenblumenöl in weißglasigen Behältern, die von Händlern am Straßenrand angeboten werden. Von den Inhaltsstoffen bleibt da durch die Erwärmung leider so gut wie nichts mehr übrig. Frisch geerntete Pfirsiche, Paprika, Trauben und Tomaten in bunten Eimerchen ergänzen das Angebot. Die schwarze Erde im Gebiet Woronesch ist die fruchtbarste in ganz Russland.
Der Durchschnittslohn im hiesigen Raum beträgt ca. 30.000 Rubel/Monat (rund 400 Euro), die Rentner müssen mit ca. 10.000 Rubel (130 Euro) auskommen.
Während es in Freiburg bei 16°C fast gefriert, klettert das Thermometer hier stetig Richtung 30°C. Wir sollten die Wärme noch genießen, solange wir sie noch haben…
Vor unserer Mittagsrast in der kleinen aber feinen Stadt Elets haben wir ein halbes Stündchen, um uns die Beine zu vertreten. Gut, dass wir vehement am Morgen darum kämpften, bereits um 9 Uhr statt um 10 Uhr loszufahren. So können wir nach eigenem Gutdünken durch die Stadt streifen. Silvia entscheidet klar: Kaviar statt Kirche und findet einen kleinen Fischladen, in dem sie wild gestikulierend, zeichnend und radebrechend formulierend ihren Kaviar bekommt. Die meisten jedoch eilen zur wunderschönen orthodoxen Kirche im Ort. Eine solche Pracht habe ich in noch keinem Dom gesehen. Goldüberladene oder perlenbestickte alte und noch ältere Heiligenbilder und Ikonen, mit Räuchergefäßen umfasst, hängen, wo sich auch nur ein winziges Fleckchen noch finden lässt. Großzügig in Höhe und Ausdehnung sind die Wände und Pfeiler der Kirche ebenfalls komplett bemalt.
Brautpaare scheinen die Stadt zu füllen. Überall fotografiere ich Frisuren, die ihresgleichen suchen.
Kurz vor Orjol, es ist jetzt doch schon wieder 17 Uhr, leuchten wilde weite Goldrutenfelder in der Sonne, davor wetteifern im Winde schwankende Topinambur um das intensivere Goldgelb, während gegenüber die weißen schlanken Stämme von Birkenwäldern das Gemüt erhellen. Es ist Hochsommer. Oder herbstelt es bereits?
Unser letzter Abend in Russland beginnt. Das schlechte Hotel in scheußlicher Umgebung können wir jetzt auch noch verschmerzen.
Tag 46, 13. August 2017
9:30 Uhr.
Wir nähern uns heute Tschernobyl – unsere nächste Nacht jedenfalls verbringen wir nur gute 100 km davon entfernt in der weißrussischen Stadt Homel, die in einem der am meisten kontaminierten Gebiete der Katastrophe des Jahres 1986 liegt. Heute strahlen jedoch nur die Sonne und wir. Gut gelaunt machen wir uns auf den Weg.
Ich sauge mit Blicken die Landschaft in mich ein; weite, bunte und scheinbar unberührte Wiesen locken mit solitärem Bärenklau, verstreuten Goldruteninseln, salbeifarbenem Beifuß, weiteren undefinierten Magerwiesenpflanzen, die ich aufgrund der Busgeschwindigkeit nicht ausmachen kann, sanften Hügelchen und einzelnen, wie hingewürfelten Büschen und Bäumchen.
Am Straßenrand sitzen ärmlich gekleidete Männlein oder Weiblein und bieten eimerweise oder auf einer Decke ausgebreitet Unmengen an karamellfarbenen Pfifferlingen an. Sie scheinen direkt am Waldesrand zu wachsen, denn vereinzelt sieht man dort pflückende Menschen entlanglaufen, das Auto versteckt im Waldweg.
