7. September, Hamburg
23:45 Uhr
Ein langer Tag geht zu Ende. Lang und emotional.
Noch vor 2 Tagen bewegten wir uns wohliglich mit lieben Freunden im nahen Elsaß, feierten, kochten, tranken, wanderten, redeten über Gott und die Welt und fanden alles einfach wunderbar.
Dann der Tag gestern, an dem aus dem trauten Beisammensein das bekannte Einsamsein wird - immer ist das so, wenn es besonders schön war und der gemeinsame Flow abrupt zu Ende geht. Stattdessen Wäsche waschen, Aufträge an die Daheimgebliebenen verteilen, Gemüsereste schnell im Kompost entsorgen, doch noch ein letztes Paar warme Socken verstauen. Aber wofür das alles?
So lange warte ich auf diesen großen Moment. Endlich wieder losziehen, in den vertrauten Bus einsteigen, durch neue Landschaften gondeln, spannende Menschen kennen lernen. Corona aber hat mich verändert, das spüre ich kurz vor Antritt der langen Zugfahrt in Richtung Hamburg deutlich. Ich traue mir fast nicht mehr zu, der unbeschwerten Vorfreude freien Lauf zu lassen. Es geht auch nicht mehr nur darum, das Rechte einzupacken, sondern darum, an den europäischen Impfausweis zu denken, digital und am besten noch in Kopie, genügend Masken einzupacken oder zu prüfen, ob Claus Weselsky seine Lokführer wieder fahren lässt oder nicht. Kurz und gut - mir ist eher mulmig zumute.
Was soll ich sagen. Glück spielt bei den ZEITReisen bei mir eindeutig eine große Rolle. Erstes Lächeln erzeugt tatsächlich kurz vor Hamburg die Zugdurchsage, dass wir uns bitte nicht erschrecken sollten - der Zug würde ausnahmsweise 15 Minuten früher in den Bahnhof einfahren!!! Als Bahnvielfahrerin bleibe ich erstmal vollkommen sprachlos sitzen. Die Mitreisenden blicken sich ungläubig gegenseitig an. Ja, es ist wahr, wir sind früher als geplant am Startpunkt unserer Reise eingetroffen.
Und jetzt spüre ich es. Die innere Anspannung lässt nach. Ganz langsam krabbelt die Vorfreude in mir hoch. Erst recht, als wir im Le Meridien "alte" Mitreisende aus den Vorjahren wieder treffen und uns wirklich inniglich in die Arme fallen. Wow! Dass mir das so nahe geht hätte ich niemals erwartet. Alle, mit denen ich spreche, fühlen das ähnlich: wir gehören zu einer ZEITReisen Familie, die sich endlich wiedersieht und genau dort anknüpft, wo sie vor 3 bzw. 4 Jahren aufgehört hat. Fast nahtlos. Tatsächlich sitzen wir nach einer fantastischen Stadtrundfahrt mit dem genialen Hamburg-Guide Tomas Kaiser bald im Alten Lotsenhaus an der Elbe und lassen eine Anekdote nach der anderen perlend über den Tisch tropfen, als wäre es gestern gewesen. Wie wunderbar ist es, dann leicht euphorisiert in den Bus - in UNSEREN Bus - zu steigen und das Lachen von Hanne und Annette zu hören; Rainer, der einfällt; Ilona und Günter, die ihren Senf dazu abgeben; Jens, der im grünen Schlips und irgendwie leicht ergraut die Uhrzeit für die morgige Abfahrt durchgibt; Bernd, der ebenfalls seine freudige Befindlichkeit ausdrückt, dass es endlich weitergeht; Christian, mit dem ich mich über Bus-"Addiction" unterhalte und letztlich Wolfgang, unser geschätzter Reiseleiter, der strahlend nach so langer Zeit der Abstinenz endlich wieder eine Gruppe über Wollsackverwitterungen u.ä. aufklären kann.
Stimmt, da sitzen auf der Heimfahrt ins Hotel auch noch andere Mitreisende im Bus, die wir noch nicht kennen. Aber das wird sich sehr bald ändern.
Schön, wieder dabei zu sein.
8. September, Lübeck
Auf den Wunsch einer einzelnen Dame namens Gudrun vervollständige ich heute - tatsächlich ungewohnt verspätet - den Bericht über den weiteren Werdegang der Reise.
Frühstücken noch in Hamburg mit Ausblick auf die Außenalster.
10 Uhr, kleiner Empfang am Helmut-Schmidt-Haus.
Hamburg bei strahlendem Sonnenschein, gedeckte Tische mit Brezeln und gefüllten Sektgläsern, erwartungsvolle Mitreisende und kleine Ansprachen von Bernd Loppow und Chris Alexander, den Verantwortlichen von ZEITReisen (begleitet von 2 weiteren Kolleginnen), ebenso von unserem neuen Referenten Prof. Martin Krieger und dann das obligatorische Gruppenfoto auf dem Hammerburg Platz vor dem ZEIT Gebäude - nun sind wir wirklich bereit und zappeln so ein bisschen ungeduldig auf unseren Sitzen herum!
Eine gute Stunde später schon ist unser 1. Ziel erreicht: Lübeck, neben Hamburg die wichtigste Hansestadt des Mittelalters, wird von uns erkundet werden. Während der Fahrt bereitet uns Prof. Krieger mit lebendiger, bildhafter Sprache und tiefen historischen Detailkenntnissen auf die Stadt, aber auch auf den Gesamtzusammenhang der Einflüsse von Wikingern und Slaven, von Raubzügen, Handel und Leben im Großraum Ostsee vor. Sehr erhellend und ein neugierig machender Anfang.
Bei der Einfahrt in Lübeck füttere ich die Kamera gleich mit ersten Fotos des berühmtesten Wahrzeichens der Stadt. Aus dem Bus heraus ist das Holstentor in seiner Gänze tatsächlich am besten einzufangen. Dass wir direkt benachbart davon untergebracht sind, erweist sich natürlich als Glücksfall, da alle Ziele von nun an fußläufig hervorragend zu erreichen sein werden. Es erwartet uns auch gleich eine stolze Stadtführerin, die uns ihre Stadt fundiert und kenntnisreich 2 Stunden lang aus historischer und aktueller Sicht näher bringt. Eine merkwürdige Erfahrung, die ich weltweit gemacht habe ist, dass Stadtführer und Stadtführerinnen irgendwie besonders gerne ihre Gruppen auf offener Fläche, also in diesem Fall bei 26°C unter gleißender Sonne unterhalten. Manche unserer TeilnehmerInnen sind bereits kleidungsmäßig auf Winter eingestellt und unter diesen Umständen besonders gefordert, aber wir schaffen das!
Erstaunlich die vielen Geraden und Krummen, die mir überall begegnen. Dass das Holstentor genauso schief ist wie der Turm in Pisa, ist wohl eher weniger bekannt, aber auch sonst neigen sich an allen Ecken und Enden aufgrund des sumpfigen Untergrunds und den teilweise fehlenden Fundamenten die historischen Gebäude, die geschützt durch das UNESCO Welterbe aber bestens gefördert und in gutem Zustand gehalten werden. Auch die unglaublich schönen Giebelfronten in gotischer Backsteinkunst machen manchmal schwindelig, aber bisher haben sie ja doch schon einige Jahrhunderte überdauert.
Aufgrund ihrer schnell wachsenden Bedeutung wuchs die Stadt im Mittelalter rasant (ich fasse das hier alles natürlich ganz extrem zusammen) - aufgrund der Insellage wurde der Platz so eng, dass es die Auflage gab, Innenhöfe intensiv zu bebauen, damit künftige Bewohner Raum finden konnten. Eine harte Maßnahme, aber sie wurde umgesetzt. Es entstanden dadurch über 200 schmale Gänge in der gesamten Stadt, die diese Häuschen miteinander verbanden. Wir begehen nun neugierig solche Gänge und fühlen uns so ein wenig in die Vergangenheit versetzt.
Noch enger wird die Verbindung, als wir nun ausgehungert und dürstend in ein Haus eintreten, welches mit seinen Erzeugnissen seit über 200 Jahren die ganze Welt beglückt: das Stammhaus der Marzipanmanufaktur Niederegger, das genau gegenüber des historischen Rathauses platziert ist (Rückseite). Bin ja selber kein Süßigkeitenfan, aber Marzipan bildet eine ungewöhnliche Ausnahme... Also gönne ich mir wie alle anderen auch dieses unbeschreibliche Stückchen Marzipantorte, welches uns unaufgefordert hingestellt wird. Man nennt das heute gerne Geschmacksexplosion, was ich da erlebe. Wirklich ausgezeichnet. Damit die Erinnerung verbleibt, werden wir noch ein Stockwerk höher geleitet und hören, umgeben von "geschminkten" Marzipanexponaten aller Art, die Geschichte des Hauses und die Produktionsvorgänge in ihren feinen Details. Danach bin ich überzeugte Niederegger-Anhängerin.
Völlig ermattet freuen sich alle auf das Abendessen und werden auch hier wieder rundum belohnt. Im ehemaligen Gildehaus der Schiffergesellschaft, deren Motto lautete: "Zu Hilfe und Trost der Lebenden und Toten und aller, die ihren ehrlichen Unterhalt in der Schifffahrt suchen.", lassen wir uns nieder.
Heute findet unsere Reisegesellschaft Hilfe und Trost bei köstlichem Mahl in diesem seit dem 14. Jahrhundert erhaltenen Traditionshaus. Bis jetzt haben uns auch Rainer Schelpp, einer unserer ehemaligen China-Reiseleiter begleitet, ebenso Bernd Loppow von ZEITReisen, der nun leider wieder zurück muss, aber nach dem offiziellen Abschiednehmen fällt einigen Spezialisten ein, dass wir etwas vergessen haben - das traditionelle Absackergetränk fehlt noch!! Also setzen sich die Üblichen (siehe Reisen 2017 und 2018) in die dunkel getäfelte traditionelle Halle der Schiffergesellschaft auf lange harte alte Holzbänke, bei denen die Backwangen mit historischen Wappen versehen sind, an einen langen alten Holztisch und ordern in schmalen hohen kühlen Krügen das dunkle Hausbier mit einem begleitenden milden Kümmelschnaps. Und so endet der Abend, indem wir fröhlich in mildem Abendlicht durch historische Gassen zufrieden nach Hause schlendern.
Gudrun, ich hoffe du verstehst nun, weshalb die abendliche Schreiberei diesmal ausfiel...
9. September, Lübeck - Wismar - Stralsund
Mit blinzelnden Augen blicke ich am Morgen schlaftrunken durch mein Hotelzimmerfenster auf das Lübecker Stadtpanorama mit seinen vielen Türmen, welches sich bei blauem Himmel direkt hinter der träge vorbei fließenden Trave vor uns ausbreitet. Liegt das jetzt am gestrigen Hausbier bei der Schiffergesellschaft oder warum erscheinen die beiden Türme der vor mir liegenden Marienkirche ungleich lang? Hat mir da gestern Abend auf dem Heimweg eventuell jemand einen gewaltigen Bären aufgebunden? Bevor ich das richtig für mich klären kann, sind wir bereits unterwegs.
Ein letzter Blick auf die dickbäuchige Kogge im Hafen und schon macht sich unser schwarzes Gefährt mit einer vorfreudig gestimmten Gästeschar gen Wismar auf und davon .
Prof. Martin Krieger, der gestern zugestiegen ist, nutzt die Fahrtzeit, um uns weiter äußerst lebendig sowohl mit der sanft geschwungenen, abwechslungsreichen Landschaft Mecklenburgs (mit lang gesprochenem e, wie wir lernen) vertraut zu machen, als auch weiter in die reformatorischen Strömungen und Entwicklungen einzuführen, die die Bedeutung, Aufstieg und/oder Niedergang der Städte und Räume während des Mittelalters mit verständlich machen. Eine angenehme Vertiefung in die Materie.
Die Landeshauptstadt Schwerin liegt mehr oder weniger am Weg; daher stoppen wir für Erinnerungsfotos am mächtig herausragenden Sitz des Landtages, dem Schloss von Schwerin als Beispiel für den Romantischen Historismus (wer´s mag), bevor sich die Hansestadt Wismar endlich bei sommerlichen Temperaturen von 26° C vor uns ausbreitet.
Herr Hase, ein waschechter „Wismer“, führt uns mit großer Sachkenntnis und eingestreuten Lokalanekdoten durch die Entwicklungen des 12. Jahrhunderts seit der Gründung der Stadt, über den 30-jährigen Krieg hinaus, als die Schweden die Stadt besetzten, bis zum Ende des 2. Weltkrieges mit all den bekannten fatalen Folgen. Was nach der Wende daraus gemacht wurde, können wir natürlich nicht direkt vergleichen, spüren aber am Stolz in der Stimme von Herrn Hase während der Stadtpräsentation, dass doch einiges richtig gut gelaufen ist.
An einem der größten Marktplätze Norddeutschlands zeigt sich die architektonische Vielfalt der vorwiegend gotisch geprägten Backstein-Giebelfronten, hinter denen sich häufig historische Häuser aus den Ursprüngen der Stadt verbergen. Beeindruckend sind die reich verzierten Schaufassaden, die so richtig Eindruck schinden wollen und so manches Mal mehr als doppelt so hoch gebaut sind, wie das dahinter liegende Gebäude. Heute würde man das vielleicht als Fake bezeichnen, vielleicht als etwas ähnliches wie Potemkinsche Dörfer oder vielleicht einfach als Angeberei, wie unser Stadtführer so nebenbei fallen lässt. Jedenfalls sind es zumeist reich verzierte farbige Giebelfronten, die mit größeren oder kleineren runden Aussparungen auffallen. In China hätte man behauptet, dass das der Platz sei, durch den die fliegenden und sich schlängelnden Drachen ihre Wege finden müssen, im Mittelalter aber wusste man, dass dies eine notwendige Voraussetzung war, damit der nächste Sturm die gewaltige Fassade nicht einfach mitriss.
Ein Backfischbrötchen lockt uns nun zum Hafen und endlich erblicken wir das, was bisher das Thema der Reise und aller bisheriger Vorträge war – die Ostsee! Der Wettergott hat wirklich ein Auge auf uns geworfen und lässt die Hafenfassaden in goldenem Licht erstrahlen.
Gute Voraussetzung für das nächste Ziel: Stralsund.
Noch sind wir nicht angekommen, aber bereits mit vielen weiteren Informationen gefüttert. Wolfgang, unser fachkundiger Reiseleiter lässt "keine Gnade walten". Wer sich vorher mit Küstenformen der Ostsee nicht auskannte, weiß jetzt genau Bescheid. Von Kreidefelsen über Fördebuchtlandschaften, von Boddenlandschaften bis Haffküsten oder Nehrung gibt es alles zu erlernen, was der Herz begehrt. Wie diese Formationen entstanden, wissen wir jetzt auch.
Leicht erschöpft erreichen wir das Hotel. Sogleich erwartet uns der nächste Stadtführer vor unserem historischen Kontorhaus aus der Romantik-Hotelkette, dem Scheelehof. Viele Jahre lang habe ich keinen Menschen mehr erlebt, der erfüllt ist von Gedichten und Sprüchen und sie mit selbstverständlicher Verve im jeweils passenden Moment mit größter Eleganz heraussprudelt - und jetzt plötzlich steht einer vor mir. 2 Stunden folgen wir den lebendigen Erzählungen dieses Mannes und freuen uns auf das nächste Ringelnatz-Gedicht, den spontanen Heine-Einwurf oder das nächste Goethe-Zitat, welches uns jeweils zur spannenden Historie dieser Stadt serviert wird. Wir sehen viel auf diesem Rundgang, unter anderem die alte Gorch Fock im Hafen oder die lange Brücke nach Rügen, das imposante Rathaus am Markt oder das moderne Meeresmuseum außerhalb des UNESCO Welterbe Bereichs.
Wismar und Stralsund, die beide als erste Städte gemeinsam das UNESCO-Welterbe-Siegel erhielten und eigentlich immer in einem Atemzug genannt werden sollten, sind von äußerst hohem kulturellem Wert und es ist eine große Freude, sie mit fachkundiger Begleitung zu entdecken.
Aber es ist natürlich trotz aller Ermüdungserscheinungen noch nicht aller Tage Abend - direkt in die ehemalige Stadtmauer eingebaut befindet sich benachbart zu unserem Hotel ein kleines, recht unscheinbares Häuslein, welches sich bei näherem Hinschauen als die älteste Hafenkneipe Europas entpuppt. Sollte diese nicht alleine aus kulturellem Interesse besichtigt werden?! Aber natürlich! Bei der roten Hanni erhalten wir neben einem dunklem Störtebeker Bierchen einen exzellenten Kümmelschnaps, der von einer kleinen Brennerei ausschließlich für die Kneipe "Zur Fähre" hergestellt wird und sonst nirgends zu erwerben ist. Das wird in dieser dunklen "verruchten" Stube (teilweise darf hier im Nebenzimmer geraucht werden) mit witzigen Gästen getestet und für gut befunden. So gut, dass wir 2 Flaschen mitnehmen und morgen im Bus an alle ausschenken werden - wie sich das traditionell auf einer solchen Reise gehört. Das Schnäpsle heißt Fährwasser - wir nehmen die Pünktchen über dem a weg und haben nun das perfekte Fahrwasser für unterwegs.
10. September, Stralsund - Usedom - Kolberg
Zügig verlassen wir heute Morgen Stralsund.
Wir folgen der Sonne und wollen unbedingt unsere Füße in die Ostsee tauchen, so lange uns der Sommer noch vergönnt ist. Wieder führt uns der Weg durch lichte Mischwälder aus Eichen (Stil- und Hängeeichen, wie Wolfgang uns erklärt), Schwarzkiefern, Buchen und Birken. Das wirkt alles sehr leicht und abwechslungsreich. Unser Ziel ist natürlich auch, Polen heute noch rechtzeitig zu erreichen.
Auf halbem Wege rasten wir auf Karls Erdbeerhof, einer riesigen Verkaufsanlage für Erdbeerfans. Gut, dass wir gerade dahinter ein paar Kühe in die wunderbare Landschaft hinauswandern sehen; so schöpfen auch wir ein wenig abseits des Trubels von der beschaulichen Umgebung und genießen die Stille der Landschaft.
Bald aber haben wir das Seebad Heringsdorf auf Usedom erreicht. Nach einem kleinen Spaziergang und guten Gesprächen mit unseren Mitreisenden stürze ich mich - Sandalen flugs ausgezogen - den feinen Zuckersand hindurch zum Wasser. Da nur wenige Touristen um uns herum verstreut sind, genießen Manfred und ich jeden Moment in diesem feinen Sand und dem erfrischenden Wasser. Es ist uns eine Stunde vergönnt, die wir voll ausschöpfen.
Jetzt ist auch der Moment gekommen, wo wir an unser Fahrwasser denken. Eine kleine Ansprache vor der Weiterfahrt genügt und alle Mitreisenden sind von seiner heilsamen Wirkung überzeugt. Mit einem kräftigen Prost gleitet das Wässerchen die Kehlen hinab und ein Strahlen erscheint auf den Gesichtern. Diese Prozedur sollte weitergeführt werden.
Jetzt führt uns der Weg über die polnische Grenze. Dafür setzen wir in einer Fähre über die Swine über und gelangen schnurstracks nach Kolberg, einer polnischen Hafenstadt in Westpommern, die eine durchgehend wechselhafte Geschichte mit zuletzt grausamen Ereignissen während des 2. Weltkrieges durchleben musste, aber heute zu einer prosperierenden Kurstadt erblüht ist. Unser neues Hotel, auf Massentourismus eingestellt, hat den großen Vorteil, dass es nur wenige Meter von einem traumhaft schönen Strand entfernt liegt, den wir auch diesmal sofort besuchen. Da das Massenbuffet pünktlich zwischen 17.30 Uhr und 19:30 Uhr anberaumt ist, müssen wir uns sputen, um bei dem Andrang an Hungrigen ein Plätzchen zu ergattern. Wir machen uns lustig, sind aber erstaunt, wie lecker das nach polnischen Rezepturen zubereitete Essen letztendlich ist. So isses halt, ist das Fazit, welches an unserem Tisch am Ende gefunden wird.
11. September, Kolberg - Danzig
Das Frühstück um 7 Uhr ist schnell absolviert heute Morgen in Kolberg.
Wir wissen, dass wir pünktlich in Danzig ankommen müssen, denn Jens, unser Busfahrer hat strenge Ruhezeiten einzuhalten, die er auch nur sehr sehr eingeschränkt unterbrechen kann. Die Strecke ist etwas länger, aber doch von dichterem Verkehr gekennzeichnet. Offensichtlich möchten viele das Wochenende bei solch einem bezaubernden Wetter am Meer verbringen. Wir möchten es aber dennoch rechtzeitig schaffen und fiebern mit Jens mit.
Da jedoch ein weiteres wunderbares Ziel auf dem Weg liegt, steigt die Spannung ein wenig.
Dank Wolfgang bin ich ja nun mit den Küstenformen der Ostsee recht vertraut. Daher erkläre ich euch jetzt, dass wir uns einer Nehrung nähern, der Halbinsel Hel. Mit ca. 34km Länge und ca. 200-3000m Breite ist sie eine reizvolle Landzunge, die sich mit einem wunderschönen weißen Strand und bis zu 25m hohen Dünen zur Ostsee hin öffnet und gegenüberliegend zur Danziger Bucht weist und dort zu einem großen Teil mit Campingplätzen bestückt ist.
Wir wandern durch ein kleines Wäldchen zum Strand. Und kaum erblickt Conny das Wasser, reißt sie sich die Kleider vom Leib und stürzt sich, bereits mit dem Badeanzug bekleidet, in das erfrischende Naß. Daneben steht eine Kollegin in dicken Wanderschuhen und eingemummelt in wärmende Wanderklamotten und ärgert sich ein bisschen, dass sie dieses schöne Wetter nicht mitbedacht hat. So macht jede und jeder von unserer Truppe das Beste aus der Situation, aber alle sind glücklich über dieses kleine Erlebnis, welches noch lange in Gedanken nachhängt.
Was aber auch nachhängt ist die Zeit. Sie wird nun knapp. Und was auch hängt sind Wolken, die sich auf der Weiterfahrt urplötzlich am Himmel zusammengebraut haben. Schlagartig beginnt es kurz vor Danzig zu regnen und so verzögert sich die Ankunft erneut. Ach, am Ende sind es 1,5 Stunden mehr als angesetzt. Aber nicht verzagen - dann fahren wir eben übermorgen 1,5 Stunden später von hier weg. Ausschlafen ist gar nicht so übel.
Als wir uns am Abend vor dem Hotel Mercure Gdansk nahe am Zentrum zum Abendessensspaziergang treffen, stehen Polizisten an jeder Ecke. Wir werden beäugt - aber nicht nur wir. Sondern auch die hochgewachsenen jungen Männer, die mit uns die Aufzüge heruntergefahren sind. Sie alle gehören nämlich den jeweiligen Nationalteams der Länder Polen, Finnland, Russland, Ukraine, Türkei, Niederlande, Serbien und Portugal an. Es wird momentan das Achtelfinale der Europameisterschaften im Volleyball in Danzig und Ostrau (Tschechien) ausgetragen. Nachdem sie in ihren Bussen verschwinden, werden sie von der Polizei mit Blaulicht zum Austragungsort begleitet. Währenddessen verschwinden wir in einem plüschigen Traditionsrestaurant, wo wir uns prächtig amüsieren. Das sind die besten Gelegenheiten, mit unseren Mitreisenden einmal in kleineren Gruppen enger zusammen zu kommen und gute Gespräche zu führen. Spannend, was Menschen zu erzählen haben! Zum Abendessen erscheint auch unsere neue Referentin, Dr. Elke Knappe, die uns bis Nikolaiken begleiten wird.
Eigentlich hatte ich mich für den Abend mit dem polnischen Trainer verabredet (kein Spaß jetzt), aber als wir nach dem Abendessen in der Lounge auftauchen, sehen wir, dass das Spiel zwischen Polen und Finnland noch im Fernseher läuft. Das dauert also noch. Also entscheiden wir uns, uns nach einem Gläschen polnischen Rotweins (!) zurück zu ziehen. Es warteten ja auch noch so einige Blog-Nachträge.
Schauen wir einfach, was der morgige Tag so bringt. Ihr wisst ja, das Glück ist mir auf ZEITReisen so ein bisschen hold...
12. September, Danzig
Guten Morgen, Danzig!
Während ich gerade meinen doppelten Espresso im Frühstücksraum aufbrühe, fallen plötzlich richtiggehende Schatten auf mich - mindestens 20 hochgewachsene Volleyball-Spieler sind zur gleichen Zeit erschienen, um ihren Energiehaushalt zu decken. Das sind echte Erscheinungen am frühen Morgen, aber schön zu sehen, wie ein russischer Spieler seinem ukrainischen Kollegen freundschaftlich auf die Schulter klopft. Wir leben diese Meisterschaft mit, denn im Aufzug treffen wir immer wieder vereinzelt die großen Kerle und stellen ihnen diverse Fragen, die sie bereitwillig beantworten. Und so fiebern wir immer ein Stück weit mit.
Ganz gemächlich bereiten wir uns nun auf eine weitere Stadtführung vor. Die politisch kritische Danzigerin führt uns direkt zu einer besonderen historischen Stätte: zur Danziger Werft. Beeindruckend die Geschichte um die Werftarbeiterin Anna Walentynowicz, ohne die die Bewegung um die Solidarność-Bewegung niemals stattgefunden hätte und die Geschichte komplett anders verlaufen wäre. Wir rekonstruieren den Verlauf der Geschehnisse um Lech Walesa und besuchen nun die komplett umgestaltete Fläche auf der ehemaligen Leninwerft. Das rostbraune hochmoderne Bauwerk beherbergt das Europäisches Zentrum der Solidarität, wo Lech Walesa nach wie vor hin und wieder sein Büro aufsucht. Das "ESC ist auf dem Danziger Freiheitsweg eine wichtige Institution in einer ganz neuen experimentellen Formel: nicht nur ein Museum, das der Geschichte der Solidarnosc und der antikommunistischen Opposition in Polen und Europa gewidmet ist, aber auch ein Zentrum für den Dialog über die gegenwärtige Welt, ein Treffpunkt von Menschen, denen Werte wie Freiheit und Demokratie wichtig sind."
Auch rund um die Werft pulsiert das Leben. Künstler und andere frei Schaffende haben sich in den ehemaligen Werksgebäuden rundum niedergelassen und die Empfehlung unserer Stadtführerin geht dahin, dort das echte Danziger Leben zu suchen, nicht unbedingt in den klassischen Innenstadtbereichen.
Aber dennoch gehört es dazu, auch das historische Danzig kennenzulernen, um die Stadt zu verstehen. Der nächste Weg führt daher an Grass' Butt vorbei hin zur mächtigen gotischen Marienkirche, wo wir die Gunst der Stunde, nämlich der vollen 12. Stunde nutzen, um uns das Figurentheater der astronomischen Uhr aus dem 15. Jahrhundert anzuschauen. Aber schnell geht es auch hier weiter durch die unglaublich prachtvollen Straßen Danzigs wie die berühmten Frauen- oder Bernsteingasse, hinab zum Wasser und und und. 3 volle Stunden erfahren wir auf hohem Niveau viel viel Wissenswertes von einer sehr guten Stadtführerin, die uns nun entlässt, damit wir unser historisch nachempfundenes Segelschiff, die Black Pearl nicht verpassen. Das ist eine lustige Fahrt, da sich Dr. Elke Knappe zu uns an den Tisch setzt und einen Kalauer nach dem anderen zum Besten gibt. Wir rücken auf dem Weg zur Westerplatte gerne zusammen, als uns ein paar Regenschauer treffen. Dann greift auch noch ein Seebär vom Schiff zu seiner Gitarre und singt mit warmer Stimme ein paar wunderschöne polnische Lieder vor sich hin, sodass alle an Bord verstummen und sich von der melancholischen Stimmung mittragen lassen...
Wir eilen nun zurück ins Hotel, um dem Vortrag von Elke zu lauschen, die hier ist, um uns mit der Geschichte Polens vertraut zu machen und deren Verhältnis zu Minderheiten darzustellen. Oho, wieder etwas dazu gelernt.
Wir würden sicher weiter lauschen, aber ein Hotelmanager eilt pünktlich um 18:30 Uhr auf die Vortragende zu, um die Gruppe zu ermahnen - wir wollten doch jetzt zu Abendessen, also bitte! Ok. Dann mal schnell in den gekühlten Großraum und husch, ab ans Buffet. Wir fühlen uns extrem gedrängt, aber heute ist das auszuhalten, denn wir haben sowieso vor, uns das Triell der Kanzlerkandidaten im Fernsehen anzuschauen. Und das tun nun.
13. September, Danzig - Marienburg - Nikolaiken
Heute geht es Schlag auf Schlag.