Weitere Impressionen aus meinem Karawanenfenster:
Vorüberfliegende kleine Ortschaften, Häuseransammlungen. Ein alter Mann spielt versonnen mit dem blonden Enkelkind im Sandkasten, alte Frauen in ihren bunten Kitteln und dem sorgfältig gebundenen Kopftuch versorgen die reich bestückten Gärten, in denen gerade der Kohl üppig gedeiht, aber auch Kürbis goldgelb zwischen den großen Deckblättern aufleuchtet. In den kleinen verblassten Holzhäusern, die kaum noch dem nächsten Sturm standzuhalten scheinen, erblicke ich immer ordentlich zurechtgezupfte ornamentreiche Gardinen, vor denen bunte Topfblumen eine heimelige Atmosphäre verströmen. Manchmal erinnern mich die blauen und türkisenen Fensterläden in ihrer Eindringlichkeit an die Kuppeln von Samarkand, Buchara und Khiva, haben aber durch die abblätternden Farben etwas Morbides, stark Vergängliches, Unwiederbringliches. Vielleicht ist das auch genau so, vielleicht ist das die letzte oder auch vorletzte Generation, die dieses „einfache“ Leben noch so leben möchte und wird. Wie gerne würde ich ein Stündchen hier verweilen und mehr erfahren.
Mischwälder rauschen vorbei (sie dienten im Krieg den Partisanen als Versteck) und erscheinen fast undurchdringlich.
Jetzt halten wir in Chelsea. Oh, verwechselt – Tschelsi.
Ein kleines Restaurant am Ende unserer Russland-Reise. Wir essen in einem liebevoll angelegten idyllischen Garten auf ca. 3000qm Grund und können tatsächlich innehalten. Gute 30 Minuten verbleiben uns, um uns einfach einmal hinzugeben. Das tut mir so gut. Russland ist für mich nämlich wie ein Spuk vorbeigeflogen. Dieses Land, auf das ich mich so gefreut habe, hat mir keine Chance gegeben, es besser kennenzulernen.
Auf dem Weg Richtung Grenze sitzen immer häufiger Einzelpersonen gemütlich im Schatten, neben sich köchelt es heftig dampfend aus schwarzen Töpfen. Für Vorüberfahrende eine willkommene Maismahlzeit. Melone ist definitiv vorbei…
Störche, Mädesüß, aber vor allem Schilf weisen auf zunehmend feuchtere Gebiete hin. Es folgen wieder riesige Felder, die von dichten Waldhagen umgeben sind. Nach wie vor bleibt der Blick nach draußen aufgrund immerwährender überraschender Abwechslung lebendig.
Als wir an die Grenze zu Weißrussland kommen, höre ich gerade das Hallelujah von Jeff Buckley. Passt.
Rekord: nur 13 Minuten für alle Grenzformalitäten und schon sind wir in Weißrussland! Auch hier meine alte Erfahrung: nach der Grenze ein sichtbar anderes Land. Was mich überrascht ist, dass alte Vorurteile nicht bestätigt werden. Stattdessen sehe ich schmucke Häuschen, ordentliche Stadtteile, gepflegte Anlagen, offensichtlich beförderte Infrastruktur. Die umliegenden Felder sind noch größer und professioneller aufbereitet; Wälder bestehen aus Birken, Kiefern und Traubeneichen, durch den weiche Sandböden führen. Das erinnert mich stark an die Gegend um Hitzacker.
In einem netten Hotel treffen wir nun unseren nächsten und auch letzten ZEIT-Korrespondenten dieser Reise: Alexander Sambuk. Er begleitet uns zum Essen, wo uns eine große Überraschung erwartet und endlich komme ich wieder vollstens auf meine Kosten. Eine wunderbare Sängerin präsentiert ein breit gefächertes Repertoire und vor allem: großartige Tänzer, die zu den besten dieser Welt gehören (zumindest zu den 100 besten ;-)) zeigen uns atemberaubende, berückende Tanzvorführungen. Außer einer Handvoll Einheimischer sind wir die Ansprechpartner für die Step- und Standard-Tänzer. Weshalb nur bin ich atemlos, aber keiner der Tänzer?