Frühstück 7 Uhr, Abfahrt 8 Uhr und dann beginnt auch gleich Dr. Elke Knappe ihren abwechslungsreichen Vortrag über die Geschichte Kaliningrads. Aber natürlich geht es bei ihr nicht darum, die Jahreszahlen aneinander zu reihen, sondern um die Würze. Kleine Anekdoten und Geschichtchen aus ihrer eigenen Forschungszeit und DDR-Vergangenheit sind das Salz und der Pfeffer des nun folgenden Vormittags im Bus.
Ein kleiner Stopp an der monumentalen Ordensburg Marienburg, der größten aus Backstein errichteten Wehranlage des Mittelalters in Europa überrascht das Auge. Sie war sowohl Sitz der Hochmeister des Ordens im Deutschordensstaat als auch Residenzort polnischer Könige. Der 2. Weltkrieg machte ihre den Garaus. Sie wurde zu über 60% zerstört, ist aber bis heute hervorragend restauriert, wie wir alle anerkennen. Seit 1997 gehört sie zum Weltkulturerbe der UNESCO. Ich bin selber überrascht, wieviele Welterbe Stätten wir in den letzten 4 Jahren mit ZEITReisen schon sehen durften – das geht langsam in die Dutzende.
Parallel zur wunderschönen masurischen Landschaft, durch die wir genüsslich schaukeln, blicken wir gebannt auf die Busbildschirme. Ein Film über Marion Gräfin Dönhoff rührt uns alle stark an, da es ihre masurische Heimat ist, die wir draußen sehen. Hier hat sie 35 Jahre gelebt, bevor sie sich, wie so viele andere, auf den wochenlangen Weg gen Westen aufmachte, um dort den Rest ihres Lebens zu verbringen – und eine der angesehensten Persönlichkeiten Deutschlands wurde.
Während einer Schifffahrt über den größten Gletschersee Polens, den Spirdingsee, lassen wir die Seele baumeln. Immer wieder reißt der Himmel auf und schmeichelnd streichelt die Sonne über die Gesichter, die sich ihr zuwenden. Der Himmel über Masuren – einzigartig!
Und eine kleine Verbindung zur Dönhoff gibt es auch. Hier in Nikolaiken existiert eine Marion Dönhoff Schule, die sie selbst regelmäßig besucht hat. So ein ganz ganz kleines bisschen folgen wir also ihren Spuren, bevor wir hier direkt am See unsere nächste Übernachtungsmöglichkeit ansteuern.
Heute an diesem beschaulichen Ort sicher nicht erwartet und umso erfreuter erlebt: Der Abend wird ein furioses Feuerwerk an schönen Gesprächen, lustigen Erlebnisberichten und klangvollem Gläsergeklirre. Herrlich, diese Runde. Bedauernd verabschieden wir uns jetzt auch von Elke Knappe, die diesen Tag enorm bereichert hat.
Zu guter Letzt zu deiner Frage mit dem Butt unten bei den Kommentaren, Gudrun. Ja, man sollte immer einen Butt küssen, wenn man ihm begegnet! Das bringt Glück. Manchmal, wie beim Frosch aus dem Märchen, vielleicht sogar den richtigen Prinzen. Also, auf nach Danzig, Gudrun!!!
14. September, Nikolaiken - Kaunas
Ostpommern liegt heute Morgen verschlafen vor uns ausgebreitet. Zwar ist der Himmel verhangen, aber die Blicke schweifen dennoch sinnierend über diese ursprüngliche, sanft geschwungene und abwechslungsreiche Landschaft. Während Wolfgang sich erneut auf die uns umgebende Landschaft einlässt und von Endmoränen spricht, das Mittelalter der Erdentwicklung einbezieht und diverse Karten herumreicht, heftet sich mein Blick plötzlich auf ein großes Tier, welches sich nur wenige Meter entfernt auf Beobachtungsposten befindet. Ich kann es kaum glauben - das ist doch ein Elch! Ein frei lebender Elch. Und außerdem der erste, den ich in meinem Leben zu sehen bekomme. Ist das nicht mal wieder ein glücklicher Moment?!
Heute zieht sich die Fahrt etwas hin, aber in dem Augenblick, wo wir die Grenze zu Litauen überqueren, ist der Himmel in tiefes Blau getränkt. Das tut gut. Nach wie vor hat sich an der Landschaft nichts geändert, auch die kleinen Wohngebiete am Wegesrand wirken in ihrem architektonischen Erscheinungsbild wenig verändert. Nach geraumer Zeit fahren wir in der litauischen Wirtschaftsmetropole Kaunas mit ihren ca. 300 000 Einwohnern ein. Im Hotel dürfen wir schnell die Koffer abstellen, denn in der Lobby wartet bereits die nächste Stadtführerin auf uns.
Und los geht es zum ersten Backsteingebäude des aufstrebenden Mittelalterstädchens an der Memel. Wir hören viel von der Entwicklung zur Handels- und Hansestadt, aber auch von den Tragödien, die die Stadt auszuhalten hatte. Geprägt ist sie auch durch den Einfluß der katholischen Kirche und der Jesuiten, die bis heute eine Privatschule hier betreiben. Wir erkennen die Schülerinnen und Schüler des Jesuiten-Gymnasiums sofort an den Schuluniformen und den Logos, die groß auf den T-Shirts prangen.
Der Rathaus- bzw. Marktplatz ist großflächig und schön, wenn auch verschlafen und kaum besucht. Aber eine große, rückwärts laufende Uhr erinnert an das zu erwartende Jubiläumsjahr 2022, an dem Kaunas europäische Kulturhauptstadt sein wird. Vermutlich wird es hier dann insgesamt anders, lebendiger aussehen.
Die Fakultät für Katholische Theologie betreibt nur wenige Schritte hinter dem Rathaus ein Priester-Seminar, welches wir nur von außen - dafür sehr ausführlich - begutachten. Mir ist das alles zu katholisch, insbesondere da wir gleich neben dem Bernhardinerinnenkloster eine weitere Kirche besuchen, von der aus die alte Burganlage von Kaunas sehr gut zu sehen ist. Kleine Ohrenbeichte gefällig? Hier ist sogar das noch möglich.
Der heutige Tag wird nur kurz sein. Noch nie wurde ein 3-Gänge-Menü in dieser Geschwindigkeit serviert. Sehr köstlich das Ganze, aber kaum berührt die letzte Gabel den Teller, ist letzterer auch schon abgeräumt und sofort durch den neuen Gang ersetzt. Blitzgeschwind bringen die Mädels des Hauses dann die Getränkerechnung vorbei. Die Botschaft ist angekommen. Wir ziehen uns heute einfach mal früher zurück. Dann bis morgen! Das Meer ruft schon...
15. September, Kaunas - Nida
Bisher gehörte die Memel sicher nicht zu meinem Fachgebiet. Jetzt aber ist sie zeitgleich mit der Abfahrt vomHotel in Kaunas eine treue Begleiterin auf dem weiteren Weg. Wir folgen dem meist unbegradigten Flußbett, durchqueren das reizvolle Memeldelta und landen irgendwann tatsächlich in Memel, heute Zaipeda genannt. Die sich weit ausdehnende Ebene in diesem Landschaftsschutzgebiet erscheint in schönstem Lichte, denn uns begegnen kaum Autos und der Himmel ist blau/weiß überzogen, Tendenz mehr Blau als Weiß.
Am Ende erreichen wir das Windenburger Eck, das letzte Fleckchen einer herbstlich gezeichneten Landzunge. Ein kurzer Spaziergang führt uns zu einem kleinen alten Leuchtturm (11m), der außer Betrieb, aber begehbar ist. Hauptaugenmerk sind aber die Netze dahinter, die überall hoch aufgezogen sind und auf denen vergnügt diverse Vogelschwärme herumhüpfen. Wahrscheinlich lachen sie uns aus, denn wir befinden uns auf der ältesten Vogelwarte Europas, dominiert von einer wichtigen Beringungsstation. Jährlich werden Abertausende von Vögeln auf ihrem Vogelzug hier zur Bestimmung von Herkunft, Alter, Zustand und Ziel gefangen und mit professionell schnellem Zugriff aus den Fangreusen genommen, beringt, katalogisiert und sofort wieder frei gelassen. Ursprünglich sollte der Herr des Hauses eine kleine Erklärungseunde mit uns drehen, aber der ist nicht da - also übernimmt wie selbstverständlich Wolfgang. Der weiß das alles erwartungsgemäß genauso gut.
Auf dem Rückweg zum Bus schlendern wir an einem Bauernhof vorbei. Davor hat sich eine alte litauische Bäuerin platziert, die auf dem Hinweg noch nicht da war. Ein Tischchen voller reifer Himbeeren, roter Äpfelchen und Birnen ist plötzlich vor uns ausgebreitet und für ein paar Cent erhalten wir frisch aus ihrem Garten ein köstliches Mahl mit auf den Weg.
Und der Tag wird schöner und schöner. Ein Stück nach der Memel-Stadt Klaipeda setzen wir kurz mit der Fähre auf die kurische Nehrung über (erinnert ihr euch noch an die Küstenformationsstunde von Wolfgang?!). Höchstens 3 km breit, sehen wir auf der fast 100 km langen Nehrung mit sehnsüchtigen Augen immer wieder ein Stückchen weißen und menschenleeren Strandes zwischen den hellen lichten Waldbeständen durchschimmern. Aber unser Bus hält ganz woanders.
Wolfgang lässt uns am Hexenberg in Juodkante hinauswerfen. Neugierig folgen wir den in Holz geschnitzten Raben durch einen unbeschreiblich schönen lichtdurchfluteten Mischwald aus Eichen, Sandkiefern, Birken und anderen Laubhölzern. Außer uns ist so gut wie kein Mensch unterwegs und es hat schon etwas sehr Geheimnisvolles, diesem Rundweg zu folgen. Mitte der 70er Jahre wurde der Ort zu einem Sommerlager für Künstlerinnen und Künstler, die wertvolle Holzskulpturen schufen, mit denen dieser Weg nun bestückt ist und jede Wegbiegung zu einem kleinen Überraschungsmoment beiträgt. Im Laufe der Jahre sind viele neue Kunstwerke hinzu gekommen und zeigen eine beeindruckende Vielfalt von unterschiedlichsten Werken.
Auf den Fotos seht ihr z.B. die Geburt der Riesin Neringa (Schöpferin und Hüterin der Nehrung), die von einer Qualle gesäugt wird, Wolfgang auf dem Taufstuhl und eine benutzbare Rutsche aus Holz. Nach 1,5 Stunden freuen wir uns langsam aufs Ziel, aber das dauert noch - Jens hat am Bus eine kleine Überraschung für uns aufgebaut: typischer litauischer Baumkuchen wird nun schwesterlich geteilt und verspeist. Kurz vor dem Abendessen nicht wirklich sinnvoll, aber wer sollte es uns verbieten? Nun gut, dann aber jetzt endlich los nach Nida. Oder doch nicht?
Nachdem immer wieder sehnsuchtsvolle Träume sirenengleich aus dem hinteren Teil des Buses nach vorne getragen worden waren, erhört Wolfgang nun auch diesen Wunsch einiger sportbegeisterter MitfahrerInnen und bittet Jens, 300 m vor dem Ziel eine kleine Bucht anzusteuern. Wir erklimmen eine letzte Düne und sind überwältigt von dem weiten Blick über Meer und weißen Strand. Und sofort stürzt sich Conny erneut in die kühlenden Wellen. Gerhard folgt nach kurzem Zögern und beide bereuen es offensichtlich nicht. Der Rest der Reisegruppe hingegen genießt und sitzt schweigend im letzten Nachmittagslicht.
Unser kleines Hotel liegt beschaulich im Wald bei Nida und wir beenden den Abend bei Rotwein und guten Gesprächen.
16. September, Nida
Unsere großen Reisekoffer stehen bis an den Rand gefüllt im Zimmer - von Sommer- bis Winterbekleidung ist an alles gedacht. Doch was wähle ich heute? Der Regenponcho wird das wichtigste Utensil des Tages. Das hätte gestern noch keiner geahnt.
Aber tatsächlich hat sich über Nacht so einiges verändert. Die ersten Tropfen fallen gleich zu Beginn unserer Erkundungstour vom Himmel. Jedoch nicht nur von dort. Auch die ein oder andere Nase wird schniefend geputzt und die ersten Schals enger um den Hals geschlungen. Aber unverwüstlich, wie wir alle sind, stapfen wir wie geplant in das 1.500 Seelen große und größte Städtchen der Nehrung.
Die Vergangenheit ist ja häufig genug in der Architektur visualisiert und so finden wir auch in Nida Fischerhäuschen, die mit ihren individualisierten Holzverzierungen und der speziellen Bauweise die alten Zeiten verkörpern. Das aufgewühlte Brackwasser vor der Küste am Haff ist durch den kleinen Sturm hellbraun gefärbt, aber echte Kitesurfer finden hier heute, dessen völlig ungeachtet, ihr Eldorado. In höchsten Sprüngen führen sie unserer staunenden Truppe ihre Künste vor. Andere Touristen gibt es nicht an diesem Tag.
Langsam nähern wir uns unter Wolfgangs Führung dem heutigen Hauptziel: die - noch - zweithöchste (nach Arcachon) Wanderdüne Europas liegt vor unseren Augen. Dass der Weg so steil nach oben führt ist unerwartet, aber 60 m wollen erklommen sein und alle schaffen das erwartungsfroh. Aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen erhielten wir zu Beginn der Reise kein Russland-Visum und durften so auch nicht den geraden Weg hierher direkt durch die Exklave Kaliningrad wählen. Nun aber blicken wir winkend hinüber über die Grenze genau dort hin, denn diese verläuft nur wenige hundert Meter entfernt von uns quer über die Parnidis oder Hohe Düne hinweg von einer Küste zur gegenüberliegenden. Durch das rücksichtslose Betreten und verbotene Klettern an Hängen der Düne hat diese innerhalb von nur 20 Jahren (bis 2004) ca.15 Meter an Höhe verloren (Sandabrutsche). Gegenmaßnahmen wie Bepflanzungen und Befestigungen wirken nur sehr eingeschränkt. Immer noch verliert sie tendenziell an Höhe. Ach, was veranstalten wir Menschen immer und immer wieder so furchtbar gedankenlos. Und wie schwer ist es, kleine Wunder dieser Erde zu erhalten - dabei gehört ja auch diese Nehrung zum geschützten Weltkulturerbe der UNESCO (gemeinsam mit dem Memel-Delta und dem Kurischen Haff).
Aber es ist kalt. Wir wollen uns bewegen, um wieder warm zu werden. Also stapfen wir zielstrebig zurück. Der Weg führt durch pilzduftigen einsamen Wald durch das sehr verschlafene Nida zu einem kleinen Imbiss.
Ist es schändlich, nun zu gestehen, dass wir den weiteren Programmpunkt des Tages (wenn auch mit schlechtem Gewissen) einfach ausfallen lassen? Ich weiß, dass der Besuch des Thomas Mann Sommerhauses, nur wenige Schritte entfernt, ein absoluter Höhepunkt einer Nehrungs-Reise darstellt, ABER - wir haben uns einfach umentschieden. Bereits gestern Abend war klar, dass nun ein anderer wichtiger Reiseschwerpunkt von uns umgesetzt werden sollte.
In vielen der Länder, durch die ich reiste, suchte ich mir jeweils mein ureigenes kleines persönliches Entdeckungsmomentum. Ich wollte ganz einfach wissen, wie in der Welt massiert wird. Beispiele: In Nanjing (China) übersetzt ein Übersetzungsprogramm die Anweisungen meiner zarten chinesischen Masseurin: "Meine Schöne, damit ich dein Gesicht massieren kann, verlasse ich dich jetzt, um mir die Hände zu waschen." Nach den blumigen Worten beginnt die Massage und ich spüre meine Körperteile danach nicht mehr. Im ältesten Hammam in Buchara (Usbekistan) aus dem 16. Jahrhundert liegt man auf einem uraltem Marmorstein und kann kaum mehr atmen vor lauter Bergen an Seifenschaum und kräftiger Tiefenmassage. In Novosibirsk (Russland), in einem goldverzierten Massagetempel scheint es, als trainiere eine olympische Ringerin mit mir als Opfer - tagelange blaue Flecken bleiben als länger wirkende Erinnerung.
Und nun also auch hier mein litauischer Entdeckungsmoment. Soll ich es nach all den Erfahrungen wagen? Aber ja! Meine Masseurin lässt ein mantraähnliches kurzes Gesangsstück über das Handy in ihrem Massage-Kämmerlein erklingen; vielleicht, um in die Stimmung für die gebuchte ayurvedische Massage zu kommen. Sie befiehlt mir, mich hinzulegen. Dann beginnt sie zu singen. Parallel zum Stück. Mantraähnlich. Irritiert lausche ich und gebe mich dann aber doch der Massage hin. Irgendwann singe ich innerlich mit. Mantraähnlich. Minute für Minute vergeht und irgendwann hat dieser gesamte Massagevorgang etwas sehr Tranceähnliches. Diesmal sind mir blaue Flecken erspart geblieben und ich fühle mich rundum wie neu geboren.
Das hat sich gelohnt. Thomas Mann hätte mich in meiner Entscheidung unterstützt, meinen litauischen Entdeckungsmoment unbedingt zu leben, da bin ich mir jetzt ganz sicher.
Tag 12, 17. September, Nida-Klaipeda-Palanga-Berg der Kreuze-Riga
Liebe Gudrun, was bin ich froh, dass ich mit Thomas Mann auf einer Wellenlänge schwimme! Danke für die Bestätigung in deinem Kommentar unten - hat mir sehr gefallen!
Und so mache ich mich zufrieden auf den weiteren Weg. Zwar verlassen wir diese wunderschöne Nehrung bei tiefhängenden dunklen Wolken, aber schon in Memel (Klaipeda) huscht so manches Lächeln über die Gesichter, als wir bei einem Mini-Stadtrundgang kleine Kunstwerke entdecken, die ohne Wolfgangs Mithilfe sicher unentdeckt geblieben wären, so versteckt liegen/hängen/stehen sie in den Seitengassen der Stadt, die unter anderem durch die Statue des Ännchen von Tharau bekannt ist, die hier vor dem Theater mitten auf dem Hauptplatz aufgebaut ist. Aber es ist auch schön, recht bald wieder eingemummelt im Bus zu sitzen, denn das naß-kalte Wetter ist gewiss nicht so einladend für einen Stadtrundgang. Die verstärkt schniefenden Nasen geben mir da Recht.
Bald erreichen wir das Schloß Palanga, in dem ein weltberühmtes Bernstein-Museum untergebracht ist. Endlich, nachdem wir so viel über den baltischen Bernstein gehört haben und seit geraumer Zeit an den weltweit größten Bernsteinfundorten entlanggefahren sind, können wir uns nun wunderschöne Exemplare im Detail und in Ruhe anschauen. Eine Kuratorin begleitet uns und teilt sehr auskunftsfreudig ihr Wissen. Durch Vergrößerungsgläser erkennt man hervorragend jedes Beinchen von Spinnen und Käferchen im Harz der ausgestorbenen Zuckerkiefern; jeder Fliegenschiss und jedes Sämchen von nicht mehr existierenden Blüten wird sichtbar und Moose in besonders schönen Exemplaren liegen eingefasst in Silberspangen, in denen sie irgendwann einmal von jemandem als Schmuck getragen wurden.
Auch das, was man aus Bernstein sonst noch hergestellt hat, kann man hier in Form von Gebrauchsgegenständen finden. Sehr sehenswert!
Zurückgestapft durch einen wunderschönen alten Park lehnen wir uns nun entspannt in die Bussitze zurück. Es ist schön, auch bei schlechtem Wetter in die vorbei ziehende Landschaft zu schauen. Wir nähern uns 100 km später schaukelnd einem, auch touristisch, bedeutsamen Hügel in Litauen: dem sogenannten Berg der Kreuze. Bereits bei meiner letzten Reise von Shanghai nach Hamburg haben wir hier gehalten und ich kann erneut nur mein Unwohlsein ausdrücken, welches mich hier befällt. Abertausende von Kreuzen sind hier auf Hügeln von Einzelpersonen bis hin zu Institutionen eng auf eng, kreuz und quer, aneinandergereiht. Sie sind angeblich "das Symbol für die litauische Seele, in der Glaube, Frömmigkeit und der Wille nach Unabhängigkeit tief verankert sind" (Reisebeschreibung). Da will ich nicht weiter drauf eingehen.
Weiter geht es zu einem der Reiseziele, auf die ich mich mit am meisten gefreut habe: Riga.
Nach einem langen Tag freuen wir uns alle auf die Hauptstadt Lettlands, die sich beim Überqueren der Düna mit einer prächtigen Silhouette bei leuchtend blauem Himmel (oh Wunder wieder einmal) vor uns ausdehnt. Nach einer kurzen Fahrt geht es wieder zurück über den Fluß. Wieso das denn? Unser Hotel liegt doch mitten in der Altstadt. Stattdessen kurven wir immer weiter hinaus aus der Stadt. Nach 6 km stoppen wir an einem Hotel mit großer Tankstelle an der gut befahrenen Straße. Das ist doch nicht das angegebene Hotel! Wie habe ich mich auf den Gang in die Altstadt gefreut - und nun das! Unbemerkt von allen wurde also das Hotel geändert und die Mitreisenden (auch ich) sind aufgebracht. Wie sollen wir Riga von hier aus entdecken? Nach einem sehr bescheidenen Abendessen ist es zu spät, um entspannt nach draußen zu gehen. Ein paar Entschlossene nehmen sich dennoch Taxis (die erst nach langen Wartezeiten eintreffen) und finden irgendwo in der Stadt ein schnelles Bierchen. Manfred und ich entscheiden uns dagegen und setzen uns mit ein paar anderen in die Lounge. Der Abend wird lustig - und lustiger. Im Laufe der Stunden entdecken wir einen Elefanten nach dem anderen, sogar Mammuts und lachen, bis uns die Tränen die Wangen herablaufen. Staunende Leser dürfen uns nun beileibe nicht unterstellen, dass Alkohol der Auslöser von eventuellen Fantasiegebilden sein könnte, denn in Wirklichkeit befinden wir uns im Hotel Rixwell Elefant, wo viele dieser Exponate in irgendeiner Form in Erscheinung treten. Also Ende gut, alles gut? Ja und nein. Ja, weil wir den lustigsten Abend der bisherigen Reise erlebt haben. Nein, weil ich mich immer noch ärgere, dass wir eine Reise tun, die in einem nichtssagenden Hotel verbracht werden muss.
Was aber sicher bleiben wird ist die Erinnerung an Elefanten.
Tag 12, 18. September, Riga
Oh, es ist soweit: Riga.
Wie ein Geschenk empfinde ich diesen Tag. Der Himmel kann nicht blauer sein als heute. Das Funkeln der Düna nicht freudiger. Unser Bus fährt endlich in die Altstadt ein. Unsere Stadtführerin hat uns bereits auf einen schönen Rundgang vorbereitet, aber ich, da ich diese Führung bereits kenne, habe mich entschlossen, alleine loszuziehen. Mein Rucksack ist vollgestopft mit Wäsche, die ich in einem Waschsalon, den ich mir vorher ausgesucht habe (nahe des Hotels in der Altstadt, in dem wir laut Plan ursprünglich einchecken sollten - sorry, ich kann es nicht lassen...), durchwalken möchte. Vielleicht lächle ich vor mich hin, ich weiß es nicht. Aber ich fühle mich so, lächelnd. Die Luft ist sehr kühl, aber sonnendurchtränkt. Die Straßen sind leer, aber üppiger bunter Blumenschmuck erhellt immer noch jede Ecke. Kurz vor meinem Ziel erblicke ich seitlich einen Park. Natürlich zieht es mich zu den weißen Zeltdächern, die hier aufgebaut sind. Ein kleiner Künstlermarkt wird demnächst seine Pforten für hoffentlich mehr Publikum öffnen. Es ist nämlich fast menschenleer hier. Und dann steht da vorne eine einzelne junge Frau auf dem Rasen, ein Mikrofon in der Hand. Niemand in der Nähe. Dennoch hebt sie es vor den Mund und beginnt zu singen. Mir rieselt es den Rücken hinab. Was für eine Stimme!!! Ich stehe mutterseelenalleine vor ihr (filme sie ein bisschen) und lausche diesem lettischen Gesang. Wieso strömen nicht alle hin zu diesem Baum mit den leuchtend roten Vogelbeeren, um das zu sehen? Als ich mich umblicke, sehe ich Bänke, auf denen die Menschen vereinzelt und mit geschlossenen Augen sitzen, die Gesichter gen Sonne gereckt und so diese Stimmung in sich aufnehmen. Langsam entferne auch ich mich leise und der Gesang verklingt hinter mir.
Stück um Stück nähere ich mich nun dem Waschsalon. Immer noch träumend und die Häuserfronten um mich herum betrachtend. Wolfgang hat uns schon mehrmals auf die Jugendstilfassaden aufmerksam gemacht und so achte ich genau auf das, was mir da begegnet. Zu konzentriert vielleicht? Zu euphorisch noch dazu?
Von einer zur nächsten Sekunde jedenfalls liege ich auf der Straße. Ja, einfach so vom Gehsteig abgerutscht, betrachte ich nun den Asphalt nur wenige Zentimeter von meiner Nase entfernt aufs Interessierteste. Aufstehen kann ich gerade noch, aber dann ist der Schockzustand auch schon beendet. Schmerzen durchfahren mein Fußgelenk und nur mit fest zusammen gebissenen Zähnen erreiche ich das 20 Meter entfernt liegende Ziel. Wäsche abgeben gelingt in letzter Sekunde und dann humpele ich zur nächsten Apotheke, die man mir zuweist.
Wie jede Leserin und jeder Leser mittlerweile weiß, bin ich auf diesen Reisen eine vom Glück Verfolgte. Man muss dies immer nur richtig interpretieren!
Diesmal sind es viele Glücke hintereinander: die Apotheke liegt nur 50 entfernt. Die Apothekerin spricht Englisch und ist extrem hilfsbereit. Ich darf im Hinterzimmer sitzen und sie versorgt mich mit kühlendem Eis. Während sich nun der herbeigerufene Manfred mit einem Taxi nähert, besorgt die Apothekerin die Adresse des in Frage kommenden Krankenhauses, welches meine Lage durchchecken soll.
Oho, das ist nun mal ein Erlebnis der besonderen Art! Riga am Samstag im Krankenhaus. Manfred darf aufgrund der Corona Regeln nicht mit hinein und geht die 8 km zurück in die Stadt, um unsere Wäsche abzuholen. Für mich bedeutet das, 3 Stunden Wartezeit, in einem kleinen Wartezimmer mit vielen anderen Patienten auszuharren, die mich beäugen, aber nach einiger Zeit auf Russisch und Lettisch ihr Bedauern zum Ausdruck bringen oder mir Glück wünschen. Ein Arzt, der sich ein oberflächliches Bild verschafft, mich zum Röntgen schickt und mich dann lässig von dannen schickt. Einzig das wollte ich wissen: es ist nichts gebrochen! Ein Taxi bringt mich mit meinen unendlichen Schmerzen ins Hotel zurück.
Nun aber der Höhepunkt meiner Glückssträhne (ich meine das im Ernst). Noch am Morgen habe ich mich kurz bei meiner lettischen Perlen-Freundin Egija online gemeldet, die ich eigentlich nur als Facebook-Freundin kenne, einige Perlen von ihr besitze und bei meinen Baltikum-Reisen kurz zum Kaffee traf. Ich grüßte am Morgen also kurz und meldete später, was mir widerfahren war. Kaum gehört schreibt sie nun, dass sie ein paar Krücken habe, die sie mir unverzüglich vorbeibringen wolle, damit ich sie auf meiner Reise nutzen könne. Ich lehne ab, da ich natürlich keinerlei Umstände machen möchte. Sie beharrt aber unaufhörlich darauf, sie zu übergeben, so dass am Ende Manfred am Schwarzhäupterhaus steht und Egija aus ihrem Auto heraus 2 wunderbare Krücken herausreicht, die ich nun vollster Dankbarkeit in Empfang genommen habe. Einer Mitreisenden stehen die Tränen in den Augen, als Manfred von dieser Geschichte erzählt. "Solidarität" nennt sie das. Ich nenne das uneigennützige und freundschaftliche Hilfsbereitschaft. Und bin so dankbar!
Tag 14, 19. September, Riga-Saulkrasti-Pärnu-Kuressaare
Und die uneigennützige und freundschaftliche Hilfsbereitschaft setzt sich fort.
Unsere Reisetruppe ist heute ständig darauf bedacht, mir das Leben leichter zu machen. Die Türen werden mir aufgehalten, Hindernisse auf die Seite geschafft, Medikamente und Überlebens-Tipps angeboten, gute Worte zugesprochen und überhaupt: ich genieße diese "Solidarität". Gäbe es allerdings die Krücken nicht, wäre ich heute verloren. So aber erreiche auch ich einige der Sehenswürdigkeiten, die auf unserem Wege liegen.