Letzter Tag nur mit link einzusehen! Jimdo gibt hier leider nicht mehr her... Auch ich komme an mentale Grenzen und beende meinen Blog an dieser Stelle. Eigentlich wollte ich ihn nachträglich beenden, aber da war wohl die Luft raus, so sorry! Aber 2018 gehts weiter. Ihr werdet sehen ;-)
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Sonja (Samstag, 24 Juni 2017 19:17)
ganz viel Spaß, bin gespannt!
Alexandra (Sonntag, 25 Juni 2017 16:47)
Wir werden mit euch reisen und wünschen euch wahnsinnig viel Spaß, tollste Eindrücke, ein schönes miteinander und ein tiefen entspanntes runterkommen....
Es wird wie im Fluge vergehen
Alexandra und Matthias
Martin (Montag, 26 Juni 2017 21:58)
Mit so einem Hut kann nichts mehr schief gehen.
Ich wünsche euch eine tolle Reise, viel Spaß, und nicht zuletzt im eigenen Interesse, eine gute Heimkehr!
Birgit (Dienstag, 27 Juni 2017 22:19)
Ich wünsche Euch eine tolle Reise, genießt sie, lasst es Euch gut gehen und kommt gesund wieder zurück.
Ich werde schon ab und zu mit Euch unterwegs sein.
Alles Liebe
Birgit
Matthias und Alex (Mittwoch, 28 Juni 2017 07:21)
Moin ihr Beiden,
So, jetzt ist's soweit,heute es geht wirklich los!!
Ich/wir wünschen euch viel Spaß und viele Erlebnisse und Eindrücke.
Bringt uns aus den fernen Ländern vielleicht das ein oder andere Bierrezept mit, und überrascht uns in 2 Monaten beim nächsten Löffelkochen mit Geschmacksexplosionen aus fernen Ländern.
Bis die Tage
Matthias und Alex
Gudrun (Mittwoch, 28 Juni 2017 08:27)
Seid ihr schon da? �
Gudrun (Mittwoch, 28 Juni 2017 08:31)
Seid Ihr schon da? :-)
Anna (Mittwoch, 28 Juni 2017 12:53)
Liebe Mama, lieber Papa, schon jetzt finde ich es ganz spannend die beiträge zu lesen, wie das erst wird wenn ihr angekommen seid und aus jedem Land spannende, tolle und aufregende erlebnisse mit uns teilen werdet. Jetzt wünsche ich euch erst mal einen wundervollen Start. Lasst es euch von Herzen gut gehen und fühlt euch feste gedrückt! Auf ganz bald, zwei monate sind so schnell vorbei :)
Olli (Mittwoch, 28 Juni 2017 13:37)
Seid ihr jetzt schon da?
Stephan (Mittwoch, 28 Juni 2017 13:55)
Hallo ihr beiden,
jetzt ist die Zeit für euch gekommen und es geht endlich los. Wow, was für eine spannende Zeit wird das werden...? Ich wünsche euch beiden mega viele und unvergessliche Eindrücke, tolle Menschen, die euch begegnen und vor allem auch Gesundheit. Ich bleib am Ball und reise in Gedanken mit Euch mit.
As soon, Stephan
Kate Knox (Donnerstag, 29 Juni 2017 00:58)
LOVE seeing your pics, Claudia and Manfred! Who's the mysterious face behind the fan?!
Gudrun (Donnerstag, 29 Juni 2017 21:35)
Schön, dass Ihr gut angekommen seid. Puh. Erste Hürde lässig genommen. Manfred bitte keine Socken in den Sandalen! Und immer den orangenen Hut tragen, damit Claudia dich immer in der Menschenmenge findet.
Please Fotos! :-)
Alexandra (Freitag, 30 Juni 2017 19:29)
Liebe Claudia,
Wir fühlen uns, als wären wir dabei...
Eine sagenhafte Beschreibung eures Erlebten
Wir freuen uns auf jede Zeile und wünschen euch weiter so grandiose Erlebnisse auf eurer Rückreise....
Wir trinken gerade ein Cocktail auf unser HOCHZEITSTAG und denken an euch!