Saulkrasti mit seiner Weißen Düne allerdings bleibt mir noch verwehrt - obwohl ich mich mit großer Begeisterung an diese Gegend erinnere. Erst vor 2 Jahren haben wir doch mit unseren Freunden hier ein paar Tage verbracht, inmitten dieses lichten Waldes, fast direkt am einmaligen weißen Strand an der Bernsteinküste in einem herrlichen Blockhaus. Da unser Weg aber weiter die Küste hinauf führt, darf ich den Strand dann doch noch genießen. Eigentlich würde ich das als Geheimtipp bezeichnen, aber ich teile dann doch gerne, dass sich die Gegend um Kabli Rand von einer großen Schönheit und scheinbaren Unberührtheit darstellt. Ich weiß nicht, wie es in der Touristen-Hochsaison aussieht, aber im Moment sind wir alleine in einer bezaubernden Landschaft, zufällig hier gestrandet, weil Jens mal wieder seine Pausenzeit einhalten muss. Herrlich!
Weiter die Bernsteinküste entlang, passieren wir dann irgendwann fast unbemerkt die Grenze nach Estland. Die aufgerollten Strohballen auf den abgeernteten Wiesenflächen am Wegesrand sind ordentlich in Reihen gestapelt, kleine Wäldchen wechseln sich mit idyllischen Rietflächen ab. Das Wetter zeigt sich nach wie vor von seiner allerschönsten Seite.
Nach Pärnu, dem ersten estländischen Städtchen, in dem wir kurz für eine Tankpause anhalten, erreichen wir - nach einigen Schwierigkeiten mit den Vouchers - die Fähre nach Muhu. Wer kennt Muhu? Ich habe mich sofort verliebt. Abseits der Hauptpiste, die direkt zum Damm in Richtung Saareema (Estlands größte Insel) führt, besuchen wir ein einsam gelegenes pittoreskes Fischerdörfchen namens Koguva auf diesem Eiland, welches Teil eines Biosphärenreservats der UNESCO ist. Zu hören ist nur der Wind in den Wipfeln der Eichen, ansonsten sind alle ReiseteilnehmerInnen ausgeströmt, um die sonnendurchtränkten Moose auf den aufgeschichteten alten Steinmauern zu berühren oder die reifen roten Äpfelchen auf den Bäumen in den großflächigen Gärten der rietgedeckten Häuschen und Häuser zu fotografieren. Hier ist Durchatmen angesagt!
Aber es muss ja weitergehen.
Auf Saareema stoppen wir gleich darauf erneut. Der älteste estnische Sakralbau steht sonnenbeschienen direkt an der Straße. Die ev.-lutherische Martin-Kirche ist jedoch leider geschlossen. Sehr schade.
Wieder nur wenige Minuten später dann unser vorletztes Ziel: der erste wissenschaftlich nachgewiesene Meteoritenkrater Europas in Kaali.
"Der 18 Km von Kuressaare im Wäldchen von Kaali gelegene Hauptkrater (Kaali Meteoriidikraater) ist ein grünlicher Tümpel von etwa 50 Metern Durchmesser, umgeben von einem 16 Meter hohen Erdwall mit einem Durchmesser von 110 Metern. Im Umfeld des Einschlagkraters lassen sich 8 Nebenkrater finden, die mit Durchmessern zwischen 15 und 40 Meter deutlich kleiner ausfallen." (Wikipedia)
Nach einem langen und erlebnisreichen Tag erreichen wir die Haupt-Stadt der Insel: Kuressaare. Im netten Hotel Arensburg (dt. Name für Kuressaare) direkt im Zentrum finden wir uns zum köstlichsten Abendmahl der Reise zusammen (Lachsforelle). Fuß pass auf - heute geht es zeitig zu Bett, damit du morgen wieder ein Stückchen fitter bist. Gute Nacht!
Tag 14, 20. September, Kuressaare-Angla-Panga-Sääre-Kuressaare
Während sich unsere Gruppe durch diesen bezaubernden Ort führen lässt, lasse ich mich von meinem angeschlagenen Fuß führen, so weit dieser es zulässt. Das ist nicht weit, aber immer noch bin ich froh, meine Krücke zu haben. Die zweite habe ich bereits bei Jens dauerhaft im Bus verstaut. Gegenüber vom Hotel sitzen 4 alte Lettinnen gemütlich hinter ihren Strickwaren, die sie auf kleinen Tischen in einem kleinen Hof sorgfältig ausgebreitet haben. Sie schwatzen und kichern miteinander, bis ich als interessierte Kundin hinzutrete, dann ist Stille. Irgendwann halten sie es nicht mehr aus, das sehe ich ihren Gesichtern an. Sie tasten sich vor und wollen wissen, welche Sprache ich spreche – und dann geht es los. Ein lustiges Kauderwelsch an Lettisch, Deutsch, Englisch und Russisch lässt uns nun alle kichern, denn als klar wird, dass eine Dame auf Deutsch nur „Ich liebe dich“ sagen kann, überhäufen wir uns nun in allen Sprachen begeistert gegenseitig mit Liebe.
Voll der herzlichen Liebe freue ich mich nun auf die anstehende Inselrundfahrt. Die überraschend große Insel war früher geprägt von Bockwindmühlen, von denen wir uns drei anschauen. Wie immer befindet sich außer uns niemand weit und breit an diesem und den nächsten Orten, trotz unwirklich schönem Wetter. Die Bockwindmühle ist der älteste Windmühlentyp Europas. Sie ist auf einem Pfahl aufgeständert, der wiederum in Gestein gehüllt ist, um die Mühle vor dem Kippen zu schützen. Drei etwas unterschiedliche Beispiele stehen nun vor uns, verschönert durch davor drapierte alte, komplett verrostete Traktoren, Hasen im Gatter und einer Vogelscheuche in Form eines Gespenstes. Das alles wirkt etwas eigentümlich verloren inmitten der Landschaft, aber wir machen uns weiter keine Gedanken, denn der nächste Tageshöhepunkt wird angesteuert - die ebenfalls menschenleere 21 Meter hohe Steilküste bei Panga. Kalter Wind zerzaust unsere Frisuren, aber wir sind ja alle auf kältere Temperaturen eingestellt – Hauptsache die Sonne scheint. Hier stimmt alles, sogar die Sonnenuhr, die die exakte Uhrzeit angibt, 16 Uhr. Auf dem Meer schwimmen unzählige Schwäne in einer weiten halbkreisförmigen scheinbaren Bucht. Direkt unter der Wasseroberfläche müssen sich Felsformationen befinden, die die Brandung abhalten, denn hier fühlen sich die Wasservögel offenbar ungestört und wohl. Draußen dagegen rollen die Wellen heftig gegen das unsichtbare Gestein und es ist dort auch kein Schwan zu sehen. Ebenfalls ein unwirklicher Anblick.
Nun aber rollen wir 90 km weiter gen Südspitze, zum äußersten Punkt der Insel. Ein 1960 von den Sowjets erbauter Leuchtturm reckt sich bedrohlich wirkend in den Himmel. Die Gegend war Sperrgebiet und die Überbleibsel des Militärs sind noch überall am Strand zu finden; rostzerfressene Helme, dunkle Rohre, Metallteilchen und eben dieser merkwürdige schwarz-weiße Turm, der nun für Touristen zugänglich ist.
Leider machen wir die Erfahrung, dass die Saison rundum lange beendet ist, denn Zugang zu den interessanten Gebäuden finden wir nirgends. Der Weg ist gesäumt von verschlossenen Türen, egal ob das Kirchen, historische Gebäude oder eben Leuchttürme sind. Da ich jedoch immer versuche, die positive Seite der Medaille zu finden, betone ich an dieser Stelle, dass der Genuß der herrlichen Landschaft ohne nervige Menschenmassen für mich ein kleiner Sinnesrausch ist.
Der Gaumenschmaus am Abend im Hotel läutet wieder eine gesellige Runde ein, aber die Seeluft hat auch müde gemacht und so ziehen wir recht früh die ledrigen Vorhänge vor unsere merkwürdigen deckenhohen Eckfenster mit einem allerletzten Blick auf den vollen Mond.
Tag 15, Kuressaare - Muhu -Tallinn
Mit ein wenig Wehmut behaftet verlassen wir heute Saareema und die kleine Insel Muhu per Fährpassage. Ja, hier war es wirklich schön.
Der Himmel ist wolkenbehangen und wir fahrn, fahrn, fahrn.
Irgendwann dann doch erblicken wir die Silhouette von Tallinn, der nördlichsten der baltischen Hauptstädte. Ich habe sie in schönster Erinnerung – nicht aber das Hotel, in das wir gerade einchecken. Boah, schon wieder massentouristengemäß. Das Geraune in unserer Gruppe wird nun auch lauter. Viele ärgern sich mehr und mehr über die Unterbringung.
Aber schnell, schnell die positive Seite – wir sind tatsächlich nur ganz wenige Meter vom Altstadtzentrum (UNESCO-Welterbe) entfernt, was meinem Fuß sehr zugute kommt. Manfred und ich nutzen die Strecke sogleich, aber leider schaffe ich es trotz optimistischer Erwartung nicht allzu weit und kehre um, während sich Manfred sehr viele schöne Eindrücke verschafft. Er erkundet fast die gesamte Stadt und kehrt mit erfreuten Beschreibungen zurück.
Ich weiß, dass ich am Abend wieder hinaus muss. Das Abendessen wird in einem historischen Keller des „Maikhrav“ statt finden. Corona und der dadurch sehr eingeschränkte Tourismus, aber vielleicht auch die Jahreszeit wirken sich in der Stadt und spürbar hier im Hause aus. Wir sind die einzigen Gäste, es wurde nur für uns geöffnet und gekocht. Die Truppe sitzt an langen Tischen und just bei uns ist mir gegenüber mittig ein Platz frei geblieben. So, als würden wir noch einen fehlenden Gast erwarten, obwohl wir ja eigentlich vollständig sind – und da kommt er dann auch völlig überraschend: Michael Thumann, unser längst erwarteter ZEIT-Korrespondent! Ich freue mich sehr, ihn nach so langer Zeit wiederzusehen, nachdem wir über die Jahre seit der letzten Reise immer irgendwie in Kontakt geblieben sind. Ich hatte gehofft, dass er uns ein paar Tage begleiten würde, wie angekündigt, aber leider ist er nur für zwei Nächte hier in Tallinn dabei. Aber wir nutzen die Zeit. Ein Vortrag über die politisch-historische und aktuelle Situation der baltischen Staaten im Verhältnis untereinander, zu Russland und der EU wird von einer regen Diskussion begleitet. Wer die Artikel von Michael kennt, weiß, wie gut strukturiert und analytisch hochwertig und spannend seine Beiträge sind.
Gut, dass der Abend nun nicht endet. Wir landen mit Michael in der Hotel-Bar und analysieren nun auf einem leicht anderen Niveau die Dinge des Lebens…
Tag 16, Tallinn
Manchmal ist es ganz schön, wenn man etwas ausschlafen kann – heute Morgen ist der Beginn der Stadtführung um 10 Uhr angesetzt, daher eine gerne angenommene Startzeit.
Ich kenne Tallinn ja bereits, aber die Führerin übermittelt in ihrer fachkundigen sympathischen Art neue Aspekte und Blickpunkte, die neugierig machen. Leider muss ich bald passen. Als Hinkefuss behindere ich die Geschwindigkeit der Truppe und lasse mich zurückfallen.
Außerdem schmerzt es beim Anstieg nach oben auf die Burg und so gehe ich meiner eigenen Wege.
Das mache ich ja sowieso gerne.
Auf diese Weise finden meine Augen die Dinge, von denen sie angezogen werden und ich betrachte die Dinge nicht durch fremde Augen. Beides hat ja Vor- und Nachteile, aber genau jetzt ist mein Weg gerade der richtige. Angefügt findet ihr Fotos meiner Entdeckungsreise. Sogar ein fauler Spatz inmitten eines dichten dornigen Gestrüpps folgt mir aufgeplustert und unaufgeregt mit seinen dunklen Knopfaugen.
Die Stadt ist recht leer und so setze ich mich um die Mittagszeit an den Marktplatz und wärme mich unter einem Heizkegel (ja, ja, super klimaunfreundlich, ich weiß) mit einer leckeren Fischsuppe und einem Earl Grey auf. Ich gehe meinen Weg innerlich noch einmal durch, von dem Museum, in dem die Gefängniszellen des KGB zu besichtigen sind, vorbei am berühmten Cafe mit den Marzipanspezialitäten, die unfassbare Jugendstil-Fassade, die ich in Ruhe von meinem Schaufensterplatz gegenüber betrachtete, die Baustelle, die alte Gemäuer frei legte, die Hausfront, deren Fenster komplett mit Fotografien verkleidet sind und und und. Es fügt sich, dass plötzlich meine Reisegruppe auftaucht und auch Manfred, Ilona und Günther ihr Süppchen begehren. Wir erfüllen noch meinen Wunsch, die älteste Apotheke Europas (1422) zu besuchen. Die Ratsapotheke war bereits beim letzten Besuch eines meiner Highlights, da sie immer noch alte Rezepturen zusammenstellt und zum Verkauf anbietet.
Noch vor dem Abendbuffet im Hotel genießen wir Michael Thumanns 2. Vortrag über seine Nachforschungen zu Roman von Ungern-Sternberg, der in Tallin lebte und als Kommandeur der Weißen Armee sein Unwesen vor allem in der Mongolei trieb. Meine Empfehlung: lest den ZEIT Beitrag selber (googeln) – sehr lesenswert.
Wie beruhigend, dass auch Michael am Abend sein letztes Bierchen mit uns teilen will, und so blicken wir gemeinsam auf die Parteienlandschaft und prognostizieren so kurz vor der Bundestagswahl künftige Regierungskonstellationen in allen Facetten. Wieder wird´s ein sehr lustiger Abend, der nur durch den Kellner beendet wird, der die letzte Runde einläutet.
Tag 17, Tallinn - Helsinki - Imatra
Am Morgen um 9 Uhr verabschiedet sich Michael ein letztes Mal von uns, bevor wir in den Bus steigen und die paar Meter zum Hafen runterfahren. Das schlechte Wetter unterstreicht die gesunkene Laune, die von der Gruppe Besitz ergriffen hat. Irgendeine Form von noch nicht ganz zu greifender Unzufriedenheit macht die Runde.
An der Fähre nach Helsinki angekommen erwartet uns eine Überraschung. Wir werden nicht zur Überfahrt zugelassen. Es stellt sich heraus, dass die Vouchernummer im System nicht existent ist. Nun beginnt ein Anrufmarathon zwischen Wolfgang und den diversen Organisationen, die eventuell zuständig sind. Dies ist unser 2. Fährenvorfall, bei dem wir passen müssen und für den Reiseleiter ist dies ein Desaster. Aber Wolfgang bleibt, rein äußerlich zumindest, gelassen. Während wir am Ende 3 Stunden in der riesigen menschenleeren Vorhalle ausharren, wird die Lage endlich bereinigt. Zufrieden genießen wir eine 2,5 stündige Überfahrt, bevor es bei tiefgrauem Himmel in die kaum noch zu erkennende Landschaft Richtung Osten geht. Helsinki lassen wir vorerst einmal 2 Tage links liegen. Plötzlich lenkt Jens seinen Bus nach rechts ab auf einen kleinen Parkplatz mitten im Wald. Wann endlich kommen wir an unserem Ziel an? Wir haben doch schon so viel Zeit verloren und sehnen uns nach einem vielversprechenden schönen Ankunftsort, ca 250 km von der Hauptstadt entfernt. Aber wir werden wirklich überrascht. Ein paar Schritte nur durch den Wald wandernd sehen wir zwischen den Bäumen Wasser aufblitzen. Kleine Wasserschnellen rauschen um Felsblöcke herum und ein wunderschöner Flußlauf berührt eine hölzerne Anlauffläche. Daneben ruht in exponierter Lage ein großes ochsenblutrotes Landhaus, welches in gebührendem Abstand von scheinbar wild umher gewürfelten kleineren Hausensembles umringt ist. Hier also hat Zar Alexander III einst mit seinem Hof gefischt und seine Freizeit verbracht. Unsere Leute streifen umher und sind erst einmal wieder mit ihrem Leben im Bus versöhnt.
10 km von der russischen Grenze entfernt landen wir nun aber endlich in unserer neuen Unterkunft an der finnischen Seenplatte, im kleinen Ort Imatra. Was soll ich sagen?! Wir sind sprachlos. Vor Freude? Nein, vom Gegenteil. Schon wieder Hostel-Atmosphäre, starrender Schmutz und Dreck in Zimmer und im Abfertigungs-Speiseraum (mit rigorosem Befehls-Einweiser), der Matratzen-Höhenunterschied unserer beider Betten beträgt 20 cm, vom Badzustand ganz zu schweigen. Och nee, um nette Finnen kennen zu lernen sind wir hier so was von am falschen Fleck. Und nun sollen 2 Abende gefüllt werden… Wir sitzen nach dem lieblosen Abendessen in kleiner Runde in einem kalten Raum und sehen, dass die Angestellten unruhig warten, bis die Zeiger auf 22.30 Uhr wandern, denn dann ist SCHLUSS. Och nee!
Tag 18, Imatra (finnische Seenplatte)
Das Frühstück bei dünnem Kaffee ist schnell vollbracht und gegen 10 Uhr bietet Wolfgang für alle Freiwilligen einen geführten Spaziergang auf die kleine Nachbarinsel an, um uns weiter mit den geologischen Gegebenheiten vertraut zu machen und um vielleicht die eine oder andere Blaubeere zu finden. Leider schaffe ich es nur zum Teil und kehre mit Manfred um. Auch gut, denn bei diesem traurigen Himmel macht das alles in dieser trostlosen Umgebung keinen Spaß. Manfred verschwindet in der Sauna, ist aber schnell wieder zurück, denn diese ist höchstens als zweckmäßig zu bezeichnen, da jedwede Liege- oder Ruhemöglichkeit fehlt. Die integrierte „Badelandschaft“ ist kaum besucht. Alles ist schmuddelig und anonym. Der Tag schleicht dahin. Auch der Abend wird nicht schöner. Verlass ist eigentlich immer nur auf unsere Mitreisenden, die ebenfalls versuchen, das Beste aus der Situation zu machen – aber bitte nur bis 22.30 Uhr!! Und dann ist Schluss.
Tag 19, 25. September, Imatra - Verla - Lahti - Helsinki
ALLE starten frohgemut in diesen neuen Tag. Trotz schlechtem Wetter. Wir wollen nur weg!
Und recht bald können wir wieder halbwegs durchatmen. Die Strecke führt durch die schöne Birkenlandschaft und bald biegen wir links ab, scheinbar ins Nichts. Nur noch 3 km bis Verla. Wer kennt diesen Ort? UNESCO Welterbe? Nie hätten wir dies ohne konkrete Hinweise erahnen können, dass dieses kleine abseitig gelegene Gebäude-Ensemble derart geadelt worden wäre. Wunderschön an einem Flußlauf und kleinem See gelegen, ragt eine alte, stillgelegte Kartonagefabrik vor uns auf. Über eine schmale Brücke gelangt der Bus auf einen – wie immer – freien Parkplatz und wir verlustieren uns auf dem Gelände. Leiser Nieselregen landet auf diversen Häuptern und unseren Kameras, aber fremdartige Motive lenken davon ab. Mir gefallen die häufig überdimensionierten Lampenschirme, die uns auch so überall im Lande begegnen. Die „Nordlichter“ sehnen sich aufgrund der vielen dunklen Tage offensichtlich nach so viel Licht und Helligkeit wie nur irgend möglich.
Nachdem Jens seinen Kaffee mal wieder fürsorglich für uns vorgebrüht hat, laben wir uns und fahren wohlgestimmt weiter nach Lahti. Jede Wintersportlerin, jeder Wintersportler freut sich nun auf diesen Anblick, der bereits von Weitem für alle ersichtlich hoch über der städtischen Silhouette aufragt: die Ski-Sprungschanzen von Lahti. Männer und Frauen können sich hier von 3 unterschiedlichen Höhen das ganze Jahr über in die Tiefe stürzen. Die höchste endet in einem öffentlich zugänglichen Schwimmbad, wenn im Sommer die abnehmbare Landefläche hochgeklappt wird. Gemütlich kann man dann auf der Liegefläche dösend die SpringerInnen bei ihren Übungssprüngen von der mittleren Schanze beobachten. Die meisten ReiseteilnehmerInnen wagen den Gang nach oben Richtung Schanzen, denn über unzählige Stufen kann man mindestens die 2 kleineren davon erklimmen. Allerdings erreichen nur 2 Tapfere das Ziel, während die anderen aus Höhenangst oder mangelnder Kondition abbrechen. Ich beobachte währenddessen von unten einen kleinen Mountainbikefahrer-Wettbewerb, bei dem schmutzstarrende Fahrradfahrer beiderlei Geschlechts hier glücklich lächelnd ins Ziel einfahren.
Kaum am Bus angelangt, wabert der Duft von frisch aufgebrühten Würsten den Weg entlang. Jens hat uns aus seiner Heimatstadt Erfurt echte Thüringer Würste bis hierher transportiert, um mit uns das Bergfest zu feiern. Ja, heute haben wir die Hälfte unserer Reisestrecke gemeistert. Bei Bier und Würstle stoßen wir zufrieden miteinander an. Eine aufmerksame Geste von Jens, bezeichnend!
Doch nun sind wir gespannt auf Helsinki. Viel erwarten wir nicht von der Stadt, nachdem sie als Trabantenstadt Moskaus angekündigt wurde.
Aber der Himmel beweist uns das Gegenteil. Einmal, weil er uns die schönsten Sonnenstrahlen sendet (windstill, 16° C), dann, weil er uns eine gute Stadtführerin dazu gesellt und letztlich, weil wir eine unglaublich moderne, jugendliche Stadt entdecken, die mich voll bezaubert.
Nachdem wir die historischen Ursprünge besprochen haben (sprich den Bau des Senatsplatz durch Alexander II., den protestantischen Dom, umringt von klassizistischen Kaufmannshäusern etc.), laufen wir hinunter zum Hafen, wo wir die historische Markthalle (Denkmalschutz) mit ihren reizvollen kulinarischen Angeboten besuchen (und sibirische (!) junge Kiefernzapfen in Honig kaufen, die wir seit unserem Besuch in Sibirien sonst nirgends wieder gefunden haben). Danach fahren wir mit dem Bus weiter durch prachtvolle Straßen, gespickt mit historischen und allermodernsten architektonischen Highlights, die Köpfe ständig nach links und rechts schwenkend, weiter hinaus bis in den Stadtteil Töölö, wo wir am Ende das Gedenkmal des berühmtesten finnischen Komponisten besuchen: Jean Sibelius (gest. 1957). Wir haben uns bereits mit seiner sinfonischen Dichtung „Finlandia“ eingestimmt, die hier bei den Finnen nach wie vor von großer emotionaler Bedeutung ist. Unser „Maiglöckchen“, die Stadtführerin Kielo jedenfalls, bekommt jedes Mal eine „pure Gänsehaut“, wenn sie nur die Anfangstöne hört.
Das Denkmal ist wie eine Offenbarung und berührt uns alle unmittelbar. Die Künstlerin Eila Hiltunen hat viele Jahre daran gearbeitet und die unterschiedlich geformten Metallröhren in mühsamer Kleinarbeit selbst zusammen geschweißt. Das Mal ist interpretationsbedürftig und ich höre sehr unterschiedliche Beschreibungen dazu. Am nächsten ist mir der Hinweis, dass die Röhren die unterschiedliche Abbildungen von Birkenstämmen verkörpern, da Sibelius nachgewiesenermaßen eine enge Bindung zu Birkenwäldern hatte.
Das Fotografieren des Denkmals von oben, unten und allen Seiten nimmt kein Ende. Kein Wunder, denn jeder Blickwinkel und jeder Lichteinfall abstrahieren das Werk auf kuriose und überraschende Weise. Gleichzeitig reißt der Himmel endgültig auf und plötzlich leuchten die silbernen Röhren in Goldtönen im Wettstreit mit den umgebenden Bäumen, die in leuchtenden Herbstfarben erglühen.
Unsere Truppe atmet sichtbar tief durch und beglückt setzen wir die Fahrt fort. Ein unvergesslicher Augenblick! Weiter geht es. Den Wunsch, die berühmte Felsenkirche zu sehen, wird von Maiglöckchen nicht gerne gehört, da diese momentan geschlossen ist und Baustellen die Straßen schwer befahrbar machen. Aber natürlich machen wir doch einen Stopp. Das moderne Monument beeindruckt ein paar Reiseteilnehmer so sehr, dass sie spontan Karten für das in wenigen Minuten beginnende Konzert kaufen und so doch noch in den Genuss kommen, das Kircheninneren zu bewundern. Endlich auch einmal eine Veranstaltung auf dieser Reise!
Manfred und ich haben jedoch keine Lust dazu – ich sage das ganz unverblümt. Zuviel möchte ich mir heute nicht aufladen. Also fahren wir zum Essen mit den restlichen Übergebliebenen in das Stadtinnere. Als der Bus uns dann aber in einer dunklen Seitengasse vor einem alten leeren Hotelkasten ausspuckt, reagieren wir empfindlich. Ein großer Raum ist unser Speisesaal. Wir sind die einzigen Gäste. Die Tische komplett leergeräumt, nix Freundliches, außer den 2-3 Angestellten, die vor allem für die Getränke zuständig sind. Das finnische Bierfass muss erst neu angestochen werden, sonst gibt es nichts. Unter Wärmelampen wartet der Fisch seit geraumer Zeit darauf, verspeist zu werden; aus der dunklen Küche im Hintergrund kommt er sicher nicht. Der Entschluss ist schnell gefasst – wir gehen. Mit gutem Gefühl. Und wie es immer so ist, nur 50 Meter entfernt pulsiert das Leben. Hell erleuchtete Kneipen laden ein buntes Völkchen zu Speis und Trank und direkt an der nächsten Ecke ergattern wir einen Platz im Schaufenster eines süßen Kneipenlokals: „A serious place for not so serious people“, steht an der Eingangstür. Also alles wie für uns geschaffen.
Der junge Service-Man versucht seine ersten Deutschkenntnisse unterzubringen, denn er lernt die Sprache seit 2 Wochen. Es entspinnt sich ein nettes Hin und Her. Bei Draftbeer und einem schönen Rioja suchen wir uns eine nette Speise zusammen und haben während dieser knappen Stunde selten so befreit aufgeatmet auf dieser Fahrt.
Wir sammeln uns wieder am Bus und angespannt starren alle BusfahrerInnen in die dunkle Nacht. Wo werden wir diesmal landen? Langsam nähern wir uns unserem hell erleuchteten Hotel. Es liegt direkt am Wasser und erleichtert beginnen alle wild durcheinander zu schnattern. Tatsächlich haben wir diesmal ein schönes Hotel erwischt! Um die schöne Aussicht in den Hafen genießen zu können fahren wir in den 20. Stock. Hier soll sich eine Bar befinden. Das tut sie auch. Aber wir sehen gleich am Eingang eine lange Schlange extrem gestylter junger Leute in sehr teuer aussehenden glitzernden Outfits, die alle das Gleiche vorhaben wie wir. Spätestens jetzt merken wir, dass das nichts mehr wird mit dem schönen Ausblick über Helsinki, denn die Bar ist ein begehrter Disco Ort für die Stadt und nicht für die Hotelgäste. Es strömen immer mehr junge Leute nach oben und wir verflüchtigen uns nach draußen. Wohin nun? Direkt gegenüber scheint noch etwas offen zu sein und wir mischen uns sofort unter die Finninnen und Finnen, die hier gechillt ihr Bierchen trinken. Die beiden Plätze an der Schiffsrumpftheke sind gerade frei geworden und so erleben wir einen sehr würdigen Tagesabschluss unter abgehängten Lederdecken mit hutzeligen Frauen mit Hütchen auf den grauen Haaren, jungen tätowierten Männern mit Hündchen im Arm, prallen Mädchen mit grellen bunten Kleidern, gesetzten Männern mit Bauch, Glatze und langem Bart, frisch gezapftem Bier und zufriedenen eigenen Gesichtern.
Tag 20, 26. September, Helsinki - Turku - Rauma - Pori
Was für ein schöner Morgen!
Beschwingt genießen wir unser Frühstück in lebendiger Atmosphäre unter vielen Menschen - es gibt sie also doch noch, die Restwelt. Und wir mittendrin!
Heute ist klar, dass wir ab jetzt Strecke machen müssen. Der Polarkreis und vor allem die Polarlichter rufen, und so wird Pori als Zwischenstation anvisiert. Aber Wolfgang hat noch ein paar schöne Sehenswürdigkeiten ausgewählt, die wir passend für die Pausenzeiten von Bus und Jens ansteuern.
In Turku, der ehemaligen finnischen Hauptstadt haben wir nur Zeit, um das größte mittelalterliche Gebäude Finnlands zu umrunden und kurz seiner Geschichte im Innenhof der Trutzburg aus dem 13. Jahrhundert zu lauschen. Dann fotografiere ich eine Mamaratte mit ihren beiden Kleinen kurz vor unserem Bus zwischen den alten hölzernen Vorratshäusern. Macht nichts. Heute kann uns nichts etwas anhaben. Wetter und Seele hängen ja sooo eng beieinander...