Alexandra und Matthias
Gudrun (Samstag, 01 Juli 2017 10:08)
Oh wie schön, dass Ihr einen eigenen Bus habt, um Eure Schätze nach Hause zu bringen!
Danke, dass ich hier mit Euch lernen darf: Ich dachte immer Tee-Eier sind kleine eierförmige Behälter, in die man Tee füllt. Dabei sind es einfach Eier im Tee. Eure Reise macht auch mich schlau!
Anna (Sonntag, 02 Juli 2017 21:41)
Immer wieder eine Freude, die neuen blogeinträge zu verfolgen. toll geschrieben Mutti :)
Gudrun (Montag, 03 Juli 2017 20:26)
Oh, ich vermisse meine Abendlektüre :-)
Brigitte S. (Mutter von Hanna) (Dienstag, 04 Juli 2017 17:23)
Neben der Zeitung gehört Ihr Blog für mich jetzt schon zum morgendlichen Ritual. Bin immer wieder gespannt, was es Neues auf dem Weg gibt und auch die Weisheiten und Gedichte sind eine Bereicherung.
Wir wünschen weiterhin viele spannende Begegnungen und Erfahrungen.
Gudrun (Mittwoch, 05 Juli 2017 12:13)
Ihr Lieben,
wie wäre es mit einer Sonderreportage über die Bars in chinesischen Hotels? Inzwischen habt Ihr Euch da ja ganz klar zu Fachleuten weiterqualifiziert!
Eure täglichen Tageslosungen und Weisheiten freuen mich besonders. Sie geben mir täglich neue Denkanstößte. Danke dafür. Ich werde mir zukünftig noch mehr Mühe geben, um keine Eiterbeule im SINN zu werden.
Kate Knox (Freitag, 07 Juli 2017 14:54)
What an adventure you and Manfred are having. From the people to the food and accommodation, the architecture and art - not to mention that it looks like Manfred is now piloting another kind of vehicle! Keep on trekking, Kennels!!
Olli (Freitag, 07 Juli 2017 20:38)
Gaaanz, ganz liebe Grüße an euch. Sehr spannend alles mitzuerleben mit Bild und Text. Viel Spaß weiterhin und hab euch lieb!
Gudrun (Samstag, 08 Juli 2017 19:16)
Wiie anmutig Buddha in dieser Lotosblüte meditiert. Spannend, dass er schon Poloshirts getragen hat. Wohl wie das Papier und die Nudel eine asiatische Erfindung. Ich bin beeindruckt.
Markus (Montag, 10 Juli 2017 21:41)
Hallo Claudia, hallo Manfred,
einfach toll Euren Bericht zu lesen. Ihr wisst ja, dass ich früher beruflich öfters in China war und von dem Land sehr begeistert war und wenn ich Euren Bericht so lese dann überkommt mich ein leicht sentimentales Gefühl von Vergangenheit und Fernweh. Macht weiter so und "saugt" die Eindrücke mit allen Sinnen in Euch auf.
Olli (Dienstag, 11 Juli 2017 12:26)
Oh, jetzt kommt wohl der Wüstenabschnitt! Bin schon sehr gespannt auf Bilder. Macht doch mal ein Foto davon, wie es so bei der Busfahrt aussieht :-)
Birgit (Mittwoch, 12 Juli 2017 20:59)
Hallo Ihr Beiden,
ganz tolle und kurzweilige Beiträge. Hoffentlich haltet Ihr das Schreiben und Fotografieren auch 60 Tage
so durch. Wäre schade für die Daheimgebliebenen, wenn`s nicht so wäre. Weiterhin viel Spaß!
Peter (Donnerstag, 13 Juli 2017 20:39)
Hallo Claudia, hallo Manfred,
vielen Dank für die kurzweiligen und bildhaften Reiseberichte.
Mein Kopfkino kommt wohl nicht annähernd an Eure Realität.
Weiterhin viel Spaß mit den neuen Eindrücken.
Freue mich auf die nächsten Beiträge!