Nun ein nächster Höhepunkt: Rauma.
Wieder eine UNESCO Weltkulturerbe Stätte, aber auch wirklich nicht verwunderlich. Die charmante Altstadt gibt einem ein bisschen das Gefühl, in eine lange zurück liegende Vergangenheit hinein zu gleiten. Der Kernbereich besteht aus ca. 600 gut erhaltenen Holzhäusern mit reich verzierten Fassaden aus unterschiedlichen Zeiten. Und so läuft man auf altem Kopfsteinpflaster durch - fast menschenleere - Straßen, bis die Schritte fast automatisch zum einzig sichtbaren Cafe im Zentrum hingezogen werden. Das Foto unten zeigt Sonne, Chai Latte und uns. Wir haben insgesamt nur 1 Stunde und so ziehen wir zügig weiter, um noch weitere Exemplare dieses besonderen Ortes inklusive seiner Kirche (offen!!) in uns aufzunehmen.
Ahh, das hat wirklich gut getan.
Nun am Abend ziehen wir uns aber schleunigst zurück, denn - auch wenn die Fernseher in diesem Hotel natürlich defekt sind (alle) - wir wollen die ersten Prognosen der Bundestagswahl live verfolgen. Gut, dass man per Internet eine Lösung findet und der Abend so dennoch sehr spannend für uns wird.
Tag 21, 27. September, Pori - Vaasa
Der Norden ruft - also raus aus den Federn und flugs in den Bus gehüpft (das geht schon wieder ganz gut)!
Pori ist bereits vergessen, als wir in diesen herrlichen Sonnentag starten. Die gute Laune im Bus ist greifbar. Auch Jens wird von wunderbaren Intuitionen beflügelt, denn er entscheidet spontan, verfrüht von der E8 auf den Landweg abzubiegen und, der Küste folgend, den ersten "Kaffepaussi"-Stopp einzulegen. Was für ein Fleckchen Erde hat er da gerade am Ufer entdeckt! Wir schwärmen sofort aus und ergeben uns der Idylle, die uns wohliglich umfängt. Wir sind mal wieder - wen wunderts noch - menschenseelenalleine und inspizieren jedes Fleckchen Waldboden, offene Saunen (das sind sie in Finnland ja eigentlich immer), Wiesen, Steine, Hütten und alles, was wir nur finden können. Da wir wie immer nur überschaubare 30 Minuten haben, erleben wir jeden Moment umso intensiver und beglückt lassen sich alle in ihre Sitze zurücksinken.
Aber Jens ist in Hochform und steuert 2 Stunden später auf gut Glück einen kleinen Hafen an, der irgendwo abseits am Wegesrand liegt. Die typischen roten Holzhäuser fliegen an uns vorbei und endlich öffnet sich der Blick weit hinaus auf die Ostsee mit den kleinen Schäreninselchen. Ein einsames Restaurant steht ganz am Ende und wirkt - menschenleer. Aber schwer getäuscht! Wolfgang fühlt vor und tatsächlich steht in einem netten Gastraum ein frisch zubereitetes Buffet griffbereit zur Verfügung, als hätte es auf uns gewartet. Für die meisten beglückten Mitreisenden ist diese individuelle Hafen-Küche hier die beste, die sie bisher auf der Reise verkostet haben. Der anschließende Rundgang am Hafen verläuft aufgrund des schönen Wetters wie in Trance, so unwirklich ist das Bilderbuchwetter und die Postkartenidylle.
Nun ist Wolfgang an der Reihe. Niemand möchte ins geplante Hotel nach Vaasa, daher lassen wir die Stadt links liegen und fahren einfach weiter. 30 km nördlich steuern wir das Ende des Kvarken- Archipels am Ende des Bottnischen Meerbusens an und es stellt sich heraus, dass auch dieses komplette Gebiet zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. 2 Fischer basteln an ihrem Boot herum, ansonsten ist auch hier kein Mensch zu sehen. Ah doch, eben verabschieden sich Finnen, die an der offenen Grillstelle soeben ihr Essen beendeten und nun alles ins Wohnmobil einpacken, um ihren Weg fortzusetzen. Jens setzt seine Drohne in Gang und macht wundervolle Fotos und kleine Filme.
Nachdem wir unseren letzten Schluck Kaffee getrunken haben, schließt unser Fahrer die Busklappe und wendet zum letzten Mal, um dann doch noch das Hotel in Vaasa zu erreichen. Wie so oft heißt auch dieses Hotel Sokos und wir wissen daher, was uns erwartet. Aber diesmal geht es alles gut - vielleicht liegt dieser Eindruck aber auch daran, dass uns heute nichts, aber auch gar nichts erschüttern kann. Alles ist gut. Wir sind richtig glücklich Reisende.
Tag 22, 28. September, Vaasa-Jakobstad-Kokkola-Oulu
So, da heute Manfred die Aufgabe übernommen hat, einen Tages-Beitrag für den Ostsee-Blog bei ZEITReisen zu schreiben, lest ihr nun im Folgenden seine Erlebnisse und Empfindungen. Ich lehne mich zurück, obwohl ich ja zu gerne auch meinen Senf dazu beigetragen hätte...
Nur so viel zu Gudruns neuem Kommentar: Ich habe mir diesen natürlich direkt an der Hotel-Rezeption übersetzen lassen und danach gleich von einer weiteren leibhaftigen Finnin namens Anne P.: Für beide war der Text gut gewollt und letztendlich deutlich verständlich, daher: Kiitos paljon, liebe Gudrun!
Wer Lust hat, kann übrigens den ZEITBlog komplett hier verfolgen: Reisetagebuch: Im ZEIT-Bus rund um die Ostsee - ZEIT REISEN
"Weiter geht die Suche nach dem Polarlicht gen Norden. Heute wollen wir 350 km strikt Richtung Norden schaffen, um endlich dem Phänomen des grünen mystischen Lichtes ansichtig zu werden.
Hier im Norden häufen sich jetzt eigenartigerweise die sogenannten URP (ungeklärte Reisephänomene). Uns begegnen hier gerade zwei besondere Phänomene, die dringend mindestens wissenschaftlicher Aufklärung bedürfen; das eine ist technischer und das andere eher physikalischer Natur.
Beide haben mit unseren Hotels zu tun. Das erste liegt an unsere Fahrtstrecke. Wir fahren heute nämlich von unsrem Hotel Sokos Vaakuna zu unsrem neuen Hotel. Es heisst ebenfalls Sokos. Und gestern waren wir auch im Sokos Vaakuna. Wie die Finnen es schaffen, in nur ca. 5-8 Std unserer Fahrzeit ein ganzes Hotel abzubauen und an einen anderen Ort zu transportieren und dort wieder funktionsbereit aufzubauen, ist ein technisch vollkommen ungeklärtes Phänomen. Hinzu kommt das zweite URP. Als wir in Tallinn im Süden übernachtet haben, war die Zimmergröße im Sokos Vaakuna gefühlt noch ca. 2,5 x 3 m, mittlerweile sind wir fast auf Suitengröße angelangt. Normalerweise müssten aus physikalischer Sicht die Zimmer aufgrund der kälteren Temperaturen im Norden eigentlich schrumpfen, weil sich Material bei niedrigen Temperaturen in seinem Volumen verkleinert. Die Erforschung dieses Phänomens ist bestimmt nobelpreiswürdig. Wir fahren ja auch bald nach Stockholm, bis dahin sollten wir das geklärt haben.
Bei uns im Zimmer gab es heute noch ein praktisch schnell gelöstes URP. Unser Wecker hat um 05:30 Uhr geklingelt, obwohl wir erst um 08:00 Uhr losfahren wollen. Für 5x5 qm kann man gar nicht soviel Zeit brauchen zum Aufräumen, aber das lag wohl eher an Claudias Herausforderung ,der einstündigen Zeitumstellung Herr/Frau zu werden.
Nun ja, wir sind damit auf jedem Fall unsrem Ruf der pünktlichsten Reisegruppe (sagt unser Reiseleiter Wolfgang) wieder gerecht geworden und pünktlich um 08:00 Uhr gestartet. Auch nach meiner persönlichen Erfahrung mit meinen bisherigen Reisen sind wir als Gruppe insgesamt eindeutig unter den ersten Drei. Ich habe bisher drei Gruppenreisen gemacht.
Aber Spaß beiseite, wir müssen eigentlich die allerbeste Reisegruppe sein, denn wir werden auch heute wieder mit einem Wetter belohnt, was dem Anspruch „ wenn Engel reisen…“ nur gerecht wird.
Die Temperaturen beginnen am Morgen bei nur 3 Grad und die Landschaften zeigen erste nordländische Bodennebel.
Bei Temperaturen von dann mehr als 15 Grad am Mittag gilt das hier in der Nähe des Polarkreises als Hochsommer und das gleichzeitig bei blauem Himmel der schönsten Art. Das Licht zaubert alle wunderschönen und romantische Stimmungen in unseren Seelen, die es hier im Norden überhaupt nur erzeugen kann. Bei Musik von Edvard Grieg genießen wir die Landschaft und die stimmungsvolle Musik im Einklang, nur unterbrochen von Lauter- und Leiserrufen der MitfahrerInnen.
Durch bunte, farbdurchtränkte Wälder aus Birken und Nadelhölzern, mit Rentierflechten und vielen vielen Endmoränensteinen geht es voran nach Norden. Man hat das Gefühl, als ob im diffusen Licht der Wälder nicht nur Elche und Rentiere ihr Zuhause finden, sondern auch überall Trolle, Elfen, Berggeister, Meerjungfrauen und sonstige Licht- und Wasserwesen ihre Heimat gefunden haben und wahrscheinlich würden uns auch Odin, Freija, Wotan und Co. im Wald begegnen.
Und wenn das Licht am Nachmittag immer noch nicht reicht, hilft unserer Seele nach der Mittagspause flüssiges goldiges Licht aus einem kleinen Gläschen mit Moltebeeren“sirup“.
Vor der Pause haben wir im Bus noch per Video die wissenschaftlichen Hintergründe der Polarlichter kennengelernt und wissen jetzt auch um die mystische Bedeutung. Aber nichts kann die Realität ersetzen, also weiter geht es nach Norden. Jens hat den Bus geputzt, sodass später unser finnischer Fahrer für 3 Tage übernehmen kann. Jens erst einmal ein riesiges Dankeschön für bravouröses und sicheres Fahren bis hier in den Norden.
Um Punkt 14:00 Uhr Ankunft im Sokos. Dieses Mal sind die Zimmer nicht größer geworden dafür aber das Hotel größer und vor allem älter.
Für mich ist die Ankunft in Oulu ein kleiner Flashback. Zum ersten und einzigen Mal bisher war ich in Oulu vor mehr als 20 Jahren zu einem Geschäftsgespräch mit dem damaligen Telekommunikationsgiganten NOKIA. Meine Abreise damals im April von Frankfurt bei ca. 25 Grad mit leichtem Businessanzug und Handgepäck, Ankunft in Oulu bei -10 Grad und ca. 1 m Schnee. Alle Menschen in dicken Jacken und Mützen haben sich gewundert wie ein junger Mann mit leichter Anzugsjacke so lange bei Wind und Wetter auf dem Taxistand warten kann. Heute dagegen kommen wir bei 15 Grad und strahlend blauem Himmel an, in Deutschland Regen und 17 Grad und wer ist NOKIA? Die Zeiten ändern sich, Klimaveränderung und als Folge „ Baden in der Ostsee“ im Sept/Okt. am Polarkreis. Nur etwas für Hartgesottene (siehe Bild).
Am Abend dann wie immer Essen mit uns von der Gruppe und sonst keine Finnen oder ähnliche sichtbar...
Und dann um 22:00 :
Claudia und ich waren in einem netten Restaurant in der Nachbarschaft unseres Hotels und haben ein schönes Abendessen genossen und dabei 4 junge PTA Praktikantinnen aus Hamburg getroffen, die an der Uniklinik in Oulu ein längeres Praktikum machen und uns auf Nachfrage sofort mit ihrer Aurora App bestätigt haben, dass heute um 22:00 Chancen für Polarlicht gegeben sind. Auf dem Rückweg - nachdem wir nichts gesehen haben - haben uns dann Günter und Ilona überredet, noch einen Beobachtungsversuch zu machen. Und wir haben dann tatsächlich mit mehrfachen Zeugen grüne Polarlichter am nördlichen Horizont erkennen können, zwar schwach aber eindeutig.
Das war für mich eines der großen Ziele der Reise: erfüllt!"
Tag 23, 29. September, Oulu - Rovaniemi - Nikolausdorf - Polarkreis
Tag 24, 30. September, Rovaniemi - Tornio - Lulea - Skelleftea
Heute bleiben die Autoscheinwerfer im Leuchtmodus – der Himmel ist tief verhangen, als wir nach einem schönen Frühstück mit Moltebeeren Marmelade gestärkt und bereit für den Tag zu unserem Gastfahrer Leo in den Bus steigen und den nördlichsten Punkt unserer Reise verlassen.
Leo, der Schwarzwälder, der seit über 30 Jahren in Finnland lebt, berichtet Erstaunliches aus seinem Alltag. Momentan hat er einen begehrten Fahrereinsatz für die 1.000-2.000 Thailänder, die jedes Jahr für 2-3 Monate inklusive ihrer eigenen mitgebrachten Verpflegung eingeflogen werden, um Beeren zu sammeln. Da hier das „Jedermanns-Recht“ greift, dürfen sie dies steuerfrei überall im Lande tun und damit, für ihre Verhältnisse, gutes Geld verdienen. Den Finnen ist die Ernte wohl zu mühsam geworden, wie Leo meint. Das kommt mir alles sehr bekannt vor, wenn ich an Erntehelfer in Deutschland denke.
Wobei sich die Ernte lohnt: Pro kg Preiselbeeren werden 1-2 Euro umgesetzt, für die seltene Moltebeere 20 Euro pro kg. Ein Bekannter habe wohl gerade 250 Eimer gefüllt…
Nachdem wir noch gestern von einem durchreisenden deutschen Paar von ihren besonderen Erlebnissen gehört haben und sich darunter eine spannende Beschreibung von abenteuerlichen Stromschnellen befand, steuern wir diese überraschend genau in diesem Moment am Fluss Tornionjoki an. Der Fluss ist in wilder Bewegung und alleine vom Anblick der baufällig wirkenden Stege wird mir schwindelig. Hier, bei Kukkolankoski, der größten und berühmtesten Stromschnelle des Flusses, sollen sich täglich Fischer mit ihren Angeln, Reusen und Netzen aufhalten – aber wir sehen keine. Vorerst. Nach einigen Minuten nähert sich ein Jeep und ein wetterfest eingekleideter Finne eilt zum Wasser. Einst Vicepräsident eines großen finnischen Stahlbetriebes, wie er mir redselig erzählt, hat sich als Rentner dem Fischen verschrieben. Und nun verfolgen wir das Spektakel des traditionellen Neunaugen-Fanges. Normalerweise befinden sich 100-500 der aalförmigen Neunaugen in der Reuse, heute sind es drei. Aber wir staunen trotzdem so ein bisschen sensationslüstern, als der Fischer die Tierchen auf die Handrücken unserer Mitreisenden legt. Sofort saugen diese sich mit weit geöffnetem Maul auf der Haut fest. Diese lebenden Fossilien sind vom Anblick her sehr gewöhnungsbedürftig, aber extrem beliebt bei den Einheimischen, wie mir der Finne versichert. Die Restaurants und Händler würden ihn täglich anrufen, um eine neue Verkaufsquote mit ihm zu vereinbaren.
Nun ist Wolfgang wieder am Zuge, um uns zu ködern. Sein Thema: Struve. Wer ist Struve?
Der deutsch/baltische Astronom Struve (1793-1864) hat aufgrund seiner Vermessungsarbeiten von Hammerfest bis ans Schwarze Meer mit einem Sextanten und mithilfe der Triangulation (Dreiecksvermessung) erstmals gezeigt, dass die Erde nicht einfach komplett gerundet, sondern an den Polkappen abgeflacht ist. Damit waren auch Newtons ehemaligen Vermutungen bestätigt. Diese fast 40 Jahre währende Arbeit mit ihren Vermessungspunkten ist heute ins UNESCO-Erbe aufgenommen und wird als Meridian- bzw. Struve-Bogen bezeichnet. Der heutige Vormittag steht im Zeichen Struves, denn der nächste Haltepunkt ist die Kirche Alatorneo in Tornio, deren Kirchturm als einer der Referenzpunkte (65°49`48``N und 24°09`26``O) für Struves Vermessungsnetzwerk gilt. Automatisch zählt daher auch die Kirche zum Naturerbe. Es erscheint wie ein kleines Wunder, dass wir durch das Umkleidezimmer des Pfarrers in das Gebäude eintreten können, denn bisher waren wir gewohnt, stets vor verschlossenen Türen zu stehen. Eine kleine Bandaufnahme auf Deutsch bringt uns ihre Geschichte näher. So bewundern wir die Uhr, die keine Stunden zählt, dafür aber alle 15 Minuten schlägt, die beiden Orgeln, von denen nur noch eine funktioniert oder den kleinen Altar, der extra für Kinder in voller Ausrüstung mit Messbecher und allem Drum und Dran nachgebaut wurde und den diese zum spielen frei nutzen dürfen, wenn es ihnen während des Gottesdienstes zu langweilig wird. Genau so wird Manfred und mir dies auf Nachfrage erzählt.
Nur wenige Kilometer später verabschieden wir Leo schon wieder dankend für seine guten Dienste und lassen Jens ans Ruder oder einfach Lenkrad. Dieser passiert wenig später die schwedische Grenze. Wir hätten das kaum bemerkt, wenn nicht bereits von weitem ein weltweit bekanntes Möbelhaus mit weit leuchtenden gelben Buchstaben auf blauem Gebäude auf seine schwedische Herkunft hingewiesen hätte. So, und nun die Uhren bitte wieder um eine Stunde zurückdrehen, damit wir auf dem gewohnten mitteleuropäischen Stand sind.
Die sich links und rechts des Busses unendlich ausdehnenden Birkenwälder mit den schmalen Baumsilhouetten in ihrem goldgelben Herbstkleid verlocken während des Vorbeirauschens, sich einem einwiegenden meditativen Bewusstseinszustand hinzugeben – also setze ich schnell mal meine In-Ear-Ohrhörer ein und lausche mediteranen Rhythmen von L´Appregiata, die eine ganz andersartige Sogwirkung entfalten, aber wach halten.
Stund um Stunde rollen wir dahin. Es ist schön, sich so in der Unendlichkeit der fast leeren Straße zu verlieren.
Bei einem kurzen Fotostopp in einer unscheinbaren kleinen Hafenanlage irgendwo bei Lulea betrachten wir verständnislos eine hütchenförmige gelbe Tonne, die im Bottnischen Meerbusen verankert ist. Ahhh, kurze Erklärung von Jens: wir befinden uns am nördlichsten Punkt der Ostsee! Kleines Hütchen, große Wirkung.
Dass wir nun nach weiterer Fahrtstrecke erneut eine Weltkulturerbe-Stätte in Gammelstad anfahren, habe ich nicht erwartet – eigentlich hörte ich zuvor im Hintergrund nur das Wort „Kirche“ und meine Ohren klappten zu. Geschlossene Kirchentüren werden langsam zum Albtraum. Dass es aber so unerwartet interessant werden würde, ist eine wunderbare Überraschung.
Schweden hat von ehemals 71 existierenden Kirchstädten noch 16 erhaltende. Und Gammelstad ist mit 408 Häuschen die größte und am besten erhaltene Kirchstadt. Aber was ist das wohl, eine Kirchstadt? Traditionell haben sich rund um eine Kirche (in diesem Fall seit mindestens dem 16. Jahrhundert) kleinste Häuschen angesammelt, um Kirchbesuchern quasi ein „Feiertagswohnen“ zu ermöglichen. Die Wege im weit zersiedelten Norden waren weit und so manches dichte Schneetreiben hat wohl eine Heimkehr nach dem Kirchgang so stark behindert, dass Lösungen geschaffen werden mussten.
Wie das Leben so spielt, hat im fast menschenleeren Gammelstad gerade der Besitzer eines der Häuschen sein Auto vollgepackt, um für diesen Herbst wieder in heimatliche Gefilde zurückzukehren und die vier Wände hier bis zum nächsten Jahr abzuriegeln. Auch diesmal bin ich von der ausgeprägten Freundlichkeit der nordischen Bewohner überrascht. Als er unsere neugierigen Gesichter durchschaut, bietet er sofort an, einen Blick in seine Räumlichkeiten zu werfen. Bleiben wir doch in der Einzahl, denn es handelt sich um ein kleines Bett inmitten eines einzelnen Zimmerchens mit einfachem Tisch und 2 Stühlen. In der Ecke steht ein Kamin, in den 2 elektrisch betriebene Herdplatten eingeschoben sind. Ein schmaler Schrank vollendet das Interieur. Auf die Frage nach seinem Bad dreht er sich um und weist auf die Gemeinschaftsdusche und die gemeinsamen Dorftoiletten im Gebäude schräg gegenüber. Das ist dann alles. Und genau so oder in leicht abgeänderter Form sind auch alle restlichen falunrot gefärbten Holzhäuser ausgestattet. Sehr klein und sehr bescheiden leben oder lebten hier seit Jahrhunderten ganze Familien, um der wunderschön ausgestatten Kirche ihre Ehre zu erbieten. Auch sie steckt voller Überraschungen (wie z.B. das Stundenglas auf dem Altar, das den Pfarrer mahnt, auf seine Zeit während der Predikt zu achten), aber diese aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen.
Nachdem uns Jens erneut mit einem kleinen Imbiss am Bus versorgt hat (Thüringer Würstchen aus seiner Heimat), nähern wir uns langsam unserem Ziel Skelleftea. Die Strecke wird durch einen kleinen Film über das Land verkürzt und so sehen wir das, was wir auf dieser Reise leider nicht erleben werden: die diversen typischen Sommersonnwendfeste, die Sommervergnügungen an Land und zu Wasser, die schwedische Gelassenheit und vieles mehr. Aber er ergänzt das Bild zu diesem schönen Land.
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Gudrun (Donnerstag, 09 September 2021 22:58)
Wie jetzt? Was war in Lübeck?
Günter (Sonntag, 12 September 2021)
Danke, liebe Claudia, dass Du Dir die Zeit für diesen ausführlichen Reisebericht nimmst und uns an Euren Erlebnissen so zeitnah teilhaben lässt. Er nimmt mich mit und läßt mich planen.
Hanne (Sonntag, 12 September 2021 10:39)
Liebe Claudia,
In Gedanken reise ich die ganze Zeit mit Euch.
Ich genieße Deinen Blog. Viel Freude Dir und Manfred
Grüße von der Nordseeinsel Helgoland
Gudrun (Montag, 13 September 2021 08:39)
Liebe Claudia,
ich wusste gar nicht, dass der Eurovision Song Contest (ESC) einen so großen Einfluss auf die polnische Solidarnosc-Bewegung hatte. Wieder ein Beleg, wie machtvoll Musik sein kann...
Und eine Frage: den Butt zu küssen - bringt das Glück?
LG
Gudrun
Bernd (Montag, 13 September 2021 22:14)
Liebe Claudua,
Wie wunderbar Dein Blog. So schnell, so lang und so gut! Und so schöne Fotos! Was füe eine Reise! Glück auf und liebe Grüsse an Euch alle!
Bernd
Andrea (Dienstag, 14 September 2021 19:51)
Wie unterhaltsam ist das denn! Weiter eine gute Reise für dich!
Birgit (Mittwoch, 15 September 2021 18:25)
Da habt ihr ja schon eine interessante erste Woche hinter euch. Wünsche euch weiterhin so tolle Eindrücke und lasst uns auch weiter daran teilhaben. Wunderschön und interessant geschrieben, Claudia.
Alles Liebe
Birgit
Gudrun (Samstag, 18 September 2021 16:11)
Liebe Claudia,
um dein schlechtes Gewissen Thomas Mann gegenüber zu zerstreuen, habe ich recherchiert. Thomas Mann befand sich 1937 in Kur. Seine Leiden wurden gebessert. So heißt es: "Vitamininjektionen und Massagen ... mochten das ihre dazu beitragen. «Die Nachwirkung», schrieb Thomas Mann am 10. August (10.8.37 an Baron Hatvany), «ist nun doch eklatant. Meine Nächte sind bedeutend gebessert.»"
Also auch von dieser Stelle eine Bestätigung, dass deine persönliche Tradition äußerst sinnvoll ist, meine Schöne.
Lg
Gudrun
Hanne (Montag, 20 September 2021 18:36)
Du bist wundervoll liebe Claudia-
Sogar einen Unfall als „Glücksfall“ sehen zu können.
Guuuuute Besserung���
Bernd (Dienstag, 21 September 2021 08:51)
Liebe Claudia,
was für ein Mist. Aber wie schön, dass Du immer auch die andere Seite der Medaille betrachten kannst – und Deinen Humor nicht verlierst!
Gute Besserung und weiter gute Reise für Euch Alle!
Bernd
Gudrun (Dienstag, 21 September 2021 22:48)
Ach herrje, liebe Claudia,
da lässt man dich mal raus in die große weite Welt - und du begutachtest die Pflastersteine.... Das ist so gemein. Und blöd. Echt.
Meine Recherchen haben Folgendes ergeben. Laut Wikipedia sieht es nämlich so aus:
"Das Wort „Glück“, von mittelhochdeutsch glücke/gelücke (ab zweiter Hälfte des 12. Jahrhunderts) bzw. mittelniederdeutsch gelücke/lücke,[3] bedeutete ursprünglich wohl „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Glück war demnach der günstige Ausgang eines Ereignisses."
Du liegst also mal wieder völlig richtig. Weiter so!
Ganz gute und schnelle Besserung! Und bitte ein Foto von dem Tag, an dem du die Krücken wegwirfst.
Ganz liebe Grüße und weiter ganz viel Gelücke
Gudrun
Birgit (Mittwoch, 22 September 2021)
Liebe Claudia,
das ist ja eine dumme Geschichte. Muss sowas im Urlaub passieren?
Ich hoffe, es ist kein schlechtes Zeichen, dass du seit 2 Tagen nichts mehr geschrieben hast.
Ich wünsche dir eine gute und schmerzfreie Weiterreise und hoffe, bald wieder etwas von dir zu lesen.
Liebe Grüße, auch an Manfred,
Birgit
Günter (Montag, 27 September 2021 07:59)
Liebe Claudia,
Es ist erfreulich Deinen Bericht weiterlesen zu können. Noch erfreulicher ist es, Dich auf den Bildern ohne Krücken zu sehen. Weiterhin gute Besserung und noch viele schöne Erlebnisse in Deiner, Dir angemessenen Zeit.
Liebe Grüße Günter, auch an Manfred.
Gudrun (Montag, 27 September 2021 23:08)
Rakas Claudia,
sitten ystävystyit - Suomi ja sinä?
Se tekee minut onnelliseksi!
Terveisiä ja kaikkea hyvää jaloillesi!
Gudrun
Naomi (Dienstag, 28 September 2021 17:09)
Schade, dass ich deinen Blog erst so spät entdeckt habe, liebe Claudia. Das liest sich ja wie ein Abenteuerbuch. Bin gespannt wie es weitergeht! Viele Grüße, Naomi
Anna (Donnerstag, 30 September 2021 08:14)
Moin Muddi,
Hab soeben auch gespannt die letzten Tage nachgelesen. Schön war es auch, euch gestern kurz live auf der Webcam zu begrüßen!
Als ich eben die Kommentare las und auf Definitionen von Wikipedia aufmerksam wurde, fiel es mir wie schuppen von den Augen: Dein Name war im Urlaub offenbar Programm: Claudia, die hinkende!
Drückerle an euch zwei!
Gudrun (Freitag, 01 Oktober 2021 23:22)
Liebe Anna,
tatsächlich - das ist ja lustig. Claudia, die Hinkende! Nein, nur theoretisch lustig - in echt, echt doof.
Aber eigentlich sind deine Eltis Polarlichter. Du kannst versuchen, es zu erklären - aber das Erlebnis ist unfassbar.
LG Gudrun
Gudrun (Freitag, 08 Oktober 2021 10:05)
Liebe Claudia,
dein Reisetagebuch stockt - kann es sein, dass ihr euch einfach wild vergnügt und uns Daheimgebliebenen vergessen habt?!?!
Außerdem stapeln sich hier im Flur Zeitungen - eine Wochenzeitung die heißt "Die Zeit" oder so ähnlich. Wann wollt ihr die denn mal abholen?
Lieber Gruß
Gudrun
Birgit (Samstag, 09 Oktober 2021 10:23)
Hallo ihr Zwei,
Wünsche euch noch eine erlebnisreiche und interessante Urlaubswoche.
Kommt gesund zurück und bis bald
Birgit