Gudrun (Donnerstag, 13 Juli 2017 20:54)
Ihr Lieben,
seid Ihr wirklich auf der Seidenstraße unterwegs? Oder schickt Ihr uns einfach Bilder, die Ihr aus Reiseführern und von Postkarten abfotografiert habt? Wunderschön. Ich bin auch nicht neidisch. Ehrlich nicht. Gar nicht. Überhaupt nicht. Wirklich.
Vielleicht ein bisschen.
Und ich freue mich für Euch. Und auf Euch und auf die Geschichten, die Ihr mit nach Hause bringen werdet :-)
Sabine (Freitag, 14 Juli 2017 11:00)
Liebe Claudia,lieber Manfred,
ich sitze im heimischen Freiburg am Küchentisch und hätte eigentlich viele Dinge zu erledigen, kann mich aber gerade nicht von euren Erzählungen losreißen.Diese vielen Eindrücke müssen euch ja schier überwältigen.Es ist wirklich beeindruckend und eine helle Freude, dass wir auf diese Weise ein wenig an der Reise teilnehmen können.
Ich werde ab heute euer ständiger Gast sein und freue mich auf ein Wiedersehen.
Herzliche Grüße vom Sägplatz sendet Sabine
Kate Knox (Freitag, 14 Juli 2017 15:09)
I love following your travels through your beautiful photographs, Manfred and Claudia. You are clearly meeting a lot of people and must be learning such incredible stories through them. What a trip of a lifetime!
Helena (Samstag, 15 Juli 2017 17:00)
Einfach super, viel Spaß noch, bis zum nächsten Beitrag
Anna (Montag, 17 Juli 2017 20:01)
Wie schon einige der anderen Leser mitgeteilt haben, freue auch ich mich jeden tag aufs Neue von euren tollen Erfahrungen zu lesen. Das klingt alles unbeschreiblich, aber ihr schafft es uns ganz nah daran teilhaben zu lassen :)
Genießt es weiterhin, liebste ellies :)
Auf bald
Eure Anna
monacohelmi (Freitag, 21 Juli 2017 12:40)
Dachte immer in China fallen nur Radl um� aber anscheinend passiert dort mehr. Claudia das macht ihr sehr sehr gut. Bin stolz auf � euch. Weiter so ich warte auf � die neuesten Nachrichten weiterhin alles Gute aus Monaco
Gudrun (Samstag, 22 Juli 2017 10:38)
Liebe Reisende,
da ich eure Tagesweisheiten vermisse, habe ich mich selbst auf die Suche gemacht und schicke euch eine von dem Denker und Mahner Erich Kästner: "Toren bereisen in fremden Ländern die Museen, Weise gehen in die Tavernen".
Ich glaube, Ihr macht beides sehr gut: töricht sein und weise.
Weiter viel Freude, Wunder und Tavernen :-)
Nadine,Steven & Mädels (Dienstag, 25 Juli 2017 21:48)
Hallo ihr Lieben!
Wirklich toll euer Blog. Wir sind total beeindruckt,wunderschöne Bilder. Hört sich alles sehr spannend an. Genießt die Zeit,wir folgen euch weiter;-)
Ganz liebe Grüße von uns 4 :-*
Gudrun (Dienstag, 01 August 2017 17:24)
Liebe Reisende,
mehr als die Hälfte Eurer Reise liegt hinter Euch. Könnt Ihr überhaupt noch Orte, Erlebnisse und Zeiten auseinanderhalten? Sicherlich gibt es noch 1001 Geschichten, die Ihr mitbringen werdet.
Aber lasst Euch Zeit (Auch wenn wir Euch hier vermissen). Denn ein usbekisches Sprichwort sagt: Wer sich nicht beeilt, verhält sich richtig. Der macht aus Maulbeerblättern Seide und aus Blüten Honig.
In diesem Sinne wünsche ich Euch weiter Seide und Honig.
Ich freue mich schon auf den Diaabend mit Euch ;-)
Jennifer Lämmerhirt (Montag, 21 August 2017 20:38)
Beautiful pictures! What a magical journey.